Die 35-jährige Solothurnerin bestreitet eine letzte Saison. Dabei gönnt sie sich nochmals eine volle Portion Leiden.
Die Heroen des Ironman treten nicht einfach Hals über Kopf zurück. So hatten zuletzt die früheren Weltmeister Sebastian Kienle oder Jan Frodeno schon Monate im Voraus angekündigt, noch eine allerletzte Saison anzuhängen. Dann sei aber Schluss.
Nun tut es ihnen auch Daniela Ryf gleich: Ende 2024 hört die Ausdauerathletin auf. «Es ist für mich Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Stolz kann ich sagen, dass ich alles erreicht habe, wovon ich je geträumt habe», verkündete die 36-Jährige am Freitagnachmittag in einem Communiqué. Dieses letzte Wettkampfjahr wird noch einmal sehr befrachtet sein – gleich acht Rennen über längere Distanzen stehen in ihrem Kalender. Die Ironman-Weltmeisterschaft in Nizza im September sticht darin als Highlight hervor.
Die Solothurnerin ist eine Legende der Ironman-Geschichte. Gleich fünfmal wurde sie Weltmeisterin über die Originaldistanz, viermal auf Hawaii, einmal in St. George. Ebenso oft siegte sie an der Ironman-70.3-WM, auf der halb so langen Strecke. Zwischen 2015 und 2019 galt sie quasi als unschlagbar; in dieser Periode sackte sie einmal ein Preisgeld von einer Million Dollar ein, weil sie sämtliche wichtigen Rennen des Jahres gewinnen konnte.
Eine eigentliche Schwäche kannte Ryf nicht, sie war im Schwimmen und Laufen Spitzenklasse – aber richtig überragend war sie mit dem Zeitfahrenvelo. Dort machte sie den Unterschied, fast immer konnte sie die herausgefahrene Reserve über die Laufstrecke retten. Noch heute hält sie auf Hawaii den Rekord über die 180 km lange Radstrecke, und zwar mit Abstand.
So hart Ryf in Training und Rennen zur Sache gehen konnte, so fragil war immer wieder ihre Gesundheit. Als Kurzstreckenspezialistin litt sie lange an Magenproblemen, und in jüngerer Vergangenheit hatte sie Probleme mit Corona und anderen Viren. So konnte sie in den letzten Jahren vergleichsweise selten noch so dominant auftreten wie einst, auf Hawaii schaffte sie es nach 2019 nie mehr aufs Podest.
Umso grösser erscheint ihr Coup, der ihr im letzten Sommer gelang: An der ikonischen Challenge Roth verbesserte sie die Ironman-Weltbestzeit gleich um zehn Minuten auf 8:08:21 Stunden. Hier sollte es sich zeigen, dass ihre Rückkehr zum Erfolgstrainer Brett Sutton wenige Monate zuvor richtig gewesen war. Von ihm hatte sie sich im Januar 2021 getrennt, um mehr Freiheiten zu haben.
Nach ihrer Weltbestzeit in Roth sagte sie: «Ich fühlte mich so gut, dass mir die gut acht Stunden wie zwei Stunden vorkamen. Es war wie ein Flug über die Strecke.» Die Zeiten solcher Höhenflüge sind bald vorbei, am kommenden Freitag startet sie in Miami in ihre letzte Rennsaison. Dort findet der Auftakt der brandneuen Serie «T100 Triathlon World Tour» statt, welche nur den besten Profis offen steht und mit happigen Preisgeldern lockt.
Ryf sagt, sie werde nach ihrer Karriere «nicht von der Bildfläche verschwinden». Für die studierte Lebensmitteltechnologin gibt es jedenfalls ein Leben nach dem Triathlon. Sie hat in ein Unternehmen für Sporternährung und in eine App für Ausdauersport investiert und bringt dort ihre Expertise jetzt schon mit ein.