Montag, September 16

Die albanische Gemeinschaft in der Schweiz wünscht sich eine stärkere politische Stimme. Das wurde an der Verleihung des Unternehmerpreises des Vereins Swissalbs deutlich.

Liridona Makica hat es geschafft. Die 31-Jährige ist eine erfolgreiche Unternehmerin. Während der Corona-Pandemie gründete sie neben dem Studium eine private Spitex-Organisation. Heute beschäftigt sie über fünfzig Angestellte an zwei Standorten, in Kloten und Zürich, die Geschäfte laufen. Spitex-Dienste sind gefragt, sie betreue Kunden «von 4 bis über 100 Jahre alt», sagt Makica.

Am Samstagabend wurde die Gründerin im Zürcher Kongresshaus mit dem Unternehmerpreis des albanisch-schweizerischen Wirtschaftsvereins Swissalbs ausgezeichnet. Es ist ein Preis, der die Innovationskraft der albanischen Gemeinschaft in der Schweiz feiern will, wie es heisst. Über 500 Gäste waren vor Ort.

Liridona Makicas Leben ist typisch für viele im Saal. Ihre Eltern flohen 1990 vor den politischen Unruhen in Kosovo. In der Schweiz wurden sie aufgenommen. Der Vater, der an der Universität Pristina Wirtschaft studierte, arbeitete fortan auf einem Bauernhof; die Mutter kümmerte sich um die sechs Kinder. Die fleissige Tochter Liridona übernahm zu Hause bald viel Verantwortung.

Auch beruflich zeigte sie Biss, wurde früh zur Leiterin einer Pflegeeinrichtung befördert. Das sei nicht überall gut angekommen, erzählte sie kürzlich einer kosovarischen Zeitung. «Eine Albanerin als Chefin, und dazu noch so jung, das kann nicht gutkommen», habe man ihr gesagt.

Es kam anders. Heute ist Makica Gründerin und Geschäftsführerin ihres eigenen KMU – und stolze Preisträgerin. Parallel dazu arbeitet sie an der Eröffnung eines Pflegeheims im Herkunftsland ihrer Eltern, in Kosovo.

Vom «Problemausländer» zum Leistungsträger

Makica ist eine von mittlerweile vielen Unternehmerinnen und Unternehmern mit albanischen Wurzeln im Land. Neben ihr waren vier weitere Gründer für den diesjährigen Swissalbs-Preis nominiert: ein Softwareentwickler, der CEO eines Digital-Health-Startups, die Chefin eines Modelabels und der Inhaber eines edlen Herrenschuhgeschäfts.

Laut Schätzungen sind in der Deutschschweiz über 6000 Firmen in den Händen von albanischstämmigen Unternehmern. Rund 650 von ihnen sind Mitglieder von Swissalbs. Der Vereinspräsident und Zürcher FDP-Politiker Përparim Avdili spricht von einer erfreulichen Entwicklung. «Unsere Community zeigt auf, dass erfolgreiche Einwanderungsgeschichten in der Schweiz funktionieren.»

Avdili selber ist in einem albanischen Dorf im heutigen Nordmazedonien geboren und dann als Baby in die Schweiz gekommen. Sein Vater war Saisonnierarbeiter. «Wir, die 2. und die 3. Generation, gehen den mit Fleiss und Entschlossenheit beschrittenen Weg unserer Eltern und Grosseltern weiter», sagt Avdili. Während Albaner früher als «Problemausländer» gegolten hätten, gebe es heute immer mehr albanischstämmige Leistungsträger. Das Erbe der Vorfahren sieht Avdili als Auftrag. «Wer gehört werden will, muss auch Verantwortung übernehmen.»

Rund 300 000 Personen mit albanischen Wurzeln leben in der Schweiz. Es ist damit eine der grössten Ausländergruppen überhaupt. Während viele Secondos in der hiesigen Wirtschaft Fuss gefasst haben, gilt das für den politischen Bereich noch nicht.

Es ist ein Umstand, auf den an der Preisverleihung Islam Alijaj hinwies. Der Zürcher SP-Politiker wurde vergangenes Jahr als erster Nationalrat mit albanischer Herkunft überhaupt gewählt; er nahm einen Preis für soziales und gesellschaftliches Engagement entgegen.

In seiner Rede sagte er: «Die Repräsentation von Menschen mit albanischen Wurzeln entspricht bei weitem nicht der Bedeutung, die Menschen mit unserer Migrationsgeschichte für die Schweizer Gesellschaft haben – ob kulturell, unternehmerisch oder auch im Sport.» Diese Bedeutung müsse endlich auch politisch deutlich werden.

An den letzten Nationalratswahlen nahmen schweizweit dreissig Kandidaten mit albanischen Wurzeln teil – gewählt wurde bloss Alijaj. In den kantonalen Exekutiven bildet die Luzerner Regierungsrätin Ylfete Fanaj die grosse Ausnahme.

SP-Nationalrat unterstützt Freisinnigen

Islam Alijaj nutzte die Bühne des Kongresshauses, um für mehr gegenseitige Unterstützung zu werben. Er wolle eine parteiübergreifende Bewegung starten, um mehr albanischstämmige Personen in die Parlamente und Exekutiven der Schweiz zu hieven. «Lasst uns entsprechende Kandidaturen gemeinsam mit Geld und Expertise unterstützen», sagte er.

Und er sprach auch direkt eine Wahlempfehlung aus. Für die Zürcher Stadtratswahlen vom Frühling 2026 sieht er die beiden Stadtparlamentarier Përparim Avdili (FDP) und Reis Luzhnica (SP) als ideale Kandidaten. «Lasst uns die beiden auf ihrem Weg in den Stadtrat unterstützen», sagte Alijaj. «Lassen wir den Adler abheben!»

Dazu müssten die beiden aber zuerst überhaupt kandidieren. Angesprochen auf die unübliche Wahlempfehlung des SP-Politikers, meinte Avdili, der auch die städtischen Freisinnigen präsidiert: «Ich würde es begrüssen, wenn Zürich im Stadtrat mit einem Secondo oder einer Seconda vertreten wäre.» Wer für die FDP nominiert werde, würden aber die Parteiorgane entscheiden. «Meine Aufgabe und mein Ziel ist es, die FDP als Siegerin in die nächsten Wahlen zu führen.» Eine Absage tönt anders.

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