Dienstag, Oktober 22

In sieben kantonalen Wahlen haben die Ökoparteien 16 Sitze verloren. Die Themenlage hilft Mitte-rechts. Jetzt müssen die Parteien nur noch liefern.

Lisa Mazzone, die neue Präsidentin der Grünen, hat die Niederlage kommen sehen. In einem Interview mit den Zeitungen von CH-Media, das kurz vor den kantonalen Wahlen im Aargau und in Basel-Stadt erschienen ist, bekräftigte sie den eingeschlagenen Kurs mit dem Eifer einer Erweckungspredigerin.

Der Bundesrat sei eine No-Future-Regierung, die weder Massnahmen gegen die Klimakrise finanzieren noch Geld für die Kinderbetreuung sprechen wolle. Stattdessen gebe es Milliarden «für die Armee mit Panzer und Artillerie». Ob Gebäudesanierungen, Nachtzüge oder Prämienverbilligungen: Der Bundesrat wolle überall Gelder kürzen. Erstaunlich sei das nicht, denn auch im Parlament erlebe sie derzeit eine rechte Machtdemonstration.

Lisa Mazzone hat recht. Wenigstens teilweise. Die bürgerliche Politik ist zurück, und zwar nicht nur im Parlament und im Bundesrat. Im Aargau und in Basel-Stadt konnte am Sonntag nicht nur die SVP weiter ausbauen. Auch die FDP und die Mitte hatten keinen Grund zur Klage. Im Kanton Aargau konnte der Freisinn sogar einen Sitzgewinn verbuchen, während die Grünen erneut markant verloren.

Noch kann der Freisinn, der nach sieben kantonalen Wahlen 7 Sitze verloren hat, nicht von einer Trendwende reden, aber in Kombination mit dem Erfolg der SVP, die 17 Sitze gewonnen hat, bestätigt sich ein europaweiter Trend: Die bürgerliche Politik ist zurück. Die grüne Welle hingegen ist endgültig zusammengeschlagen. Grüne und Grünliberale büssten insgesamt 16 Sitze ein. Die Dekonstruktion der europäischen Friedensarchitektur, Migrationsprobleme und die schwächelnde Wirtschaft auf dem alten Kontinent haben sich bereits in den Europawahlen von Juni niedergeschlagen. Konservative und Rechtsparteien bauten aus, die Linke hielt sich, und die Grünen verloren deutlich.

Mit der Themenkonjunktur in der Politik verhält es sich ähnlich wie mit dem Goldpreis. In Krisenzeiten investieren die Menschen wieder vermehrt in das Edelmetall. Der Preis für Gold ist dieses Jahr um mehr als 32 Prozent gestiegen, eine Unze kostet so viel wie noch nie.

Von einer solchen Entwicklung kann die bürgerliche Politik nur träumen, aber die Vorzeichen sind dieselben. Angesichts der zahlreichen globalen Risiken und Krisen sind solide Wertanlagen gefragt. Die Ökoparteien hingegen werden offenbar als politisch nicht sonderlich nachhaltig wahrgenommen, und daran sind sie selber schuld. Die Grünen machen mittlerweile Opposition um der Opposition willen, und die Grünliberalen sind bei Themen wie Atomstrom oder Nationalstrassenausbau nicht annähernd so progressiv, wie sie sich geben.

Die Sorge um das Klima rangiert in Umfragen immer noch weit oben, aber die Ökoparteien konnten ausser Verboten kaum konkrete Lösungen anbieten. Wahlen sind immer auch ein Spiegel der politischen Verhältnisse. 2015, im Jahr der grossen Migrationsströme, war Mitte-rechts im Aufwind, 2019 kämpften die Bürgerlichen hingegen mit dem Zeitgeist; die Gunst der Stunde galt den Grünen und Grünliberalen. Vier Jahre später drehte der Wind erneut: Die grosse Siegerin in der Schweiz war die SVP, die alles auf ihren Evergreen, die Zuwanderungsfrage, gesetzt hatte.

Die FDP versucht nun, sich als wahre bürgerliche Kraft zu definieren und die SVP auf deren eigenem Terrain zu bedrängen. Das ist riskant, aber nicht aussichtslos. In Dänemark etwa legten die jahrzehntelang tonangebenden Sozialdemokraten erst wieder zu, als sie die Einwanderungspolitik nicht mehr der äussersten Rechten überliessen und einen restriktiven Kurs einschlugen.

Die Bevölkerung will nicht über Subventionen für Nachtzüge diskutieren, sondern über Probleme im Asylwesen, über die Wehrfähigkeit der Schweiz und die Aussichten für die Wirtschaft. Daraus könnte Mitte-rechts Kapital schlagen. Allerdings nur, wenn es die Parteien auch schaffen, gemeinsam überzeugende Lösungen für die Bundesfinanzen und den Armeeaufbau zu liefern. Parteien, die auf die Themen der Stunde setzen, gewinnen Stimmen. Dann aber müssen sie liefern, sonst wandert die Wählergunst weiter. Die Ökoparteien müssen das gerade schmerzhaft erfahren.

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