Die Anklage hat 7 Jahre Haft gegen Frankreichs früheren Präsidenten gefordert, weil sich dieser angeblich von Libyens Diktator Ghadhafi bestechen liess. Sarkozys Anwälte plädierten am Dienstag auf Freispruch.
Frankreichs Justiz demonstriert in diesen Wochen auffällige Härte gegenüber politischen Spitzenvertretern. Nachdem Marine Le Pen, die Frontfrau des rechtsnationalen Rassemblement national (RN), vergangene Woche wegen der Veruntreuung europäischer Steuergelder für schuldig erklärt wurde, ging am Dienstag in Paris ein weiterer spektakulärer Prozess dem Ende zu – jener gegen den ehemaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy.
Wie Le Pen soll auch Sarkozy öffentliche Gelder in Millionenhöhe veruntreut haben. Das ist in seinem Fall allerdings nur einer von mehreren Anklagepunkten in dem seit Januar laufenden Prozess um die sogenannte Libyen-Affäre. Sarkozy soll, so der Vorwurf, für seinen Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 2007 illegal Millionenbeiträge aus Tripolis angenommen und dem damaligen libyschen Diktator Muammar al-Ghadhafi im Gegenzug allerlei politische und wirtschaftliche Gefälligkeiten versprochen haben.
«Geruch der Guillotine»
Die Finanzstaatsanwaltschaft wirft dem Konservativen unter anderem Bestechlichkeit und illegale Wahlkampffinanzierung sowie die Bildung einer kriminellen Vereinigung vor und fordert eine Geldstrafe von 300 000 Euro sowie sieben Jahre Haft für Sarkozy. Darüber hinaus soll der 70-jährige – ebenso wie Marine Le Pen – fünf Jahre lang nicht für ein öffentliches Amt kandidieren dürfen.
Diese Strafe trifft Le Pen, die bisher als aussichtsreichste Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2027 galt, sicherlich ungleich härter als Sarkozy – der seine besten politischen Jahre hinter sich hat. In rechten französischen Medien wurden dennoch beide Fälle als Beispiele für eine rachsüchtige «Republik der Richter» genannt. Nach dem Urteil gegen Le Pen verströme auch die Anklage gegen Sarkozy einen «Geruch der Guillotine», schrieb das RN-nahe Magazin «Valeurs actuelles».
Sarkozy erschien am Dienstag zusammen mit seiner Frau Carla Bruni und seinen beiden Söhnen aus erster Ehe vor Gericht. Der ehemalige Staatschef hatte vor Gericht alle Vorwürfe bestritten. «Nicht einen Cent» habe er aus Libyen angenommen. Die Darstellung der Anklage, er habe mit Ghadhafi einen «Korruptionspakt» geschlossen, sei politisch motiviert und ziele darauf ab, seinen Ruf zu zerstören, sagte Sarkozy.
Seine Verteidiger hatten während des Verfahrens erklärt, dass die Anschuldigungen von libyscher Seite lanciert worden seien, um sich für den von Frankreich initiierten Militäreinsatz zu rächen, der 2011 den Tod Ghadhafis zu Folge hatte. Umgekehrt wurde in der öffentlichen Debatte auch spekuliert, Sarkozy könnte den Einsatz genutzt haben, um Beweise für die Wahlkampfhilfe aus Libyen zu beseitigen – diese Annahme wurde jedoch ebenso wenig wie die Rachetheorie von der Staatsanwaltschaft vertreten. Stattdessen stützte sich die Anklage auf konkrete Geldflüsse und Zeugenaussagen.
Bereits fünftes Verfahren gegen Sarkozy
Ins Rollen gekommen war die Libyen-Affäre 2012, nachdem die linke Internet-Zeitung «Mediapart» ein libysches Dokument veröffentlicht hatte. In diesem war von einem Abkommen die Rede, demzufolge Sarkozys Wahlkampf mit 50 Millionen Euro unterstützt werden sollte. Ghadhafis Sohn Seif al-Islam behauptete später, er sei persönlich an der Übergabe von fünf Millionen Dollar in bar an Sarkozy beteiligt gewesen. Mehrere mutmassliche Mittelsmänner machten im Lauf der Ermittlungen allerdings widersprüchliche Angaben.
Für Sarkozy ist der Libyen-Prozess das fünfte Gerichtsverfahren innerhalb von fünf Jahren. Erst im Dezember hatte ihn die Justiz wegen versuchter Bestechung eines Richters zu einem Jahr Haft verurteilt, die er durch das Tragen einer elektronischen Fussfessel ableistet. Ein Urteil in diesem Prozess wird in den nächsten Wochen erwartet.