Donnerstag, November 21

Die Gemeinde Albula hat die Einwohner von Brienz über eine mögliche Umsiedlung informiert. Für zwei Standorte gibt es konkrete Planungen.

ela. Seit Sonntag ist das Dorf Brienz leer. Sperrzone – wieder einmal. Die 80 Einwohner mussten ihr Dorf verlassen, weil ein riesiger Schuttstrom mit bis zu 1,2 Millionen Kubikmeter Gestein abzustürzen droht. Noch weiss niemand, ob und wann sich die Berglage stabilisiert und ob die Bewohner nach Brienz zurückkehren dürfen. Mit der erneuten Evakuierung ist eine endgültige Umsiedlung des Dorfes wahrscheinlicher geworden. Es wäre ein Präzedenzfall für die Schweiz.

Bewohner möchten nicht ins Tal

Am Mittwochabend stellte die Gemeinde Albula ein Konzept vor, wohin die Bewohner umgesiedelt werden könnten. Geprüft wird die Umsiedlung der Betroffenen in einem Umkreis von fünf Kilometern: nach Tiefencastel, Alvaneu Dorf oder Vazerol. Dafür müsste die Gemeinde die Ortsplanung teilweise revidieren.

Es sollen zwei Spezialzonen entstehen. In Alvaneu könnten 70 Personen auf einer Parzelle unterhalb der Hauptstrasse in der Nähe des Altersheims ein neues Zuhause finden. In Tiefencastel wäre Platz für 100 Personen in der Nähe des Schulhauses. Dort dürften die Brienzer Doppelhäuser und Wohnungen in Mehrfamilienhäusern bauen. Das gälte auch für Zweitwohnungsbesitzer.

Allerdings würden 70 Prozent der Brienzer laut einer Umfrage von 2020 Vazerol den anderen Orten vorziehen. Doch für Vazerol, das bis vor kurzem selbst kurz von einem Bergsturz bedroht war, sind die Planungen weniger konkret, da es dort laut der Gemeinde nicht ausreichend Bauland hat. Viele Teilnehmer des Info-Anlasses zeigten sich darüber enttäuscht.

Augenscheinlich möchten die Brienzer nicht ins Tal von Tiefencastel ziehen, sondern lieber hoch oben am Berg bleiben. Das wurde auch in der Diskussion am Mittwochabend deutlich, über die mehrere Medien berichten. Die Bewohner fürchten, dass mit der Umsiedlung ihre Gemeinschaft auseinandergerissen wird.

Daniel Albertin, der Gemeindepräsident von Albula, ist sich dessen bewusst. Der «NZZ am Sonntag» sagte er kürzlich: «Es wird kein zweites Brienz geben mit eigenem Dorfplatz und Kirche. Das wäre schön, aber dafür fehlt uns schlicht der Platz.» Am Mittwochabend sagte er laut Medienberichten, dass er dennoch hoffe, dass der Entwässerungsstollen, der gerade für 40 Millionen Franken gebaut wird und der den Hangrutsch stoppen soll, langfristig Wirkung zeige.

Wer trägt die Kosten?

Auch über die Kosten einer allfälligen Umsiedlung wurde informiert. So deckt die Gebäudeversicherung Gebäude, die durch einen Totalschaden nicht mehr bewohnbar sind. Bei einer vorzeitigen Umsiedlung müssen die Betroffenen allerdings zehn Prozent selbst berappen. Für verlorenes Land kommt die Versicherung nicht auf, für dieses würde man vom Bund finanziell entschädigt, hiess es am Mittwochabend. Der Präsident der Siedlungskommission, Benno Burtscher, sagte laut den Tamedia-Zeitungen: «Der Bund hat gerade heute mitgeteilt, dass er bei einer Umsiedlung den Landverlust finanziell entschädigen würde.» Auch sollen die Bewohner finanziell bei der Umsiedlung von Bund, Kanton und Gemeinde unterstützt werden. Hierbei werden Erstbewohner bevorzugt behandelt.

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