Donnerstag, März 13

In dieser Woche starten die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD. Ein internes Papier deutet auf erhebliche Differenzen in der Asylpolitik hin.

Ein Kernanliegen im Wahlkampf von CDU und CSU war die Verschärfung der deutschen Asylpolitik. Im Sondierungspapier einigten sich die Parteien unter anderem auf «Zurückweisungen an den Staatsgrenzen» in Abstimmung mit den europäischen Nachbarländern. Allerdings bleibt offen, ob die künftige Koalition bei dieser Einigung bleibt, denn bei den Sozialdemokraten wird die Debatte kontrovers geführt.

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In einem Papier, aus dem die «Welt» zitiert, zeichnen Politiker der SPD-internen Arbeitsgruppe (AG) «Migration und Vielfalt» ein Konzept, das den Vorstellungen der Unionsparteien CDU und CSU grundlegend widerspricht. Der AG stehen die baden-württembergische Kommunalpolitikerin Stella Kirgiane-Efremidou und Aziz Bozkurt, Staatssekretär für Soziales beim Bundesland Berlin, vor. Sie besteht aus elf Mitgliedern insgesamt.

Ihr Vorschlag sieht beispielsweise die Einführung eines «Bundesfachkräfte-Programms für jährlich 500 000 Personen» vor. Ziel sei es, den «demografischen Wandel zu bewältigen und den Fachkräftebedarf zu decken». Das Programm gelte auch für «flüchtende Menschen» oder solche, die «Qualifikationen mitbringen oder ein nachvollziehbares Potenzial haben, eine Qualifikation in Deutschland zu erlangen».

Eine halbe Million Zuwanderer pro Jahr?

Zum Vergleich: Im Jahr 2024 kamen etwa 200 000 ausländische Fachkräfte aus Staaten ausserhalb der Europäischen Union mit dem Zweck der Erwerbstätigkeit nach Deutschland. Die von der SPD-Arbeitsgruppe angestrebte Zuwanderung übersteigt dieses Niveau somit deutlich.

Darüber hinaus fordert die SPD-Arbeitsgruppe in dem Papier ein Wahlrecht für alle Ausländer, die «langfristig in Deutschland leben», unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft. Auch diese Forderung dürfte für die CDU/CSU einem Affront gleichkommen. Im Wahlkampf versprach die Union das Staatsbürgerschaftsrecht der Ampel-Koalition rückgängig zu machen– auch wenn sie davon inzwischen abgerückt ist.

Die Arbeitsgruppe nennt ausserdem das Ziel, dass ausreisepflichtige Menschen unter bestimmten Voraussetzungen eine dauerhafte Perspektive in Deutschland erhalten sollen, da Ausschaffungen in vielen Fällen weder «umsetzbar noch sinnvoll» seien.

SPD-Gruppe: Abschiebungen nur als Ausnahme

Sie schlägt stattdessen eine «allgemeine Aufenthaltserlaubnis für vollziehbar ausreisepflichtige Personen» vor. Abschiebungen sollen nur als letztes Mittel angewandt werden, etwa bei Intensivstraftätern oder bei wiederholtem Missbrauch des Asyl- und Sozialsystems. Zur Umsetzung dieser migrationspolitischen Ziele soll ein «Ministerium für Migration und gesellschaftliche Teilhabe» geschaffen werden.

Das Papier stammt allerdings nicht aus der offiziell zuständigen Arbeitsgruppe für die Koalitionsverhandlungen, die vom Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Dirk Wiese angeführt wird. Der gehört dem konservativen Flügel der SPD an.

Wiese hat sich bisher zu dem Papier nicht öffentlich geäussert. Die Verhandler haben sich darauf verständigt, Streitpunkte nicht öffentlich zu kommentieren. In einem Interview mit dem «Deutschlandfunk» zu Beginn der Woche sagte Wiese aber, dass die Sozialdemokraten sich bei den Koalitionsgesprächen auf Kompromisse einstellen müssten. Die SPD könne ihre Politik nicht zu hundert Prozent umsetzen, so Wiese.

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