Freitag, November 15

Peter Spuhler kann von Glück reden, sich vom maroden Stahlhersteller Swiss Steel distanziert zu haben. Doch der Hauptaktionär von Stadler Rail hat auch so Probleme genug.

Swiss Steel leidet schwer unter der Krise im Automobilsektor und im Maschinenbau. Wie der gesamten Stahlbranche fehlt es auch dem Schweizer Anbieter zunehmend an Bestellungen.

Auch wenn es für die betroffenen Mitarbeiter eine bittere Erkenntnis ist: Kostensenkungen sind vor diesem Hintergrund ein Muss. Nur so lassen sich, Stand heute, wenigstens die verbleibenden knapp 7000 Arbeitsplätze retten.

Der geplante Personalabbau, der dem Pensum von 800 Vollzeitbeschäftigten entspricht, wird zum grossen Teil Standorte in Europa ausserhalb der Schweiz treffen. Doch auch in Emmenbrücke sollen 130 von zurzeit noch 750 Arbeitsplätzen wegfallen.

Aufträge hat Stadler mehr als genug

Peter Spuhler ist bei Swiss Steel immer noch investiert, aber er dürfte gottenfroh sein, seinen Ausstieg bereits im vergangenen Frühjahr in die Wege geleitet zu haben. Dank einer Verkaufsoption kann der Unternehmer seine Anteile an den Hauptaktionär Martin Haefner veräussern. Haefner, mit dem sich Spuhler überworfen hat, muss nun weitgehend allein schauen, ob und wie der marode Stahlhersteller wieder auf die Beine gebracht werden kann.

Als Verwaltungsratspräsident und Hauptaktionär von Stadler Rail hat Spuhler genug eigene Probleme. Der Schienenfahrzeughersteller hat zwar volle Auftragsbücher, doch schafft er es seit Jahren nicht, die vielen Bestellungen in steigende Umsätze sowie höhere Gewinne umzumünzen.

Im Management der Erwartungen versagt

Spuhler hält noch immer knapp 42 Prozent des Kapitals von Stadler. Mit dem Börsengang im April 2019 nahm er grosse Veränderungen in Kauf. Der Patron, der Stadler von einem Kleinunternehmen zu einem Grosskonzern aufgebaut hatte, stand auf einmal im Rampenlicht des Kapitalmarkts. Wie an früheren Bilanzmedienkonferenzen bloss über Bestellungen der Bahngesellschaft X und des Metro-Betreibers Y zu parlieren, ging nicht mehr. Nun musste die Firmenleitung detailliert zu Erträgen sowie zum erwarteten Geschäftsgang Auskunft geben.

In den gut fünf Jahren seit dem Börsengang gelang es Spuhler und seiner Führungscrew so gut wie nie, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Anleger reagierten denn auch zunehmend ungnädig auf die Enttäuschungen: Seit dem Börsengang hat sich der Aktienkurs von Stadler halbiert.

Unglückliche Umstände

Die Unternehmensführung trifft nicht allein die Schuld, dass die Geschäftszahlen immer wieder schlechter als prognostiziert ausfielen. Stadler hatte seit dem Börsendebüt mit deutlichen Aufwertungen beim Franken, unterbrochenen Lieferketten wegen der Pandemie sowie jüngst den Folgen von Überflutungen in gleich drei europäischen Regionen zu kämpfen.

Doch das Unternehmen leistete sich auch hausgemachte Probleme. So baute Stadler in der Vergangenheit in Verträgen nicht ausreichend Klauseln ein, um mit steigenden Rohstoffpreisen fertigzuwerden. In die Bredouille brachte den Konzern auch die IT. Wegen Softwareproblemen verzögerte sich die Freigabe neuer Züge durch nationale Aufsichtsbehörden. Auch der Grossauftrag der Berliner Verkehrsbetriebe, der eigentlich ein Vorzeigeprojekt sein müsste, ist davon betroffen.

Nachwuchstalente müssen sich entfalten können

Spuhler verdient Respekt dafür, dass er in den vergangenen Jahren zahlreiche Nachwuchskräfte für die Konzernführung aufgebaut hat. Doch der Verwaltungsratspräsident scheint sich noch immer in einem Ausmass in das Tagesgeschäft einzumischen, das bei anderen kotierten Konzernen tabu wäre.

Damit erntet er unter Investoren zu Recht Skepsis. Spuhler ist denn auch gut beraten, seinen Leuten endlich mehr Freiheiten einzuräumen. Die Führungscrew ist im jetzigen Umfeld besonders gefordert. Sie muss dafür sorgen, dass die Rückstände bei der Auftragsentwicklung schnell aufgeholt werden und mehr Geld in die Kasse gelangt.

Applaus für Alstom

Dass sich auch ein Schienenfahrzeughersteller wie der sprichwörtliche Karren aus dem Dreck ziehen lässt, beweist zurzeit Alstom. Der französische Konzern, der jahrelang wegen Problemen bei der Integration seines Konkurrenten Bombardier zurückgeworfen worden war, erntete diese Woche grossen Applaus für seine verbesserten Geschäftszahlen.

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