1975 starb der Diktator Francisco Franco, und Spaniens Weg zur Demokratie begann. Zum 50. Jahrestag plant die Regierung mehrere Festakte, doch die tiefe Spaltung der Spanier trübt die Feierlaune.
Das Jahr hat kaum angefangen, und schon ist in Spanien ein Streit über den richtigen Umgang mit der Vergangenheit entbrannt. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez will das Ende der Diktatur vor fünfzig Jahren gebührend feiern und hat für das Jubiläumsjahr 2025 rund 100 Festakte und Veranstaltungen zum Thema «Spanien in Freiheit» angekündigt.
«Was wir im Laufe dieses Jahres würdigen wollen, ist die Tatsache, dass sich die spanische Gesellschaft 1975 für Demokratie und Freiheit entschieden hat», so Sánchez beim ersten Festakt zu Wochenbeginn, und er erinnerte an die dunklen Jahre des Franquismus. Sánchez wählte für seinen Auftritt das Madrider Reina-Sofia-Museum. Dort ist Pablo Picassos berühmtes Bild «Guernica», eines der wichtigsten antifranquistischen Symbole, das die Greuel des Bürgerkriegs (1936–1939) aufzeigt, in einem eigenen Saal ausgestellt.
Lückenhafte Geschichtskenntnisse bei spanischer Jugend
Freiheit, mahnte Sánchez, sei keine dauerhafte Errungenschaft, die Gefahr, dass sich die Geschichte wiederhole, bestehe immer. Besonders junge Menschen, die in der Demokratie aufgewachsen seien, liessen sich leicht von Kräften verführen, die Ordnung und Sicherheit versprächen. «Die heutige Rechte wird von Elon Musk angeführt, der unsere Institutionen angreift, Hass schürt und dazu aufruft, die Nazi-Erben in Deutschland zu unterstützen», so der sozialistische Regierungschef.
Sánchez stützt sich dabei auf eine Umfrage, die zeigt: 26 Prozent der jungen Männer in Spanien würden unter bestimmten Umständen ein autoritäres Regime der Demokratie vorziehen. Zudem bescheinigt die Studie der jüngeren Generation nur lückenhaftes Wissen über die Geschichte des Landes, insbesondere über den Bürgerkrieg.
Spanien ist nicht das einzige Land, das den Beginn der Demokratie würdigt. Letztes Jahr feierten die Portugiesen im April den 50. Jahrestag der Nelkenrevolution, und Griechenland zelebrierte im Juli das Ende der Militärdiktatur vor 50 Jahren. In Spanien jedoch fehlt bis heute eine einheitliche Deutung der Geschichte, was die Gesellschaft tief spaltet.
Historiker wie der Katalane Joan Maria Tomàs betonen, dass Spaniens Diktator, anders als in vielen anderen Ländern, nicht gestürzt wurde, sondern nach langer Agonie im Krankenbett starb. Nach dem Tod des Diktators blieb öffentliche Erleichterung aus, viele Menschen reagierten zunächst bestürzt. Die Franquisten hielten sich zudem noch ein Jahr lang an der Macht, bevor sie diese im Parlament abgaben und die ersten Wahlen stattfanden.
Im Gegenzug wurde den Franquisten Straffreiheit zugesichert, was laut Tomàs dazu führte, dass sich die gesellschaftlichen Strukturen auch nach der Einführung der Demokratie kaum änderten. «Es gab zwei unterschiedliche Interpretationen der Geschichte, eine der republikanischen Verlierer des Bürgerkriegs und eine der franquistischen Gewinner», so der Historiker – und das gilt bis heute.
Warnung vor bürgerkriegsähnlichen Spannungen
In dieser Situation könnte der spanische König eine beruhigende Rolle spielen, doch Felipe VI. nahm an keiner Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer von Bürgerkrieg und Diktatur teil, auch nicht am Festakt im Reina-Sofia-Museum. Stattdessen empfing er lateinamerikanische Botschafter zur Akkreditierung.
Auch der konservative Partido Popular und die rechtspopulistische Vox blieben dem Auftakt der Feierlichkeiten fern und kündigten an, an keiner der diesjährigen Veranstaltungen teilzunehmen.
Der Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo kritisierte, dass Sánchez nur von den Problemen seiner Minderheitsregierung ablenken wolle, während Madrids Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso unterstellte, dass Sánchez mit den Festakten eine bürgerkriegsähnliche Spannungen schüre. Schon 2022 war das vom Parlament verabschiedete Gesetz zur demokratischen Erinnerung von den Konservativen als Versuch, alte Wunden aufzureissen, abgelehnt worden. Vertreter von Vox verharmlosen immer wieder die 40 Jahre währende Diktatur nach dem Bürgerkrieg. So bezeichnete Manuel Mariscal, einer der 33 Vox-Abgeordneten im spanischen Parlament, die Franco-Zeit als eine Phase des Wiederaufbaus, des Fortschritts und der Aussöhnung der spanischen Gesellschaft.
Noch immer sind Tausende von Opfern nicht geborgen
Nicht nur die rechte Parteienlandschaft kritisierte Sánchez, auch aus der extremen Linken hagelte es Kritik. Die Festakte seien nur dazu da, um davon abzulenken, dass man bisher viel zu wenig für die Opfer der Diktatur getan habe, so Ione Belarra, die Generalsekretärin der linkspopulistischen Partei Podemos. Belarra beklagte, dass kein einziger Handlanger des Regimes je verurteilt worden sei. Zudem bleibt das Amnestiegesetz von 1977 in Kraft, das den Franquisten im Austausch für die Machtübergabe zusicherte, dass ihre Verbrechen nie geahndet würden.
Auch der Vorsitzende des Verbands zur Wiedererlangung der historischen Erinnerung (ARMH), Emilio Silva, dessen Grossvater von Francos Todesschwadronen erschossen und in einem Massengrab verscharrt wurde, beklagt die Situation. Silva erklärte, Sánchez habe keinen Grund zum Selbstlob. Der ARMH, der mehr als 5000 Opfer exhumierte, prangert die zu langsame Bergung der noch verscharrten Opfer an.