Wegen der Wohnungsnot soll Airbnb 66 000 Inserate von der Website nehmen. Die Vermietungsplattform will gegen den Gerichtsentscheid Berufung einlegen. Das Problem der dramatisch gestiegenen Mieten ist damit nicht gelöst.

Airbnb steht in Spanien unter Druck. Die Vermietungsplattform soll fast jedes fünfte Inserat von ihrer Plattform löschen. Das entspricht 65 935 Anzeigen. Diesen Entscheid erwirkte Spaniens Regierung zu Wochenbeginn mit Unterstützung des Obersten Gerichtshofs in Madrid.

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Ziel der Massnahme ist es, die Wohnungsnot in Spanien zu lindern. Gemäss aktuellen Umfragen ist das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum derzeit das grösste Problem der Spanier. Laut dem Immobilienportal Idealista.com haben sich die Mieten in Spanien im letzten Jahrzehnt verdoppelt, in Madrid kostet der Quadratmeter bereits 21,40 Euro. Damit können sich insbesondere junge Menschen, die noch wenig verdienen, oft kaum eine Wohnung leisten. Auch die Mittelschicht kommt angesichts der rasant gestiegenen Mietpreise immer mehr an ihre Grenzen. In vielen Haushalten wird mehr als die Hälfte des Nettogehalts für die Miete verwendet.

Einheimische sollen Vorrang bekommen

Die Regierung von Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte bereits zu Jahresbeginn einen Zwölf-Punkte-Plan vorgestellt. Um die Vermieter dazu zu bringen, ihre Immobilien an Einheimische und nicht an Touristen zu vermieten, will die Regierung die Renovierung von Wohnungen finanziell unterstützen. Gleichzeitig müssen Vermieter, die sich an den staatlichen Mietindex halten, nur noch fünf Prozent ihrer Mieteinnahmen versteuern. «Wir haben zu viel Airbnb und zu wenig Wohnungen», so Sánchez.

Allein in Madrid und Barcelona stehen derzeit noch 45 000 Airbnb-Unterkünfte zur Verfügung. Nun muss die Plattform alle Anzeigen löschen, die die erforderliche Lizenznummer nicht haben und bei denen man nicht erkennen kann, ob es sich um einen professionellen oder einen privaten Vermieter handelt. Eine Lizenznummer erhält nur, wer gewisse Auflagen erfüllt. Laut dem Verbraucherschutzminister Pablo Bustinduy will man die Intransparenz im Ferienwohnungsgeschäft in den Griff bekommen und gleichzeitig die Rechte der Verbraucher stärken. «Das Recht auf eine Wohnung steht über allen anderen wirtschaftlichen Interessen», so Bustinduy. Er habe Airbnb schon vor Monaten aufgefordert, die illegalen Anzeigen zu löschen.

Airbnb will sich wehren

Die Plattform Airbnb, die im letzten Jahr ihren Umsatz weltweit um 12 Prozent auf 11,1 Mrd. Dollar erhöhen konnte, teilte am Dienstag mit, dass man sich gegen die Anordnung vor Gericht wehren wolle. Sie stehe in Widerspruch zu spanischem und europäischem Recht. Das Unternehmen könne auch nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass es in Spanien nicht genügend Wohnungen gebe. Es sei erwiesen, dass man in Grossstädten wie Amsterdam, Barcelona, Edinburgh oder New York, in denen die Vorschriften für Kurzvermietungen besonders streng seien, das Problem der lokalen Wohnungsknappheit nicht gelöst habe.

Aus Sicht von Airbnb würden solche Massnahmen Familien schaden, die von der Vermietung lebten. Die durchschnittliche Belegungsrate bei Airbnb in Spanien liegt bei 67 Prozent. Pro Nacht zahlt der Gast 107 Euro. Damit kann ein Airbnb-Vermieter im Schnitt 25 812 Euro Einnahmen pro Jahr erzielen.

Ende 2028 wird Airbnb in Barcelona verboten

Die geplante Streichung des Airbnb-Angebots trifft vor allem die Hauptstadt Madrid und die Ferienorte an der Mittelmeerküste einschliesslich der Balearen. Das sind auch die Hotspots des Übertourismus, der in Spanien zu immer mehr Protesten führt. In Barcelona kam es letztes Jahr sogar so weit, dass Touristen mit Wasserpistolen beschossen wurden. Auf Mallorca wurden Strände besetzt, und in Málaga skandierten Anwohner «Fuera de nuestros barrios» (raus aus unseren Vierteln).

Auch in den Rathäusern sieht man mittlerweile Handlungsbedarf. Der konservative Madrider Bürgermeister José Luis Martínez Almeida begrüsste das Verbot von Airbnb-Inseraten, die die Auflagen nicht erfüllen. Sein Amtskollege in Barcelona, Jaume Collboni, will bis Ende 2028 allen Airbnb-Unterkünften die Lizenz entziehen.

Im letzten Jahr wuchs die Zahl der Touristen in Spanien um zehn Prozent auf 94 Millionen, dies war ein neuer Rekord. Für dieses Jahr erwartet die Reisebranche ungeachtet der Proteste fast 100 Millionen Feriengäste.

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