Der Maximalismus löst den jahrelang gefeierten Minimalismus ab. Auch auf der Nase: Die Sonnenbrille wird wieder gross. Sehr gross.
Was sich im Interior-Design längst durchgesetzt hat – mehr Farbe, mehr Muster, mehr Dekor, Zierkissen und Tapeten –, zeigt sich nun auch im Gesicht: Die Sonnenbrille wird vom Diktat des Minimalismus befreit. Nach Jahren, in denen wir uns modische Kleinstfassungen aufsetzen liessen, die eher ein widerwilliges Zugeständnis an den UV-Schutz waren, kehrt die Oversize-Sonnenbrille zurück.
Ihr Zuständigkeitsbereich reicht weit über die Augenpartie hinaus – oft von den Brauen bis hinunter zu den Wangenknochen. Noch mehr verdecken als offenbaren Modelle mit dickem Acetat-Rahmen. In Zeiten, in denen Gesichter, Gefühle und Meinungen fast pausenlos in sozialen Netzwerken, Video-Calls und Dating-Apps geteilt werden, scheint der Wunsch nach Abschirmung gross – und paradoxerweise verknüpft mit jenem nach Sichtbarkeit. Denn je grösser die Fläche, hinter der man verschwinden kann, desto mehr Aufmerksamkeit ist garantiert. Ganz ohne Preisgabe – was will man mehr?
