Bei einem Auftritt in Luzern äusserte sich der Zentralbankpräsident zu den Folgen des Handelskrieges. Und er gab Hinweise darauf, weshalb die SNB im ersten Quartal all ihre Chevron-Aktien verkauft hat.

Wenn die Welt unsicherer wird, fliehen Investoren in den Franken. Das zeugt von grossem Vertrauen in die politische Stabilität der Schweiz – und erhöht zugleich den Druck auf die schweizerische Nationalbank (SNB). Die SNB muss für stabile Preise sorgen. Schon an ihrer nächsten geldpolitischen Lagebeurteilung am 19. Juni könnte sie die Zinsen erneut senken.

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Mit umso mehr Spannung wurde am Freitag der Auftritt von SNB-Präsident Martin Schlegel erwartet, der am Swiss Media Forum in Luzern zu aktuellen Herausforderungen Stellung nahm.

Handelskrieg: Ist die Schweiz ein Währungsmanipulator?

Der Vorwurf steht seit Jahren im Raum – und hat mit der Wiederwahl von Donald Trump neue Brisanz gewonnen: Die USA warfen der Schweiz im Dezember 2020 vor, den Franken künstlich tief zu halten und so der Exportwirtschaft Vorteile zu verschaffen. Tatsächlich hat die Nationalbank im vergangenen Jahrzehnt massiv Fremdwährungen gekauft, um die Aufwertung des Frankens im Rahmen zu halten.

Martin Schlegel betonte in Luzern: «Wir sind keine Währungsmanipulatoren.» Die SNB interveniere nicht, um der Schweiz Vorteile zu verschaffen, sondern um ihr Mandat zu erfüllen: Preisstabilität. Dafür dürfe der Franken nicht zu stark werden.

Man stehe mit den US-Behörden «in einem intensiven Austausch», der in den vergangenen Jahren «sehr konstruktiv» verlaufen sei. Auch unter der neuen Regierung zeigten die Fachleute in Washington Verständnis für die Schweizer Position, allerdings, so Schlegel, habe er «keine Kontakte bis an die Spitze der amerikanischen Regierung» gehabt.

Droht eine Rezession?

Seit Trumps Zollankündigungen am 2. April habe sich die Lage der Weltwirtschaft  verändert, sagte Schlegel. «Zölle in dieser Grössenordnung sind etwas, das die Modelle der Ökonomen nicht kennen.» Die SNB rechne mit schwächerem Wachstum und geringerer Nachfrage nach Schweizer Gütern – aber nicht mit einer Rezession.

Kommen am 19. Juni Negativzinsen?

Wegen der tiefen Inflation – im April lag sie bei 0,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – rechnen einige Marktteilnehmer mit einer Rückkehr zu Negativzinsen. Schlegel antwortete wie schon in den Vormonaten vage: Niemand möge Negativzinsen, auch die Nationalbank nicht. Doch ausschliessen könne sie dieses Instrument nicht.

Er zeigte Verständnis für die Probleme, die ein solches Zinsniveau verursache, etwa bei Pensionskassen, denen es schwerfalle, noch Rendite zu erzielen. Doch wenn zur Erfüllung des Preisstabilitätsmandats ein tiefes Zinsniveau nötig sei, werde die SNB handeln.

Droht eine Immobilienblase?

Nach der Finanzkrise 2008 sind viele Vermögenspreise stark gestiegen – auch die Immobilien in der Schweiz, wegen des Bevölkerungswachstums und wegen der tiefen Zinsen. Die SNB und die Finanzmarktaufsicht warnen seit Jahren vor Risiken im Immobilienmarkt. Mit der Rückkehr zu Negativzinsen könnten diese zunehmen.

«Die Immobilienpreise sind im Moment verwundbar. Mit gängigen Methoden und Modellen sind die gegenwärtigen Bewertungen schwer erklärbar.» Die SNB halte sie nicht für überbewertet, aber sie seien anfällig für Korrekturen.

Wie weiter mit der UBS?

Anfang Juni will der Bundesrat seine Vorschläge zur Reform der Grossbankenregulierung vorlegen. Die SNB zählt zur Fraktion, die der UBS strengere Eigenkapitalregeln auferlegen möchte. Schlegel sagte: Man müsse bei der Eingrenzung des regulatorischen Kapitals ansetzen. «Was ist in der Krise verlustabsorbierend?» Software jedenfalls nicht: «Es ist eine kühne Annahme, dass Software in der Krise verlustabsorbierend ist. Das sollte nicht an das regulatorische Kapital angerechnet werden.»

Zur zentralen Frage, wie viel Kapital die UBS für ihre Auslandbeteiligungen vorhalten müsse, äusserte sich Schlegel weniger deutlich. In der CS-Krise habe sich gezeigt, dass solche Beteiligungen nicht zum bilanzierten Wert verkauft werden konnten – eine Restrukturierung sei dadurch praktisch verunmöglicht worden. Auch dieses Problem müsse man angehen.

Setzt die SNB ihre Bilanz neu im Kampf gegen den Klimawandel sein?

Am Montag hatte die SNB für Aufsehen gesorgt: Sie hat im 1. Quartal 2025 alle ihre Chevron-Aktien verkauft; die Transaktion belief sich auf ein Volumen von über 700 Millionen Dollar. Beobachter spekulierten, ob nun Klimaanliegen eine grössere Rolle in der Anlagepolitik der SNB spielen.

Schlegel widersprach: Die SNB nehme den Klimawandel ernst, habe aber kein Mandat, um die Wirtschaft in eine klimafreundlichere Richtung zu steuern. «Die Anlagen sind kein effektives Mittel, um den Klimawandel zu bekämpfen.»

Zum Fall Chevron äusserte er sich nicht, sagte aber, die SNB verfolge eine passive Anlagestrategie. Gleichzeitig habe sie seit rund zehn Jahren Ausschlusskriterien, die besagten, dass die SNB «im Rahmen ihrer Anlagepolitik die grundlegenden Normen und Werte der Schweiz berücksichtigt». Dazu gehöre, dass sie keine Aktien von Unternehmen kaufe, die systematisch gravierende Umweltschäden verursachten. Schlegel: «In diesem Kontext haben wir unser Portfolio angepasst.»

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