In Amerika gilt «The Apprentice» als zu heisse Kartoffel. Wird auch das Publikum im Rest der Welt den Film nie zu sehen bekommen? Unwahrscheinlich. Aber doch nicht ganz ausgeschlossen.

Jetzt ist Trump also praktisch immun. Er jubelt über das Urteil des Supreme Court, das ihn vor der unmittelbaren Strafverfolgung schützt. Nicht geschützt ist er vor dem Urteil der Öffentlichkeit, vor der öffentlichen Kränkung. Aber vielleicht kommt das ja auch noch. Darauf deuten die Vorkommnisse um den ersten Trump-Spielfilm. Denn weiterhin ist unsicher, ob das Biopic in Amerika überhaupt je in die Kinos kommt.

Im Mai feierte «The Apprentice» seine Premiere in Cannes. Naturgemäss folgte eine Kontroverse: Der junge Donald Trump, von dessen Aufstieg der Regisseur Ali Abbasi erzählt, wird als Vergewaltiger vorgeführt. Nach einem Streit fällt er über seine damalige Ehefrau Ivana her, nötigt sie zum Sex. Ob das so geschehen ist, weiss man nicht. Ivana Trump sagte mal so, mal so. Aber es ist nicht die Frage nach der Wahrheit, wegen deren es der Film schwer hat, einen Verleih zu finden. Sondern in der amerikanischen Filmindustrie herrscht schlichtweg Angst vor Donald Trump.

Angst vor Prozessen

Eigentlich müssten sich die Einkäufer um den Titel reissen. Die Premiere in Cannes war aufsehenerregend, der Film ist süffig inszeniert, Publicity gibt’s gratis. Trotzdem machen die grossen US-Verleihfirmen einen Bogen um «The Apprentice». Denn Trump hat längst angekündigt, gegen den Film vorzugehen. Und alle wissen: Es geht nicht nur darum, ob eine Klage Aussichten auf Erfolg hat. Schon die Prozesskosten können ruinös sein.

Aber nicht nur das. Die Firmen fürchten Retourkutschen. Ein europäischer Verleiher erzählte in Cannes, wie er sich nach der Premiere mit Ali Abbasi unterhalten hat. Offenbar hat der Filmemacher von den Amerikanern unisono zu hören bekommen, dass sein Film eine zu heisse Kartoffel sei. Denn wenn Trump im November gewählt würde, wäre Rache garantiert. Wie die Vergeltung aussehen könnte, wisse man zwar nicht. Aber Trump würde sich schon etwas einfallen lassen, um es den Verleihern und vielleicht auch den Kinos heimzuzahlen.

In vorauseilendem Gehorsam knicken die Leute ein. Das sagt einiges. Nun ist Amerika keine Autokratie und auch noch ein gutes Stück davon entfernt. Kein Gesetz verhindert einen kritischen Trump-Film. Im «land of the free» ist jedes Biopic, und sei es noch so grob verzerrend, gestattet. Es gab zum Beispiel die rabiate Dick-Cheney-Breitseite «Vice», und Oliver Stone macht auch immer, was er will («W» über Bush). Doch etwas hat sich verschoben, das zeigt das Theater um den Trump-Film: Cancelt sich die Kultur bald selbst?

So weit ist es noch nicht. Jüngst kam Bewegung in die Sache. Ein Verleiher, Briarcliff Entertainment, steht offenbar vor Vertragsabschluss. Wenn sich bloss der Millionär Daniel Snyder, der «The Apprentice» mitfinanziert hat, nicht noch querstellt. Snyder, ein Trump-Freund, hat sich einen ganz andern Film vorgestellt. Jetzt versucht er, die Veröffentlichung zu torpedieren.

Wie bei Michael Moore?

Briarcliff soll nun Snyder seine 5-Millionen-Dollar-Beteiligung abgekauft haben. Die Firma hat bereits Michael Moores Anti-Bush-Kampagne «Fahrenheit 9/11» in die Kinos gebracht. Allerdings ist sie ein vergleichsweise kleiner Player, ihre Reichweite ist überschaubar. Im Wahlkampf würde das Biopic kaum noch eine nennenswerte Rolle spielen.

Gleichzeitig geht es nicht nur um Amerika. Wie üblich bei Produktionen mit US-Fokus müssen sich die Verleiher im Rest der Welt hinten anstellen. In den Verträgen gibt es Holdback-Klauseln. Das heisst: Ein internationaler Kinostart darf erst nach dem amerikanischen erfolgen. Wird der Film in den USA nicht veröffentlicht, haben alle ein Problem. In der Schweiz und Deutschland wird (noch) ein Kinostart im Oktober geplant.

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