Im dritten Anlauf hat das Repräsentantenhaus am Freitag ein Überbrückungshaushalt verabschiedet. Damit wurde eine Zwangsschliessung der Amtsstuben in letzter Minute verhindert. Speaker Johnson wirkt dennoch angeschlagen.
So richtig freuen über diesen Erfolg kann sich Mike Johnson nicht. Am Freitag verhinderte der Speaker des Repräsentantenhauses zwar eine weitere peinliche Niederlage. Im dritten Anlauf verabschiedete die grosse Kammer des Kongresses in den frühen Abendstunden ein Überbrückungsbudget mit 366 zu 34 Stimmen. Sobald der Senat diesem temporären Haushalt für die nächsten drei Monate zustimmt, ist die Gefahr eines «Shutdown» der amerikanischen Amtsstuben kurz vor Weihnachten gebannt.
Aber erneut sprach sich eine lautstarke Minderheit seiner Fraktion gegen Johnsons Pläne aus, so wie schon bei Plan A am Mittwoch und Plan B am Donnerstag. Sämtliche Nein-Stimmen stammten aus dem Lager der Republikaner, vornehmlich von rechten, fiskalkonservativen Abgeordneten. Unter dem Strich stimmten damit mehr Demokraten als Republikaner für die Vorlage.
Für einen Speaker, der zu Beginn der nächsten Legislatur im Januar nur über eine hauchdünne Mehrheit im Repräsentantenhaus verfügen wird, ist das ein schlechtes Zeichen. Schlecht für Johnson ist auch, dass er die Hauptforderung des einflussreichsten Republikaners nicht erfüllen konnte: Der Überbrückungshaushalt schweigt sich über die Schuldengrenze aus.
Dabei hatte Donald Trump, der künftige amerikanische Präsident, doch noch in den frühen Morgenstunden des Freitags gefordert, der Kongress müsse die Schuldengrenze entweder abschaffen oder zumindest während seiner gesamten Amtszeit auf Eis legen. Die Demokraten, die noch bis Anfang Januar im Senat die Mehrheit stellen, sprachen sich aber unisono gegen diesen Wunsch aus.
Nächstes Jahr wollen die Republikaner sparen
Die Schuldengrenze ist eine amerikanische Spezialität: Der Kongress muss in einer separaten Abstimmung der Regierung die Genehmigung erteilen, neue Kredite für bereits bewilligte Ausgaben aufzunehmen. Dies soll angeblich dafür sorgen, dass Legislative und Exekutive weniger Schulden machen. In der Praxis aber funktioniert diese Bremse schon lange nicht mehr: Der Schuldenberg der Bundesregierung ist mittlerweile auf 36 167 Milliarden Dollar angewachsen.
Unter Präsident Biden wurde die Schuldengrenze im Frühjahr 2023 temporär ausgesetzt, und zwar bis zum Beginn des nächsten Jahres. Trump findet das Instrument lästig, obwohl er doch eigentlich versprochen hat, in seiner nächsten Amtszeit den Bundeshaushalt komplett zu sanieren. Also setzte sich der künftige Präsident dafür ein, die Schuldengrenze loszuwerden.
Trump übte deshalb Druck auf Speaker Johnson aus, zusammen mit Elon Musk, dem reichsten Menschen der Welt. Musk soll zusammen mit dem Unternehmer Vivek Ramaswamy ab dem nächsten Jahr den Bundeshaushalt massiv zusammenstreichen. Auch Musk hatte deshalb ältere Versionen des temporären Haushaltes in den vergangenen Tagen scharf kritisiert und als Verschwendung von Steuergeldern bezeichnet.
Johnson gelang es angeblich, in zahlreichen Telefonaten mit Trump und Musk, die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen. Er versprach dem künftigen Präsidenten, das nächste Überbrückungsbudget werde viel schlanker ausfallen. Angeblich kündigte er an, Ausgaben in Höhe von 2500 Milliarden Dollar zu streichen – was nur möglich wäre, wenn die Republikaner auch bei den staatlichen Krankenkassen und der Altersvorsorge Abstriche machten. Im Gegenzug würde der Kongress die Schuldengrenze erhöhen, damit die Republikaner Steuersenkungen finanzieren können.
Johnson: «Ein notwendiger Schritt»
Der vielgescholtene Speaker, im Amt seit 14 Monaten, zeigte sich am Freitag erleichtert über den Ausgang der Abstimmung. Das sei «ein notwendiger Schritt» gewesen, um die Lücke bis zum Amtsantritt von Trump zu überbrücken, sagte Johnson. Musk freute sich derweil darüber, dass das einst mehr als 1500 Seiten umfassende Gesetz nun nur noch 118 Seiten hat. Es enthält neue Ausgaben in Milliardenhöhe für die Opfer von Naturkatastrophen, die im Herbst zahlreiche Landstriche in den Gliedstaaten Florida, Georgia, North Carolina und Virginia zerstörten. Auch sollen amerikanische Landwirte mehr Subventionen bekommen.
Johnson nannte das Ergebnis der heftigen Verhandlungen «gut» für das Land. In zwei Wochen, nach den Festtagen, muss sich der Speaker zur Wiederwahl stellen, zu Beginn der neuen Legislatur im Repräsentantenhaus. Dann wird sich zeigen, ob das Ergebnis auch gut für den 52 Jahre alten Republikaner war.
Speaker Mike Johnson: Elon Musk and I talked about an hour ago. We talked about the extraordinary challenges of this job. I said, “Hey, you wanna be Speaker of the House? I don’t know.” He said this may be the hardest job in the world. I think it is pic.twitter.com/l2UbByD4C7
— Acyn (@Acyn) December 20, 2024
Er jedenfalls habe mit Elon Musk am Freitag auch über die «aussergewöhnlichen Herausforderungen» gesprochen, die das Speaker-Amt in Zeiten der starken Polarisierung sich brächten. «Und ich sagte: Willst Du Speaker werden?» Das war wohl eine Anspielung auf den Vorschlag seiner Fraktionskollegin Marjorie Taylor Greene, den Unternehmer zum Vorsitzenden des Repräsentantenhaus zu erküren. Der Speaker muss nicht zwingend ein gewähltes Mitglied der grossen Kammer des Kongresses sein. Dann lachte Mike Johnson.

