Sonntag, April 20

Ein späterer Unterrichtsbeginn würde Jugendlichen beim Lernen helfen. Das zeigen Studien. Dies umzusetzen, sei aber nicht möglich, finden Bürgerliche und der Stadtrat.

Viele Jugendliche wälzen sich am Morgen nur sehr widerwillig aus dem Bett. Das hat wenig mit Faulheit zu tun. Vielmehr ist wissenschaftlich belegt, dass sich in der Pubertät der Schlaf-wach-Rhythmus verschiebt: Am Abend können die Jugendlichen erst spät einschlafen und sind deshalb am Morgen müde.

Dem natürlichen Rhythmus stehen jedoch die Anforderungen des Schulbetriebs entgegen. Denn in den meisten Schulen startet der Unterricht schon um 7 Uhr 30. Zu dieser Zeit ist die Aufnahmefähigkeit der Schülerinnen und Schüler allerdings schlecht. Eine Zürcherin forderte deshalb vor vier Jahren in einer Einzelinitiative, den Schulstart auf frühstens 8 Uhr zu verschieben. SP, Grüne und AL haben eine parlamentarische Initiative zum Thema eingereicht, welche den Unterrichtsbeginn allerdings nur in der Sekundarschule anpassen will.

Zumindest zur Einzelinitiative hat der Stadtrat schon einmal Stellung genommen: Er lehnt sie ab. Vor allem aus praktischen Gründen. Denn um später anfangen zu können, müssten die Schülerinnen und Schüler entweder am Nachmittag länger im Unterricht sitzen, oder die Mittagspause müsste verkürzt werden.

Und damit die Schullektionen auf allen Stufen gleichzeitig beginnen, müssten Kindergarten und 1. bis 4. Klasse früher beginnen, nämlich auch schon um 8 Uhr. Weil sie weniger Stunden haben als die Sekundarschüler, würde ihre Mittagspause schon früher beginnen. Für Eltern mit mehreren Kindern wäre das aus Sicht des Stadtrats ein Problem. Denn die Kinder kämen dann gestaffelt zum Mittagessen nach Hause.

SVP hat Sympathien und ist doch dagegen

Das sah auch die SVP so: Stefan Urech, selbst ein Lehrer, sagte, dass er durchaus Sympathien für das Anliegen habe. «Ich bin eine Nachteule und beginne gerne später mit dem Unterricht.» Seinen Schülern gehe es ähnlich. Trotzdem lehne er die Sache ab: Sie scheitere an der Umsetzbarkeit.

Den Unterricht am Nachmittag zu verlängern, sei keine Lösung. «Gegen Abend ist die Konzentration bei den Schülern weg.» Auch für die Freizeitaktivitäten der Jugendlichen oder die Belegung von Turnhallen sei es ein Problem.

Um die Verschiebung des Unterrichts in den Abend zu verhindern, schlug die Linke vor, die Mittagspause zu verkürzen, und zwar auf 60 Minuten. Der Grüne Balz Bürgisser, pensionierter Lehrer, sagte, er wisse aus eigener Erfahrung, dass die 12- bis 16-Jährigen nach einer Mittagspause von 60 Minuten wieder voll aufnahmefähig seien. Am Gymnasium Rämibühl, wo er unterrichtete, werde dies nämlich auch in den unteren Stufen praktiziert. «Du müsstest dich doch noch daran erinnern, Stefan», sagte er zu Urech, der einst sein Schüler war.

Der Angesprochene konterte, dass er die Mittagspausen als eher stressig in Erinnerung habe – schlimm sei es aber nicht gewesen. Das sei auch nicht das Problem. Urech ging es um etwas anderes: Mit 60 Minuten Mittagspause sei es unmöglich, nach Hause essen zu gehen. «Die Tagesschule wurde von den linken Parteien immer als freiwillig bezeichnet, doch nun versuchen sie sie durch die Hintertüre obligatorisch zu machen.»

Die Verkürzung gehe auch deshalb nicht an, weil die Bevölkerung erst vor kurzem über die Tagesschule abgestimmt habe. Dabei sei die Mittagspause, die von der SP gar noch verlängert worden sei, ein zentrales Thema gewesen. Was die SP nun mache, sei grotesk. «Sie haben in ihrem Machtrausch jegliche Scham verloren.»

Stadtrat: «Wir würden uns zur Lachnummer machen»

Auch der Schulvorsteher Filippo Leutenegger (FDP) riet eindringlich davon ab, die Mittagspause so kurz nach der Volksabstimmung zu verkürzen: «Damit würden wir uns zur Lachnummer machen.» Zudem sprächen auch organisatorische Gründe gegen den späteren Unterrichtsbeginn. An einzelnen Schulen sei er vielleicht möglich, an anderen aber nicht.

Das wiederum konnte die AL nicht nachvollziehen. Sophie Blaser sagte: «Dass unsere grossartige Stadt daran scheitern soll, den Unterrichtsbeginn um 30 Minuten zu verschieben, das kann ich nicht recht glauben.»

Am Ende lehnte der Gemeinderat dann zwar die Einzelinitiative ab, weil sie zu wenig präzis formuliert gewesen sei. Die parlamentarische Initiative mit der verkürzten Mittagspause hat der Rat aber zumindest vorläufig unterstützt. Nun muss sich die zuständige Gemeinderatskommission damit befassen. Die Diskussion um den früheren Schulbeginn geht also weiter.

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