Mittwoch, Oktober 2

Nach dem Leistungsabbau der vergangenen Jahre sieht jede siebte Pensionskasse nun Verbesserungen vor. Die Versicherten werden dabei aber stärker an den Risiken der Börse beteiligt.

Die Renten aus den Pensionskassen sind in den letzten Jahren gesunken. Die Schweizer Vorsorgeeinrichtungen reagierten auf die niedrigen Zinsen und die steigende Lebenserwartung der Versicherten mit Kürzungen der Umwandlungssätze.

Im diesem Jahr liegt der durchschnittliche Umwandlungssatz der Kassen bei 5,31 Prozent, wie aus der jährlichen Pensionskassen-Studie von Swisscanto, dem Fonds- und Vorsorgedienstleister der Zürcher Kantonalbank (ZKB), hervorgeht. Im Jahr 2013 hatte der durchschnittliche Satz noch 6,46 Prozent betragen und hat seitdem eine beständige Abwärtsfahrt hinter sich. Dies entspricht einer nominellen Rentensenkung von knapp 18 Prozent über die Jahre hinweg. Die Sorge über sinkende Renten in der Bevölkerung könnte auch ein Faktor für die Annahme der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente gewesen sein.

Mit dem Umwandlungssatz wird das bis zur Pensionierung angesparte Vermögen in der beruflichen Vorsorge in eine jährliche Rente umgewandelt. Hat jemand beispielsweise 500 000 Franken gespart und der Umwandlungssatz liegt bei 5 Prozent, so erhält die Person eine jährliche Rente von 25 000 Franken.

Gute finanzielle Lage der Pensionskassen

Bei den jahrelang sinkenden Umwandlungssätzen könnte nun aber die Talsohle erreicht sein. Von den 483 für die Studie befragten Pensionskassen gaben 14 Prozent an, sie sähen Leistungsverbesserungen für ihre Rentnerinnen und Rentner vor.

Die finanzielle Lage der Pensionskassen hat sich verbessert: Der durchschnittliche Deckungsgrad der privatrechtlichen Kassen lag Ende 2023 bei 113,5 Prozent, und fast die Hälfte der Vorsorgeeinrichtungen hatte die Wertschwankungsreserven zu mindestens 75 Prozent gefüllt. Dabei handelt es sich um Polster, die Werteinbussen bei den Vermögensanlagen abfedern sollen.

«Nach der langjährigen Talfahrt haben sich die Umwandlungssätze der Pensionskassen stabilisiert», sagt Heini Dändliker, der Leiter Key Account Management und Leiter Firmenkunden Schweiz bei der ZKB. Dies zeige sich auch an der sogenannten Ersatzquote, die das Einkommen einer Person nach der Pensionierung aus AHV und Pensionskasse misst. Diese habe bei einem Jahreslohn von 80 000 Franken zum dritten Mal in Folge bei 70 Prozent gelegen.

Umwandlungssätze dürften weiter leicht sinken

Mit starken Anhebungen der Umwandlungssätze sollten die Versicherten indessen nicht rechnen. Wie die Umfrage ergeben hat, dürften die befragten Kassen ihre Umwandlungssätze bis 2029 im Durchschnitt auf 5,23 Prozent sogar leicht weiter senken.

Dies zeigt, dass die meisten Pensionskassen bei den Leistungsverbesserungen vor allem auf Einmalzahlungen setzen. In der Umfrage haben nur drei der 483 befragten Pensionskassen ihren Umwandlungssatz angehoben. «Es ist eine Zurückhaltung gegenüber Garantien und langfristigen Verpflichtungen zu spüren», sagt Dändliker. Die wiederholten Turbulenzen an der Börse hätten das Sicherheitsbedürfnis der Pensionskassen erhöht. Die Vorsorgeeinrichtungen suchten nach Möglichkeiten, um flexibel auf die Entwicklung der Finanzmärkte zu reagieren.

Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Versicherten die Risiken der Pensionskassen künftig stärker mittragen: Sind die Leistungen nicht garantiert, so hängen diese zunehmend von der Entwicklung der Börse ab. Läuft es dort gut, profitiert die Vorsorge – läuft es schlecht, leidet sie. Bei einer starken Börsenentwicklung wie im vergangenen Jahr profitieren Rentnerinnen und Rentner von Einmalzahlungen und die erwerbstätigen Versicherten von einer höheren Verzinsung ihrer Alterssparguthaben. Laut Swisscanto wurden diese im vergangenen Jahr im Durchschnitt mit 2,44 Prozent verzinst – es gab aber auch Kassen mit höheren Renditen, die deutlich grosszügiger waren.

Ohnehin rücken die Erträge, welche Pensionskassen mit ihren Vermögensanlagen zu erzielen vermögen, stärker in den Vordergrund. Hier gibt es deutliche Unterschiede. Laut Swisscanto erreichten die besten 10 Prozent der Kassen im Jahr 2023 im Durchschnitt eine Rendite von 8,2 Prozent, während es bei den schlechtesten 10 Prozent der Kassen nur 2,3 Prozent waren.

Umverteilung von Aktiven zu Rentnern weitgehend gestoppt

«Den Schweizer Pensionskassen geht es gut, und es gibt einen gewissen Spielraum für Leistungsverbesserungen», sagt Lukas Müller-Brunner, Direktor des Pensionskassenverbands Asip. Dies gelte aber nicht für sogenannte BVG-nahe Kassen. Dies sind Vorsorgeeinrichtungen, die viele Versicherte mit geringeren Löhnen haben und die nur das gesetzliche Minimum oder wenig mehr versichern. Sie haben oft sehr hohe Umwandlungssätze, da der BVG-Mindestumwandlungssatz von 6,8 Prozent dann stärker ins Gewicht fällt. Experten schätzen, dass 10 bis 15 Prozent der Schweizer Pensionskassen BVG-nah sind.

«Mehr Geld in den Pensionskassen»

Er gehe aber ebenfalls davon aus, dass mit einem durchschnittlichen Umwandlungssatz von 5,31 Prozent bei vielen Kassen nun wohl eine Art Talsohle erreicht sei, sagt Müller-Brunner. Versicherungsmathematisch gerechnet, sei dies zwar immer noch hoch, «aber die Pensionskassen scheinen einen Weg gefunden haben, damit umzugehen».

Die Senkungen der Umwandlungssätze in den vergangenen Jahren bei den Pensionskassen seien nötig gewesen, um die systemfremde Umverteilung von erwerbstätigen Versicherten zu Rentnern zu stoppen, sagt der Asip-Direktor. Die Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge hat Anfang Mai mitgeteilt, dass die zukünftigen Rentenverpflichtungen der Kassen aufgrund der Senkungen der Umwandlungssätze nun wieder grossmehrheitlich ohne Quersubventionierung finanzierbar seien. Von daher verstehe er auch, dass die Kassen nun nicht auf breiter Front die Umwandlungssätze erhöhten, sagt Müller-Brunner. «Damit würden sie ihren Handlungsspielraum wieder auf Jahrzehnte hinaus einschränken.»

In den vergangenen Jahren seien die Umwandlungssätze der Pensionskassen zwar gesunken, doch es habe keinen generellen Leistungsabbau in der beruflichen Vorsorge gegeben, sagt er. Die stabile Ersatzquote belege, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen mehr in den Pensionskassen angespart hätten. «Die Umwandlungssätze sind gesunken, aber die Leute haben gleichzeitig mehr Geld in den Pensionskassen.»

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