Freitag, April 25

Die Rückkehr der Tiefzinsen bedeutet für Immobilieneigentümer nicht nur tiefere Kosten, sondern auch steigende Bewertungen. Billiges Geld und ein wachsender Appetit auf Investments könnten die Immobilienpreise weiter antreiben.

Der Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die Leitzinsen auf 0,5 Prozent zu senken, wird für Immobilieneigentümer und Investoren weitreichende Folgen haben. Überall wird jetzt gerechnet, analysiert und diskutiert.

Für Donato Scognamiglio, Verwaltungsratspräsident des Beratungsunternehmens Iazi, ist der Trend unmissverständlich: «Billiges Geld wirkt sich für Immobilieneigentümer wie ein Booster aus.»

Eine Rechnung, die für sich spricht

Schauen wir uns ein vereinfachtes Beispiel an: Ein Privatinvestor besitzt ein kleines Mehrfamilienhaus mit acht Mietwohnungen. Das Objekt ist in tadellosem Zustand und stets voll vermietet. Netto erzielt der Eigentümer jährlich Mieteinnahmen von 200 000 Franken. Nehmen wir weiter an, dass der Eigentümer die Geldanlage zu 75 Prozent mit einer Saron-Hypothek fremdfinanziert hat. Weil der Zins dieser Hypothek praktisch eins zu eins dem Leitzins der SNB folgt, wird der Eigentümer ab sofort mehr als 20 000 Franken an Zinsen pro Jahr sparen (siehe Tabelle).

Das ist aber nicht alles, was die Freude der Investoren entfacht. Auch bei der Bewertung der Immobilie tut sich einiges. Der Kapitalisierungssatz – quasi die Renditeerwartung, die eng an die Zinsen gekoppelt ist – sinkt. Damit erhöht sich der Wert des Hauses erheblich. Denn Investoren sind bereit, für die gleichen Einnahmen mehr zu zahlen.

Um ganz präzis zu sein, wäre noch zu berücksichtigen, dass im nächsten Frühling der Referenzzinssatz für Mieten sinken wird. Ausserdem hängt der Kapitalisierungssatz vom Zustand und von der Lage der Immobilie ab.

Ein Markt in Bewegung

Doch was bedeutet dies für den Immobilienmarkt als Ganzes? Scognamiglio prognostiziert, dass der Appetit für Immobilieninvestitionen grösser werden wird, «denn wir bewegen uns wieder in Richtung von Negativzinsen». Tatsächlich steht die Entwicklung jetzt in einem krassen Gegensatz zur Erwartung noch vor wenigen Monaten.

Im Sommer 2023 stand der Immobilienmarkt wegen deutlich höherer Leitzinsen von 1,75 Prozent unter einem ganz anderen Vorzeichen. Die hohen Zinsen hatten die Preisentwicklung ausgebremst. «Jetzt sieht es danach aus, dass tiefe Zinsen die Preisentwicklung wieder befeuern», so Scognamiglio.

Seit über zwanzig Jahren kennen die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen in der Schweiz nahezu ausschliesslich den Weg nach oben. Selbst die Finanzkrise 2008 brachte nur eine kurzfristige Delle. Mehrfamilienhäuser mit Mietwohnungen zeigten sich ähnlich robust und verzeichneten kontinuierlich steigende Werte.

Immobilienfonds 18 Prozent im Plus

Ein Preisrally wie selten zuvor hat dieses Jahr bereits bei den an der Börse kotierten Schweizer Immobilienfonds stattgefunden. Die Titel, die unter anderem auch in Wohnliegenschaften investieren, haben seit Anfang Jahr rund 18 Prozent zugelegt.

Der Zins einer zehnjährigen Bundesobligation liegt derzeit bei 0,28 Prozent. Bei solch tiefen Zinsen wird viel Kapital als Ersatz für Obligationen in Immobilienfonds umgeschichtet. Dementsprechend kletterten einige dieser Titel schon im November auf neue Rekordwerte.

Tobias Kistler, Finanzanalyst der St. Galler Kantonalbank, sagt einordnend: «Mit diesen hohen Bewertungen an der Börse hat man die erwarteten Zinssenkungen schon vorweggenommen.»

Ein Paradies für Hypothekarkunden?

Für potenzielle Eigenheimbesitzer gibt es ebenfalls gute Nachrichten. Die besten Angebote für zehnjährige Festhypotheken liegen bei etwa 1,3 Prozent – vorausgesetzt, man kann eine gute Bonität und geringe Belehnung vorweisen. Für Käufer bedeutet dies eine massive Ersparnis. Selbst bei einer teuren Eigentumswohnung mit einer Hypothek von etwa 1,2 Millionen Franken zahlt man nur rund 15 000 Franken Zinsen pro Jahr.

Florian Schubiger, Hypothekenexperte aus Zürich, sieht darin ein klares Signal für die Käufer: «Je weiter die Zinsen sinken, desto eher werden sich die Leute für den Kauf einer Wohnung entscheiden, anstatt eine zu mieten.» Doch trotz der erschwinglicheren Finanzierung bleibt das Eigenheim vor allem in den teuersten Regionen der Schweiz ein Luxus, den sich nicht jeder leisten kann. Banken fordern nach wie vor eine Stressprüfung, die untersucht, ob der Käufer eine Hypothek auch bei einem Zins von 4,5 oder 5 Prozent stemmen könnte.

Der Boom und seine Grenzen

Die UBS schreibt diese Woche in einer Studie, nun blühe auch Buy-to-let wieder auf. Wer eine Eigentumswohnung als Kapitalanlage kauft und an Dritte vermietet, kann bei einem angenommenen Zinssatz von 1,4 Prozent eine attraktive Rendite von rund 3,5 Prozent erzielen (vor Steuern, bei einer Belehnung von 60 Prozent).

Während also überall analysiert und neue Investments geprüft werden, stellt sich die Frage nach den Risiken. «Die Fallhöhe auf diesem Preisniveau ist beträchtlich», sagt Donato Scognamiglio warnend. Auch für Tobias Kistler von der St. Galler Kantonalbank sind Immobilien alles andere als risikolos: «Wir können nicht davon ausgehen, dass die Preise im gleichen Mass wie in den letzten zwanzig Jahren steigen werden. Irgendwann werden sie sich auch wieder an die allgemeine Lohnentwicklung in der Schweiz anpassen müssen.»

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