Auf der italienischen Seite des Monte Rosa hat sich ein Felssturz ereignet. Das Ereignis wurde erst nach Tagen publik.

Dunkler Staub auf dem hellen Schnee zeugt von dem Material, das niedergegangen ist: Wie erst vor kurzem bekanntwurde, hat sich auf der italienischen Seite des Monte Rosa, unterhalb der Dufourspitze, vor einer Woche ein Felssturz ereignet.

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Das Gestein löste sich in der Nacht vom 26. auf den 27. Dezember. Um 23 Uhr 24 registrierte der Schweizerische Erdbebendienst an der ETH Zürich das Ereignis in der Nähe von Zermatt mit einer Magnitude von 2,1.

Aufgrund der Signale sei klar, dass es sich nicht um ein Erdbeben handle, sondern um einen Felssturz, sagt Philipp Kästli vom Erdbebendienst. Die Erschütterung habe ungefähr eine Minute gedauert. Er spricht von einem vergleichsweise grossen und aussergewöhnlichen Ereignis.

Gebiet gesperrt

Laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa hatte der Felssturz seinen Ursprung auf rund 3200 Metern über Meer. Das Gestein rollte bis zum Ufer des Locce-Sees in 2200 Metern Höhe. Berichte über Verletzte oder Schäden liegen bis anhin nicht vor. Gemäss der Feuerwehr, die das Gebiet untersucht, sind weitere Ablösungen nicht ausgeschlossen. Der Bürgermeister der Gemeinde Macugnaga hat den Zutritt zum Bereich rund um die Ostwand des Monte Rosa verboten. Das Gebiet zwischen Italien und der Schweiz ist insbesondere im Sommer bei Berg- und Tourengängern beliebt.

Inzwischen gibt es laut Kästli Luftbilder vom Gebiet, in dem sich Gestein löste. Zudem hat ein einheimischer Bergretter auf den sozialen Netzwerken ein Drohnenvideo der Spuren veröffentlicht: Ein langer Schuttstrom überzieht die Felsmassen im betroffenen Gelände. «Wie auch die Seismogramme zeigen die Bilder, dass relativ viel Material niedergegangen ist», sagt Kästli.

Das genaue Ausmass des Felssturzes ist allerdings noch nicht bekannt. Der Glaziologe Jan Beutel schätzte die Menge im «Walliser Boten» auf 150 000 bis 300 000 Kubikmeter. Zum Vergleich: Beim Bergsturz am Piz Cengalo im August 2017 zeigte der Seismograf eine Magnitude von 3 an, damals rutschten über 3 Millionen Kubik Gestein ins Tal.

Auslöser unklar

Flavio Anselmetti ist Professor am Institut für Geologie der Universität Bern. Er sagt, die Bilder des Felssturzes am Monte Rosa seien spektakulär. Überrascht ist der Experte vom Ereignis allerdings nicht. Bergstürze seien im hochalpinen Gebiet normal. Viele würden gar nicht registriert oder erst Tage oder Wochen später. Ein Beispiel: Einwohner der Gemeinde Glarus Süd bemerkten Anfang Oktober erst einige Tage nach einem Felssturz, dass das Grosse Tschingelhorn, schräg über dem Martinsloch, plötzlich anders aussieht.

Was genau den Felssturz am Monte Rosa verursachte, ist noch unklar. Flavio Anselmetti sagt, normalerweise brauche es für einen Felssturz zwei Dinge. Erstens eine Grunddisposition, zum Beispiel brüchiges Gestein, schmelzender Permafrost, eine Schichtneigung. Und zweitens einen Auslöser wie ein Erdbeben, Starkniederschlag oder Tauzyklen. Das Wetter rund um das Monte-Rosa-Gebiet sei in den letzten Wochen nicht aussergewöhnlich warm gewesen. Anselmetti sagt: «Es gibt keinen offensichtlichen akuten Auslöser.» Darum brauche es nun detaillierte Analysen vor Ort.

Unbestritten ist, dass der Permafrost aufgrund des Klimawandels schwindet. Das führe vielerorts zu einer Destabilisierung des Gebirges, sagt Anselmetti, insbesondere auf über 2500 Metern über Meer. Statistisch häufen sich Felsstürze in dieser Höhenlage deshalb signifikant.

Es könne sein, dass die betroffene Ostflanke am Monte Rosa durch tauenden Permafrost über die Jahre hinweg instabiler geworden sei. Daraus zu schliessen, dass der Klimawandel für den Niedergang des Gerölls verantwortlich war, hält Anselmetti aber für voreilig. Er sagt: «Auch bei stabilem Klima gibt es solche Vorfälle.»

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