Sonntag, Oktober 6

Die Walliser Weinbauer haben es erneut mit einem mutmasslichen Betrüger zu tun. Er ist in Machenschaften verwickelt, die die Branche bereits vor zehn Jahren in Verruf brachten.

Die Walliser sind stolz auf ihren Wein, auf ihren Pinot noir, auf ihren Merlot, auf ihren Chasselas. Das Siegel AOC Valais soll diesen Stolz in die Schweiz hinaustragen. Nur Weine von den Hängen zwischen Le Bouveret und Visp dürfen sich damit schmücken – und auch das nur, wenn der Wein strenge Auflagen erfüllt. Der Zuckergehalt muss stimmen, der Ertrag und die Dichte der Rebstöcke am Berg. Das Siegel steht für Exklusivität, für Qualität. Eigentlich.

Diese Woche wurde bekannt, dass Hunderttausende von Litern an billigem Wein mit dem Siegel in der Schweiz verkauft worden sind. Die Walliser Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren eingeleitet, wie «Le Nouvelliste» zu Beginn der Woche berichtete.

Der Wein stammte aus Spanien oder Schaffhausen

Im Zentrum des Verfahrens steht der Weinhändler Cédric Flaction, der zwei Kellereien in der Region leitet. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Hunderttausende Liter Wein illegalerweise unter der Bezeichnung AOC Valais verkauft zu haben. Auf den Flaschen stand Walliser Pinot noir, Merlot, Syrah oder Dôle blanche, darin steckte jedoch Wein von anderswo, aus Spanien, aus Schaffhausen etwa. Flaction hat laut Anklageschrift zudem überschüssige Walliser Trauben gekauft und daraus illegalerweise Wein produziert. Dies habe er zugegeben.

Die Staatsanwaltschaft konnte den Verkauf von 315 000 Litern falschem Walliser Wein belegen. Teile des Weins unbekannter Herkunft seien mit solchem Walliser Herkunft vermischt worden, andere seien unverschnitten als Walliser Wein verkauft worden. Damit hätten die Kellereien Flactions einen Erlös von 2,5 Millionen Franken erzielt. Die Staatsanwaltschaft schätzt den Gesamterlös jedoch auf knapp 12 Millionen Franken. Zu den Kunden von Flactions Kellereien gehören unter anderem grosse Namen wie Mövenpick oder Caves Garnier.

Laut der Anklageschrift trieben Flaction und seine Komplizen von 2009 bis 2016 ihr Unwesen. Der Kanton Wallis hatte bereits 2017 Strafanzeige eingereicht. Die Vorwürfe lauten unter anderem auf Betrug und Urkundenfälschung. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Teil eines grösseren Systems

Die Anklage lässt vermuten, dass Flaction Teil eines grösseren Betrugssystems sei. Er selbst hat Dutzende von Rechnungen und die Buchhaltung gefälscht und dabei Namen mehrerer Walliser Weinkellereien missbraucht, um die Herkunft seiner Weine zu verschleiern und Kontrollen zu umgehen. Teilweise liess er sich auch falsche Belege von Komplizen ausstellen. 2020 wurde in dem Zusammenhang ein Weinbauer in Hallau wegen Urkundenfälschung verurteilt.

In der Anklageschrift taucht zudem ein Name immer wieder auf, der die Walliser Weinbauern schon vor zehn Jahren in Verruf brachte: Dominique Giroud. Der Walliser Weinhändler Giroud hatte während mehrerer Jahre Einnahmen unterschlagen und Weine falsch etikettiert. Er wurde wegen Steuerbetrug, Abgabebetrug und Urkundenfälschung verurteilt. Zudem musste er Steuern in Millionenhöhe nachzahlen. Giroud sagte damals, dass solche Machenschaften üblich seien unter den Walliser Weinbauern.

Laut den Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft haben Giroud und Flaction häufig miteinander geschäftet. Die beiden waren befreundet. Giroud hat Flactions Kellereien mit dem Kauf von ausländischem Wein beauftragt, seine Unternehmen tauchen zudem auf den fingierten Rechnungen auf. Im Rahmen der Ermittlungen wurden unter anderem Girouds Wohnung und seine Firmen durchsucht. Es wurde jedoch kein erneutes Verfahren gegen Giroud eingeleitet.

Der Betrug ging wohl weiter

Girouds Anwalt sagte gegenüber «Le Nouvelliste», dass sein Mandant nichts von den Anschuldigungen wisse. Flaction wolle sich erst vor Gericht äussern, sagte sein Verteidiger. Die Anhörungen finden Ende August vor dem Bezirksgericht Sitten statt.

Flaction war bis 2014 Vorstandsmitglied des Branchenverbands der Walliser Weine (IVV). Er wurde wegen der «Affäre Giroud» zuerst vom Amt suspendiert, dann folgte sein Rücktritt. Der IVV-Präsident Yvan Aymon begrüsste im Interview mit «Le Journal du Jura» die Ergebnisse der Ermittlungen. Er betonte, dass viele der Akteure im gegenwärtigen Verfahren bereits in jenem gegen Giroud genannt worden seien. Zum ersten Mal sei das System von damals im Detail aufgedeckt worden. Aymon bezweifelt, dass die Verurteilung Girouds den Betrügereien ein Ende gesetzt hat. 2022 hat die Polizei laut dem IVV erneut zwei Lastwagen voll ausländischem Wein entdeckt – die Flaschen trugen das Siegel AOC Valais.

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