Der Hörsystemehersteller Sonova gewinnt wieder Marktanteile. Die neue Technologieplattform stösst auf reges Interesse, was der Rentabilität zugutekommen wird.
Sonova hat die Erwartungen des Marktes nicht ganz erfüllt. Mit einem Umsatzwachstum in Lokalwährung von 5,9% hat der führende Hersteller von Hörsystemen zwar die Vorgaben für die erste Hälfte des laufenden Geschäftsjahres 2024/25 leicht übertroffen. Doch die Schmälerung der Rentabilität fiel umfangreicher aus, als es die Analysten im Vorfeld erwartet hatten.
Die bereinigte Betriebsgewinnmarge auf Stufe Ebita reduzierte sich gegenüber dem Vorjahr von 20% auf 17,7%. Erwartet worden war lediglich ein Rückgang auf rund 18,8%.
Die Reaktion der Börse fiel dementsprechend aus: Heute Dienstag eröffneten die Sonova-Aktien um fast 4% unter dem Vortagesschlusskurs und zählten zu den schwächsten Titeln im SMI.
Damit haben die Valoren etwas von ihrem Vorsprung eingebüsst, den sie sich in den vergangenen Monaten erarbeitet hatten. Innerhalb eines Jahres haben die Sonova-Aktien deutlich besser abgeschnitten als die der Konkurrenz. Auch die von The Market im Frühjahr geäusserte Beobachtung, dass sich aus Bewertungsgründen ein Wechsel von Straumann zu Sonova bezahlbar machen könnte, ging auf.
Sonova schneidet besser ab als Konkurrenz
Neue Geräte finden grossen Anklang
Längerfristig engagierte Investoren sollten sich deswegen nicht beunruhigen lassen. Zum einen entwickelte sich der gesamte Hörgerätemarkt in der Berichtsperiode etwas weniger gut. Das Marktwachstum sei rund 2% geringer ausgefallen als erwartet, erklärte Sonova-Konzernchef Arnd Kaldowski an einer Telefonkonferenz.
Zum anderen gehen die Gewinne immer vorübergehend etwas zurück, wenn das Unternehmen eine neue Technologieplattform lanciert. Das geschieht alle zwei Jahre. Dieses Mal war der Wechsel jedoch besonders umfangreich. Und er wurde durch Marketingbemühungen unterstützt, wie es Sonova noch nie erlebt hat.
Die Kosten für Vertrieb und Marketing lagen mit fast 700 Mio. Fr. um 12,5% über Vorjahr und entsprachen damit 38% (Vorjahr: 35,7%) des Umsatzes. Zudem mussten Betriebsstrukturen aufgebaut werden, u. a. der Bau eines neuen Werks in Mexiko.
Die auf der neuen Plattform Infineo basierenden Geräte wurden im August in den USA und im September in Europa lanciert. Es sei der bisher grösste Launch-Anlass in der Firmengeschichte von Sonova gewesen, erklärte Kaldowski. Mehr als die Hälfte der neuen Hörgeräte wurden mit einem zusätzlichen, eigens entwickelten Halbleiterchip (Sphere) verkauft, der sich erstmals künstlicher Intelligenz bedient, um adaptiv auf Umgebungsgeräusche reagieren zu können.
Marktanteile steigen wieder
Das Echo der Grosshändler auf die Infineo-Geräte sei äusserst gut gewesen, sagt Kaldowski. Im August sei der Marktanteil von Sonova in den USA um fünf Prozentpunkte gegenüber dem Vormonat gestiegen. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, denn in den vergangenen Jahren musste das Unternehmen in dieser wichtigen Region (Umsatzanteil 30%) Anteile an die Konkurrenz abgeben.
Ein entscheidender Grund war der Verlust des lukrativen Costco-Auftrags vor zwei Jahren. Der Grossverteiler ist in den USA ein sehr wichtiger Vertriebskanal, über den rund 15% aller Hörgeräte verkauft werden. Seit dem vergangenen Monat kann Sonova endlich wieder Geräte an Costco liefern.
Wie üblich können die auf der neusten Technologie beruhenden Hörgeräte mit einer Prämie verkauft werden. Die Preise gegenüber der Vorgängergeneration (Lumity) lägen im «mittleren einstelligen Prozentbereich» darüber, wobei die Prämie für Sphere noch höher läge. Für sie könnte ein im «zweistelligen Prozentbereich» höherer Preis verlangt werden, sagte der Konzernchef.
Ebenso normal ist, dass Sonova nicht nur am meisten mit den allerneusten Geräten verdient, sondern er im Vorfeld der Lancierung auch Preisnachlässe auf den älteren Modellen gewähren muss. Die sinkenden Durchschnittspreise der Hörgeräte während des Berichtszeitraums ist denn auch der Hauptgrund für die deutliche Margenschmälerung.
Auf Budgetkurs
Das Sonova-Management bleibt zuversichtlich, den Rückstand in der zweiten Hälfte des Fiskaljahres aufzuholen. Es bestätigt die Prognose, im Geschäftsjahr 2024/25 in Lokalwährung ein Umsatzwachstum von 6 bis 9% sowie einen um 7 bis 11% höheren bereinigten Betriebsgewinn auf Stufe Ebita zu erwirtschaften. In der Frankenrechnung könnte die Ebita-Marge leicht geringer ausfallen.
Etwas enttäuschend entwickelte sich das Geschäft mit eigenen Verkaufsstätten (Audiological Care). Das organische Umsatzwachstum betrug lediglich 1,1%. Laut Kaldowski verhielten sich die Kunden wegen der gedämpften Konjunkturstimmung zurückhaltend. Bei Neukunden sei die Entwicklung gut. Hingegen würden Kunden, die bereits ein Hörgerät besitzen, mit einem Ersatz länger zuwarten. Offenbar sind also auch Hörgeräte ähnlich wie andere Konsumgüter der jeweiligen Verbraucherstimmung stärker als erwartet ausgesetzt. Vor allem in den USA habe die höhere Teuerung einen dämpfenden Einfluss auf den Ersatz von Hörgeräten, meinte Kaldowski.
Bewertung hat sich erholt
In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Bewertung von Sonova deutlich erholt. Mittlerweile hat das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Gewinnschätzungen für das kommende Geschäftsjahr wieder ein leicht überdurchschnittliches Niveau erreicht. Es scheint jedoch verdient zu sein, denn das Blatt hat sich zugunsten des Unternehmens gedreht. Die Marktanteilsverluste dürften gestoppt sein. Zudem deutet die erfolgreiche Lancierung der neusten Technologieplattform darauf hin, dass auch die Margen von Sonova wieder steigende Tendenz aufweisen.