Samstag, April 19

Der Bauchemiekonzern ist in turbulenten Zeiten gut gerüstet. Ausserdem: Bachem sorgt sich nicht vor US-Zöllen, das Timing für die Holcim-Abspaltung könnte besser sein, Swissquote-Manager beziehen ihren Lohn für eine gute Performance, und für Barry Callebaut wird es enger.

Geschätzte Leserin, geschätzter Leser

Optimieren Sie Ihre Browsereinstellungen

Themarket.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.

Bitte passen Sie die Einstellungen an.

Die Unsicherheit hält an. Auch eine Woche nachdem US-Präsident Donald Trump einen Grossteil seiner angekündigten Zölle für neunzig Tage pausiert hat, ist die Verunsicherung der Anleger spürbar. Nach einer leichten Erholung zum Wochenstart schloss der Swiss Performance Index gestern Mittwoch leichter.

Bei einigen Aktien ist das Verdikt indes klar negativ, der Kurs von Logitech zum Beispiel hat sich bisher nicht vom Ausverkauf erholt.

Der Spezialist für Computerzubehör erzielt 30% des Umsatzes in den USA und produziert in China und weiteren Ländern in Asien. Er ist damit eines der wenigen Schweizer Unternehmen, die in der Trump-Ära denkbar schlecht positioniert sind. Die Zölle dürften die Profitabilität markant belasten: Logitech kann die Verkaufspreise in den USA wohl nur bedingt nach oben anpassen, ohne Konsumenten zu verlieren. Die Geldbeutel dort sind wegen der Inflation in den vergangenen Jahren bereits ordentlich strapaziert.

Das Unternehmen setzte daher die Prognose für das Geschäftsjahr 2025/26 vergangene Woche aus. Die Börse reagierte nach dem Kursminus von 23% seit Ende März nicht mehr, die negativen Aussichten sind längst eingepreist. So lange der Handelskonflikt zwischen den USA und China weitergeht, würde ich mit Blick auf die Aktien auch nicht auf eine Erholung setzen.

Es gibt aber auch die anderen, die Profiteure der gegenwärtigen Lage. Ein Beispiel ist Implenia. Der Baukonzern erfüllt derzeit viele Kriterien, die Anlegerinnen sehen wollen: Das Geschäft ist auf Europa fokussiert, viele Aufträge stammen von der öffentlichen Hand und die angekündigten Infrastrukturprogramme könnten für zusätzlichen Schwung sorgen.

Entsprechend euphorisch ist die Börse bereits seit Jahresbeginn: Die Aktien notieren 40% im Plus.

Das Kursmomentum scheint intakt, und Implenia ist nach jahrelangem Missmanagement auch fundamental gut aufgestellt. Der Fokus auf profitable Projekte zahlt sich aus, die Bilanz ist saniert. Im Aktionariat ist seit dem Wechsel vor einem Jahr ebenfalls Ruhe eingekehrt. Für den Moment sind das genug Argumente für die Investoren. Ob Implenia angesichts des insgesamt wenig profitablen Geschäftsmodells auf diesem Kursniveau langfristig eine gute Investition ist, wage ich zu bezweifeln.

Auch Sika kann derzeit die Stärken ausspielen. Zölle betreffen den Bauchemiekonzern nicht, da er fast überall auf der Welt lokal produziert und die Rohstoffe vor Ort einkauft. Die Entscheidung für diese strategische Ausrichtung hat Sika schon vor Jahren getroffen, nun zahlt sie sich aus, wie der gerade veröffentlichte Geschäftsbericht zum ersten Quartal zeigt.

Das anspruchsvolle, von grosser Unsicherheit geprägte Umfeld scheint geradezu ideal für einen Hersteller wie Sika. Dank hochwertiger Produkte setzt sich Sika von den vielen kleinen Mitbewerbern ab – und wächst weiter. In den USA zwar etwas langsamer als noch Ende 2024, doch Aufträge werden nicht zurückgenommen oder storniert, und staatliche Infrastrukturprojekte laufen nach einem schwachen März wieder an, wie mir das Unternehmen sagt. Die US-Regierung hatte im März überlegt, Projekte zu stoppen, den Entscheid aber kurz darauf – wie schon fast gewohnt – zurückgenommen. Und eine tatsächliche Reindustrialisierung in den USA würde fast zwangsläufig für Schwung in der Bauindustrie sorgen. In den USA erzielt Sika rund 20% des Umsatzes.

Wenn das Geschäft in Europa dank der angekündigten Infrastrukturprogramme bald auch noch anziehen sollte, ist Sika hier bestens positioniert. Das Management sieht trotz aller Turbulenzen keinen Grund, die Prognose für das laufende Geschäftsjahr zu revidieren und rechnet weiterhin mit einem organischen Wachstum von 3 bis 6% sowie einer Marge von 19,5 bis 19,8% auf Stufe Ebitda.

Die Aktien haben ihren Schwung von Anfang Jahr dennoch eingebüsst. Sie sind nun mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 25 basierend auf dem geschätzten Gewinn für das laufende Jahr historisch attraktiv bewertet. Anleger, die lange mit einem Einstieg zögerten (zu teuer!), können jetzt den Einstieg wagen.

Vor rund vier Wochen haben wir uns ausführlich mit dem Investment Case von Bachem auseinandergesetzt. Das Fazit: Die Aktien sind langfristig ein klarer Kauf. Kurzfristig jedoch dürften Sorgen über weitere Verzögerungen und damit verbundene Mehrkosten beim Bau der neuen Produktionsanlage am Hauptsitz in Bubendorf die Aktien bremsen.

Der Auslöser für den zuletzt nochmals verstärkten Abverkauf ist schnell gefunden: die Zollpolitik von Donald Trump. Zwar sind Pharmaprodukte bisher noch von US-Zöllen ausgenommen, der US-Präsident betont aber bei jeder Gelegenheit, dass sich das bald ändern wird. Obwohl noch völlig unklar ist, wie die Zölle umgesetzt werden sollen, stehen Aktien aus dem Gesundheitssektor unter Druck.

Die globale Arzneimittelherstellung ist ein hochkomplexes Geflecht – entsprechend schwierig ist es, zu bestimmen, wer in welchem Ausmass betroffen wäre. Pharmariesen wie Roche und Novartis geben wenig Details über Ihre Produktions- und Lieferketten preis. Bei Roche sind nicht einmal genaue Zahlen zu den Produktionskapazitäten in den USA bekannt. Fakt ist: Beide Konzerne scheinen ihre Produktionskapazitäten in Übersee ausbauen zu wollen.

Umso spannender ist es, wenn relevante Player sich konkret zu möglichen Folgen der Zollproblematik äussern – so geschehen Anfang dieser Woche durch Alain Schaffter. Der Finanzchef von Bachem gab an einer Telefonkonferenz mit Analysten Entwarnung: Das Management rechne damit, dass lediglich 2 bis 3% des Umsatzes von US-Zöllen betroffen seien.

Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass die rund 30% des Umsatzes, die in den USA erzielt werden, nicht zwangsläufig die Auswirkungen der Zölle spiegeln. Diese Zahl basiere auf den Rechnungsadressen, nicht auf dem tatsächlichen Versandort der Waren. Mit anderen Worten: Wenn der Umsatz einem US-Kunden zugeordnet wird, bedeutet dies nicht zwingend, dass das Produkt tatsächlich in die USA geliefert wird.

Analysten von UBS sehen Auftragsfertiger (CDMO) generell weniger stark von Zöllen betroffen als Pharmaunternehmen. So seien die Rohstoffkosten meist durch Weitergabeklauseln («Pass-through Clauses») abgesichert; zudem würden Wirkstoffe nur einen kleinen Teil – rund 5% – des Gesamtwerts eines Medikaments ausmachen. Daraus schliesse ich: Es ist unwahrscheinlich, dass Zölle auf Wirkstoffe massgeblich entscheiden, ob ein Medikament produziert oder exportiert wird.

Sollten die Zölle zu einer generellen Investitionszurückhaltung führen, wären auch CDMO wie Bachen betroffen – geringes US-Exposure hin oder her. Trotzdem liessen mich die Worte von Bachem-CFO Schaffter aufhorchen.

Lange Zeit sah es so aus, als könnte das Timing nicht besser sein: Im Juni will Holcim das Nordamerikageschäft unter dem Namen Amrize abspalten und separat kotieren. Der Zementkonzern zeigte sich in den vergangenen Monaten in bemerkenswert starker Verfassung, und auch das allgemeine Börsenumfeld meinte es gut. Zwischen der Ankündigung am 28. Januar 2024 und Trumps Zollankündigung vom 2. April 2025 stiegen die Holcim-Aktien um fast 50%.

Und das richtige Timing ist bei einem Spin-off durchaus entscheidend. Idealerweise fällt eine Abspaltung in eine Phase positiver Marktstimmung, um Investoren anzuziehen und die Bewertung zu stützen. Doch mit der jüngsten Eskalation der US-Handelspolitik hat sich das Umfeld markant und schnell eingetrübt – das Kursplus ist mittlerweile auf rund 35% geschmolzen.

Es sind nicht Zölle, die Amrize belasten könnten: Der US-Zementmarkt ist weitgehend lokal organisiert, weil hohe Transportkosten und komplexe Logistiksysteme den grenzüberschreitenden Handel unattraktiv und teuer machen. Entsprechend gehe ich davon aus, dass neue Handelsbarrieren Amrize sogar nutzen, indem sie die Preise für lokal produzierte Baustoffe stützen. Auch Martin Hüsler, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB), sieht Vorteile: «Angesichts wachsender Handelshemmnisse kommt die Verselbständigung des Nordamerikageschäfts zum richtigen Zeitpunkt.»

Der Bewertungsdruck ist real. Er speist sich teilweise aus den Befürchtungen einer konjunkturellen Abkühlung infolge der US-Zollpolitik. Das Abwärtspotenzial erscheint mir aber begrenzt: Langfristig bleibt der US-Markt strukturell attraktiv – hoher Bedarf im Infrastrukturbereich, Wohnungsbau sowie die Verlagerung industrieller Wertschöpfung begünstigen kommerzielle Bauinvestitionen, wie auch Hüsler betont. Zudem herrscht im US-Zementmarkt eine Angebotsknappheit.

Für Schweizer Investoren fällt derzeit ohnehin vor allem die Dollarschwäche ins Gewicht: Die Abwertung der US-Valuta gegenüber dem Franken (9% seit Jahresbeginn) schmälert den in Franken gerechneten Wert des Nordamerikageschäfts. Dieser Effekt hätte allerdings auch ohne Spin-off die Bewertung des Gesamtkonzerns belastet – Trumps protektionistische Politik hätte Holcim also ohnehin getroffen. Wer aber geplant hatte, den Anteil an Amrize zeitnah zu verkaufen, dürfte sich über den Dämpfer ärgern.

Kurzum: Ein positives Marktumfeld ist für Massnahmen wie einen Spin-off immer hilfreich. Weil Holcim jedoch kein Kapital aufnimmt, ist die Abspaltung rein technisch und das Timing aus meiner Sicht zweitrangig – entscheidend ist vielmehr, dass sich beide Unternehmen künftig strategisch besser entwickeln können. Für langfristige Investoren, die Holcim und Amrize halten, ist die Aufspaltung in meinen Augen positiv zu werten. Für Marc Strub, Fondsmanager bei Reichmuth & Co hat sich seit der Zollankündigung aber etwas geändert: «Holcim wird künftig der attraktivere Teil sein.»

Jeden Frühling aufs Neue: Die Top-Manager von Swissquote verkaufen nach der Jahrespräsentation im grossen Stil eigene Aktien. Dieses Jahr summiert sich der Betrag der seit Anfang April veräusserten Aktienpakete auf eindrückliche 13 Mio. Fr.

Der Geldsegen hat mehrere Gründe: Erstens erklimmt der Aktienkurs der Onlinebank immer neue Höhen – damit steigt auch der Veräusserungserlös der Swissquote-Manager.

Zweitens stammen die Pakete, die die Manager abstossen, mehrheitlich aus Bonusprogrammen. Laufen die Sperrfristen aus, machen sie die Optionen zu Geld.

Doch trotz der Veräusserungen: Die Führung von Swissquote hat mehr «Skin in the Game» als die meisten anderen Manager: CEO und Gründungsmitglied Marc Bürki besitzt weiterhin mehr als 11% am Unternehmen, das inzwischen eine Marktkapitalisierung von nahezu 6 Mrd. Fr. erreicht hat. Paolo Buzzi ist mit einem nur minim geringeren Anteil engagiert. Auch er ist ein Gründungsmitglied, ehemaliger Technologiechef und nun Verwaltungsrat.

Insgesamt hält das Management knapp ein Viertel am Unternehmen. Das dürfte das Engagement hochhalten, die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben – und künftige Veräusserungen noch lohnender zu machen.

Barry Callebaut kommt nicht aus den Schlagzeilen. Erst letzte Woche schreckte der weltgrösste Schokoladenproduzent mit einer Verschiebung der Sparziele Investoren auf. Die Trendwende dürfte sich dadurch weiter verzögern. Angesichts der sich verschlechternden Bonitätskennzahlen – allen voran der hohen Verschuldung – stellte ich die Frage in den Raum, ob sich Barry Callebaut auch künftig noch zu vertretbaren Konditionen verschulden kann.

Diesbezüglich folgten am Dienstag keine guten Nachrichten. Zwar hat Moody’s das «Baa3»-Rating für Barry Callebaut grundsätzlich bestätigt – ein Investment-Grade-Rating, das als vergleichsweise sicher und investitionswürdig gilt. Doch die US-Ratingagentur sah sich angesichts «einer anhaltenden Verschlechterung des Cashflows» veranlasst, den Ausblick von stabil auf negativ zu senken.

Das ist zunächst zwar «nur» als Warnschuss zu verstehen, die Senkung des Ausblicks führt also nicht zwangsläufig sofort zu deutlich schlechteren Kreditkonditionen. Dennoch sollte sich Barry mit der Verbesserung wichtiger Bonitätskennzahlen nicht zu viel Zeit lassen. Sollte Moody’s das Rating senken, verlässt Barry den Investment-Grade-Bereich und fällt in die Anlageklasse «High Yield» oder «Speculative Grade». Dann würde es wirklich ernst.

Den Glauben an Barry nicht verloren hat Grossaktionär Artisan Partners. Gestern Mittwoch wurde bekannt, dass der amerikanische Value-Investor die Kursschwäche ausgenutzt und sein Aktienpaket verdoppelt hat. Die Beteiligung ist auf rund 10% gestiegen. Damit hat Artisan auch den durchschnittlichen Einstiegskurs massiv gesenkt: Mitte Februar 2024 kaufte die Gesellschaft erstmals bei einem Kurs von knapp 1300 Fr.

Im Interview mit meinem Kollegen Christoph Gisiger, das vor der Zahlenpräsentation von letzter Woche stattfand, bekräftigte Artisan-Fondsmanager David Samra sein Vertrauen in CEO Peter Feld. Vor dem Hintergrund einer möglichen Rating-Abstufung interessant: Samra erklärt sich dazu bereit, das Unternehmen zu unterstützen, sollten sich die Finanzierungskonditionen verschlechtern und Barry Kapital benötigen.

Auch ich bleibe dabei: Geht man davon aus, dass der Konzern die Krise übersteht – trotz aller Herausforderungen spricht nach wie vor einiges dafür –, ist das langfristige Potenzial der Aktien beträchtlich. Wer jetzt zugreift, muss allerdings starke Hände haben. Alle anderen warten weiter ab.

Freundlich grüssen im Namen von Mr Market

Manuel Boeck, Carla Palm, Henning Hölder und Ruedi Keller

Exit mobile version