Kein amerikanischer Präsident hat so viele Verwandte in wichtige Positionen berufen – und die Grenzen zwischen Regierungsamt und privaten Geschäften so sehr verwischt. Wer sind die Player im Familienimperium?
Das ausgeprägte Profitdenken von Donald Trump ist kein Geheimnis – im Gegenteil. Der Midas-Mythos, dass alles, was er anfasst, zu Gold wird, ist ein zentraler Faktor seines politischen Erfolgs. Was der Immobilienmogul nicht schon alles unter dem Trump-Brand verkauft hat: Steaks, Turnschuhe, die «God Bless the USA»-Bibel. Wie der Patriarch, so die Familie. Der Trump-Clan bildet eine hermetische Geschäftseinheit, fast alle Familienmitglieder nehmen eine Funktion im Trump-Kosmos ein. Auffällig ist, wie glatt das Image der Familie bleibt: Es dringen keine Dramen und Eskapaden an die Öffentlichkeit. Obwohl Trump jeden Gedanken auf Social Media zu posten scheint, private Fotos von ihm gibt es kaum.
Zwar ist es anrüchig, wenn Familienmitglieder eines Präsidenten ihr Vitamin B ausnützen, illegal ist es nicht. Ein Paradebeispiel bot kürzlich Hunter Biden. Der delinquente Sohn von Joe Biden scheffelte Millionen von Dollar als Vergütung für seine Verwaltungsratsmandate im Ausland, was Donald Trump und die Republikaner im Wahlkampf zum höchstrangigen Korruptionsskandal hochzuspielen versuchten. Kaum sitzt Donald Trump an der Macht, sind diese ethischen Bedenken unter Republikanern nicht mehr en vogue. Dabei monetarisiert der Trump-Clan die Nähe zum Oval Office in weit grösserem Ausmass als die Bidens.
Der 47. Präsident der USA hat Familienmitglieder in die Regierung geholt – oder sorgt aktiv dafür, dass diese aus dem Exekutivamt Profit schlagen können. Ernsthafte Interessenkonflikte schaffen insbesondere die eigene Krypto-Handelsplattform, der Meme-Coin $Trump, Liegenschaftsgeschäfte im Nahen Osten sowie das Nachrichtenportal Truth Social.
Die gesetzlichen Ethikregeln sehen vor, dass sich Regierungsmitglieder von privaten finanziellen Interessen trennen müssen. Alle Präsidenten seit Ronald Reagan ausser dem wenig vermögenden Barack Obama haben während ihrer Amtszeit die Vermögenswerte in einen Blind Trust überführt. Trump hingegen überschrieb – wie schon 2017 – seine Geschäfte an einen «widerruflichen Trust» unter der Leitung seiner Söhne, was Ethik-Wächter als ungenügend bezeichnen.
Sie und weitere Familienmitglieder profitieren von Trumps Macht. Wer sind sie, und welche Rolle spielen sie im Imperium der Familie?
Der inoffizielle Stratege: Jared Kushner
Der 44-jährige Schwiegersohn des Präsidenten arbeitete während Trumps erster Amtszeit in der Regierung und war federführend bei den Neuverhandlungen des Nordatlantischen Freihandelsvertrags (Nafta), den Covid-Massnahmen – insbesondere der Impfstoff-Initiative Operation «Warp Speed» – sowie den Abraham-Normalisierungsabkommen zwischen arabischen Staaten und Israel.
Heute besitzt Jared Kushner, der mit Ivanka Trump verheiratet ist, die Investmentfirma Affinity Partners in Miami. Diese gründete er kurz nach seinem Regierungsaustritt 2017 mit Milliarden-Darlehen – hauptsächlich aus Staatsfonds ölfördernder Golfstaaten. Kushner hat über eine Milliarde in Firmen und Projekte im Nahen Osten investiert. Obwohl er keine offizielle Rolle im Weissen Haus wahrnimmt, bleibt er ein einflussreicher Berater der Trump-Regierung. Er befinde sich in regem Austausch mit Trumps offiziellem Nahostberater Steve Witkoff, berichtet die «Times of Israel».
Vergangenes Jahr machte Kushner Schlagzeilen, als er in einem Gespräch an der Harvard-Universität sagte, Gazas Küstenlage könnte «sehr wertvoll sein». Er fügte hinzu: «Aus Israels Perspektive würde ich mein Bestes tun, um die Menschen umzusiedeln und dann aufzuräumen.» Er schlug vor, dass Israel «mit Bulldozern» in der ägyptischen Negev-Wüste eine neue Bleibe für die Palästinenser baue. Praktisch identisch lautet der «Riviera»-Vorschlag, mit dem Präsident Trump im Februar überraschte.
Der jüdisch-orthodoxe Kushner pflegt gute Geschäftsbeziehungen in Israel, unter anderem besitzt er Anteile der Shlomo Group im Wert von 150 Millionen Dollar. In Albanien und Serbien investiert er in Luxushotels, bei denen er direkt mit Regierungen verhandelt. Das löst Korruptionsvorwürfe aus, die Kushner allerdings zurückweist.
Der Botschafter: Charles Kushner
Präsident Trump ernannte den 70-jährigen Vater seines Schwiegersohns zum Botschafter in Frankreich, nachdem er ihn am Ende seiner ersten Amtszeit begnadigt hatte. Der Immobilienunternehmer aus New Jersey wurde 2005 wegen illegaler Wahlkampffinanzierung, Steuerhinterziehung und Zeugenmanipulation verurteilt.
Laut der Lokalzeitung «Jersey City Times» besteht ein potenzieller Interessenkonflikt, weil Kushner schon länger versucht, einen Ableger des Pariser Centre Pompidou in Jersey City zu realisieren, in unmittelbarer Nachbarschaft eines milliardenschweren Wohnbauprojekts der Kushner-Familie mit 1700 Wohnungen. Das Museum würde von der öffentlichen Hand getragen.
Der Nahostberater: Massad Boulos
Der libanesische Geschäftsmann ist der Schwiegervater von Trumps jüngster Tochter Tiffany. Der 54-Jährige wurde von Präsident Trump zum Berater für arabische und nahöstliche Angelegenheiten berufen. Er entstammt einer einflussreichen christlichen Familie in Libanon und wuchs in Texas auf. Sein Sohn Michael heiratete Tiffany 2022. Massad Boulos unterstützte Trumps Wahlkampf, indem er Beziehungen zu arabisch-amerikanischen Wählern knüpfte.
Er ist in Libanon gut vernetzt und dient als Mittelsmann zwischen Trump und dem Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas. Während Trumps Nahostberater Steve Witkoff sich um die Ukraine-Verhandlungen und den Gazastreifen kümmert, fokussiert sich Boulos auf die Zukunft der libanesischen Regierung. Er soll die Funktion eines «Brückenbauers» zu arabischen Staaten einnehmen.
Der Kronprinz: Donald Trump junior
Der älteste Präsidentensohn spielt im Trump-Universum eine zentrale Rolle – politisch und geschäftlich. Der flamboyante 47-Jährige soll grossen Einfluss auf seinen Vater haben. Mit seinem Bruder Eric führt er das Immobilienunternehmen Trump Organization. Donald Trump übertrug ihm zudem die Kontrolle über 115 Millionen Anteilscheine der Trump Media & Technology Group – mit einem aktuellen Wert von über 2 Milliarden Dollar. Laut der «New York Times» können Investoren direkt bei Trump für ihre Interessen lobbyieren, indem sie Aktien von der Firma aufkaufen. Der Trump Media & Technology Group gehört die von Trump gegründete Plattform Truth Social.
Dasselbe gilt für die Kryptowährung $Trump und die Krypto-Handelsplattform World Liberty Financial, die Donald Trump und seine Söhne Donald, Eric und Barron im Oktober gegründet haben. Auch der Nahostberater Steve Witkoff und seine Söhne sind als Mitgründer aufgelistet. Inwiefern sie direkt von Trumps Entscheidung, eine Reserve an Digitalwährungen für die USA aufzubauen, profitieren, ist unklar. Laut der «Financial Times» hat Trumps Meme-Coin bis März 350 Millionen Dollar eingebracht.
Donald Trump junior ist an der Investmentbank 1789 Capital beteiligt, die konservative, antiwoke Firmen finanziert, die im Windschatten von Trumps politischem Erfolg florieren.
Präsident Trump nominierte die Ex-Partnerin von Donald Trump junior, die Journalistin und ehemalige Staatsanwältin Kimberly Guilfoyle, als Botschafterin in Griechenland, kurz nach der Bekanntgabe, dass die Verlobung des Paares aufgelöst worden war.
Der CEO: Eric Trump
Der zweitälteste Sohn von Donald Trump sitzt im Verwaltungsrat der Trump Organization und leitet diese zusammen mit seinem älteren Bruder Donald Trump junior. Wegen seiner ungeschickten öffentlichen Auftritte wird er in Politsatiren als Dumpfbacke veräppelt. Tatsache ist, dass er als Executive Vice President das Management und die Geschäftstätigkeiten des «globalen Immobilienimperiums» führt.
Obwohl Eric Trump versprach, Interessenkonflikte zu vermeiden, und die Trump-Familie ein neues Ethik-Versprechen abgab, weisen Kritiker auf eine entscheidende Lücke hin: Im Gegensatz zur ersten Amtszeit wird die Firma von Trump neue internationale Geschäfte abschliessen, solange die Handelspartner keine ausländischen Regierungen sind. Das «Wall Street Journal» listete in einem Artikel im Februar die Geschäfte der Trump Organization und die potenziellen ethischen Konflikte auf.
Das Unternehmen befindet sich auf Expansionskurs – von Golfplätzen in Schottland über Wohnbauprojekte in Indien bis hin zu Hotels in Indonesien und Vietnam sowie einem Golf- und Resortprojekt in Oman im Wert von 1,6 Milliarden Dollar. Für dieses ging die Trump Organization eine Partnerschaft mit einem saudischen Immobilienunternehmen ein. In Israel hat Eric Trump grosse Pläne für die Zeit nach dem Ende des Gaza-Kriegs: «Wir werden in der Zukunft in Israel gross anrichten», sagte er gegenüber dem «Wall Street Journal».
Die Trump Organization besitzt derzeit ein Portfolio von mindestens 17 Wohnbauprojekten, 12 Golfplätzen und 12 Hotels oder Resorts weltweit. Laut dem Ethik-Experten Richard Painter, der unter George W. Bush als oberster Ethik-Anwalt diente, besteht die akute Gefahr, dass der Präsident sich im Amt von Geschäftsinteressen leiten lasse, indem er zukünftige Gewinne im Auge habe: «Wäre es ihnen ernst, müssten sie das Trump-Imperium verkaufen.» Eric Trump entgegnet, seine Familie sei seit vier Generationen im Liegenschaftsgeschäft: «Sollen wir uns jetzt zurücklehnen und nichts tun?»
Der 41-Jährige spielt – ebenso wie Präsident Trumps jüngster Sohn Barron – eine führende Rolle bei der Krypto-Handelsplattform World Liberty Financial. Er nahm im Dezember an der Bitcoin-Konferenz Mena 2024 in den Arabischen Emiraten teil und warb für die Plattform.
Die Parteivorsitzende: Lara Trump
Trumps 42-jährige Schwiegertochter übernahm im März die Co-Leitung der Republikanischen Partei. Die Ehefrau von Eric Trump studierte Kommunikation und absolvierte eine Ausbildung als Confiseurin, bevor sie in die Trump-Familie heiratete. Im Wahlkampf 2016 und während Trumps erster Amtszeit übernahm sie repräsentative Aufgaben.
Vergangenes Jahr wurde ihr die wichtige Rolle übertragen, das Republican National Committee mit Trumps Wahlkampfteam auf Linie zu bringen. Kurz nach ihrem Antritt erlebte der Parteiapparat eine scharfe Kurskorrektur: Rund 60 Mitarbeiter wurden entlassen, unter anderem in der politischen Leitung und der Kommunikation. Die agilere strategische Ausrichtung, die die Wählermobilisierung an Gruppen und Aktivisten ausserhalb der Partei delegierte, erwies sich als voller Erfolg.
Kurz nach der Wahl von Donald Trump trat Lara Trump aus dem Parteipräsidium zurück und moderiert nun die Show «My View with Lara Trump» auf Fox News, nachdem ein Versuch, als Senatorin von Florida in den Kongress nachzurücken, am Widerstand von Gouverneur Ron DeSantis gescheitert ist.