Donnerstag, Oktober 3

Biolandbau verspricht weniger Pestizide und mehr Tierwohl. Aber wie gross sind darüber hinaus die gesundheitlichen Vorteile wirklich? Was die Wissenschaft darüber weiss.

Leserfrage: Biolebensmittel sind besser für die Umwelt. Aber gilt das auch für die Gesundheit?

Weniger Pestizide und Schadstoffe, mehr Tierwohl, Artenvielfalt und Klimaschutz: Es gibt viele gute Gründe, Biolebensmittel zu kaufen. Entsprechend beliebt sind sie bei den Verbrauchern, insbesondere in der Schweiz: Nirgendwo sonst wird mehr Geld für ökologisch erzeugte Lebensmittel ausgegeben. Rund die Hälfe der Konsumenten steuert täglich oder mehrmals pro Woche das Bioregal im Supermarkt an, 80 Prozent greifen zumindest gelegentlich zu ökologisch produzierten Lebensmitteln. Ist das nur besser fürs Gewissen oder auch für die Gesundheit?

Wohl & Sein antwortet

In der Rubrik «Wohl & Sein antwortet» greifen wir Fragen aus der Leserschaft rund um Gesundheit und Ernährung auf. Schreiben Sie uns an wohlundsein@nzz.ch.

Einige ältere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es bei wichtigen Inhaltsstoffen keine signifikanten Unterschiede zwischen biologisch und konventionell erzeugten Lebensmitteln gibt. Neuere Untersuchungen und grosse Übersichtsstudien allerdings zeichnen ein anderes Bild: «Vieles deutet darauf hin, dass biologische Lebensmittel gesundheitsförderlich sind», sagt Harald Seitz vom Bundeszentrum für Ernährung in Bonn.

Etwa bezüglich des Nährstoffgehalts: «Biologisch erzeugtes Obst und Gemüse enthält weniger Wasser und hat deshalb eine höhere Nährstoffdichte. Bioäpfel und Biokarotten etwa liefern tendenziell mehr Vitamin C und sind reicher an sekundären Pflanzenstoffen, also Antioxidantien, die unter anderem vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen», erklärt der Ernährungswissenschafter.

Ähnliche Befunde liefert die Wissenschaft für Milch und Fleisch aus ökologischer Landwirtschaft. «Ernährungsphysiologisch betrachtet weisen Milch und Fleisch aus Öko-Haltung eine günstigere Zusammensetzung von Fettsäuren auf, vor allem bei viel Auslaufhaltung und Weidefütterung», sagt Seitz. Biofleisch etwa enthält im Vergleich zu konventionellen Produkten rund fünfzig Prozent mehr gesunde Omega-3-Fettsäuren.

Mehr Gutes und weniger Schlechtes

Pluspunkte für die Gesundheit sammeln Biolebensmittel aber nicht nur, weil sie mehr Gutes enthalten – sondern auch weniger Schlechtes. Etwa Rückstände von Pestiziden, Insektiziden und Düngemitteln: Ein 2016 veröffentlichter Bericht des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments zeigt, dass Biogemüse beispielsweise weniger schädliches Cadmium enthält.

Ausserdem ist es in der Regel nitratärmer als Gemüse aus konventionellem Anbau. Nitrat kann beim Kochen oder im Körper zu Nitrit umgewandelt werden, was den Sauerstofftransport im Körper negativ beeinflusst und krebserregend wirkt. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es bei anderen Schadstoffen wie Blei oder Arsen oft keine grossen Unterschiede zwischen ökologisch und konventionell angebauten Lebensmitteln gibt.

Studien gemäss bringt dafür der Verzicht auf Düngemittel und Pestizide einige gesundheitliche Vorteile mit sich. So können biologisch erzeugte Lebensmittel zum Beispiel das Risiko für Allergien im Kindesalter, Übergewicht im Erwachsenenalter und bestimmte Krebsarten senken. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Insektizide sich negativ auf die kognitive Entwicklung von Kindern auswirken können.

Bei der Erzeugung von Fleisch und Milch wiederum spielen vor allem Antibiotika eine wichtige Rolle. In der konventionellen Tierhaltung ist ihr Einsatz weit verbreitet. «Das fördert Antibiotikaresistenzen und ist damit ein Risiko für die Gesundheit aller Menschen», sagt Seitz.

Wer besonders nährstoffreiches Obst und Gemüse verzehren will, sollte übrigens nicht nur auf das Biosiegel, sondern auch auf regionale Produkte achten. Durch eine unreife Ernte und lange Transportwege verlieren Lebensmittel oft wertvolle Inhaltsstoffe. Seitz’ Tipp für eine geballte Portion Nährstoffe: «Gemüse und Obst bieten eine unglaubliche Arten- und Sortenvielfalt und bringen jede Menge Abwechslung auf den Teller. Je grösser und bunter die Auswahl, umso besser. Wer dann noch möglichst regional, saisonal und aus ökologischem Landbau isst, tut sich und der Gesellschaft einen Gefallen.»

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