Dienstag, März 4

Der Wettkampf ums Zürcher Stadtpräsidium und um Plätze in der Stadtregierung hat begonnen. Der aktuelle Stand.

Die neusten Entwicklungen

  • Am Montag, 3. 3., hat die SP zur Medienkonferenz mit Corine Mauch ins Cabaret Voltaire geladen. Die Stadtpräsidentin hat entschieden, 2026 nicht mehr anzutreten. Auch André Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartements, gab bekannt, dass er abtritt.
  • Filippo Leutenegger (FDP) tritt nicht mehr als Stadtrat an, wie er am Mittwoch, 26.2. in einem Interview mit der NZZ ankündigte. Er wolle sich auf das Präsidium der kantonalen FDP konzentrieren, dass er ebenfalls innehat. Um seine Nachfolge bewerben sich mehrere Kandidaten.
  • Daniel Leupi (Grüne) hat am Montag, 27. Januar, seine erneute Kandidatur angekündigt. Leupi muss von seiner Partei erst nominiert werden. Das dürfte Formsache sein. Auch um die Wiederwahl muss er kaum fürchten. Leupi sagt, es gelte die Angriffe vom Kanton auf die städtischen Finanzen abzuwehren, von denen der Stadt grossen Schaden drohe. Da brauche es «ein gewisses Gewicht» auf der Position des Finanzvorstehers.
  • Der Stadtrat hat beschlossen: Die Wahlen finden am 8. März 2026 statt. Das Datum eines allfälligen zweiten Wahlgangs ist der 10. Mai.
  • Die GLP bekundet ihre Absicht, bei den Wahlen 2026 mit zwei Kandidierenden für den Zürcher Stadtrat anzutreten.

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Die Wahlen in der Übersicht

Mit total 83 Amtsjahren ist die Zürcher Regierung überaltert. Deshalb stehen 2026 Veränderungen an. Zuallererst beim Präsidium, denn Corine Mauch (SP) verzichtet auf eine weitere Amtszeit. Ebenso die Stadträte Filippo Leutenegger (FDP) und André Odermatt (SP). Anders als 2022, als mit Simone Brander (SP) lediglich eine Stadträtin neu bestellt wurde, gibt es 2026 eine grössere Rochade. In den Parteien bringen sich mögliche Kandidatinnen und Kandidaten in Stellung.

Im Stadtrat stellt die SP heute 4 Sitze, die Grünen 2, die FDP 2; 1 Sitz wird von der GLP gehalten.

Corine Mauch verzichtet auf eine weitere Amtszeit als Stadtpräsidentin, das hat sie am Montag, 3. März, an einer SP-Medienkonferenz bekanntgegeben. Zuletzt deutete Corine Mauch in einem Radio-Interview mit Roger Schawinski noch an, dass sie erneut zu kandidieren gedenke. Das hat sich unterdessen geändert.

Stadtpräsidentin Mauch ist mittlerweile 16 Jahre im Amt. Knapp dahinter folgen André Odermatt (SP) und Daniel Leupi (Grüne). Mauch und Odermatt betonten kürzlich gegenüber der NZZ, dass sich ein Rücktritt vor Ende der Legislatur nicht gehöre. Doch zum Ende der Legislatur treten nun beide ab.

Nun gilt: Zürich bekommt nach 17 Jahren eine neue Stadtpräsidentin oder einen neuen Stadtpräsidenten. Aber wen? Lange Zeit hiess es, der Finanzvorstand Leupi wolle Mauch unbedingt beerben. Gegenüber den Tamedia-Zeitungen machte er kürzlich aber klar, dass er das Präsidium nicht anstrebe – und auch nie angestrebt habe.

Bei der FDP hat Stadtrat Michael Baumer, Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe, Ambitionen auf das Präsidium angemeldet. Unter Bürgerlichen gibt es aber auch Stimmen, die sich dafür eine Kandidatin oder einen Kandidaten von ausserhalb des traditionellen Parteiengefüges wünschen. Eine Figur wie Christian Jott Jenny, Theatermann und Gemeindepräsident von St. Moritz zum Beispiel, der von einer Allianz von SVP bis GLP getragen werden könnte.

Doch unter normalen Umständen wird die Frage nach der Mauch-Nachfolge nicht bei den Grünen oder den Bürgerlichen entschieden. Sondern in der SP, der mächtigsten Partei der Stadt. Das Präsidium ist seit 34 Jahren in ihrer Hand.

Der offensichtliche Kandidat wäre der Sozialvorstand Raphael Golta, gemäss den Wahlen 2022 der viertbeliebteste Stadtzürcher Politiker nach Mauch, Leupi und Odermatt.

Golta sagte am Montag (3.3.), dass er das Amt als Sozialvorsteher abgeben wolle, dass er aber in anderer Funktion im Stadtrat bleiben möchte. Das Amt des Stadtpräsidenten würde ihn «reizen». Nun wolle er erst in seinem politischem Umfeld Gespräche führen, ehe er einen Entscheid über eine Kandidatur fälle.

Aber geniesst Golta in der SP noch ausreichend Rückhalt?

Golta wurde 2014 gewählt. Die Partei ist seither sehr viel aktivistischer geworden. Und es ist gut möglich, dass es aus Sicht der Partei zwingend eine Präsidentin sein muss. Und kein Präsident.

Simone Brander wäre ebenfalls eine Bisherige, aber ein Wechsel der Velo-Politikerin weg vom Tiefbaudepartement drängt sich eher nicht auf. Deshalb ist es denkbar, dass die SP eine Neue auf den Schild hebt und quasi direkt ins Präsidentenamt befördert. So ist es bei Corine Mauch einst ebenfalls gewesen.

Mauch gelangte als unbekannte, farblose Gemeinderätin an die Spitze. Mit ihrer Wahl 2009 galt als erwiesen, dass die SP jede Kandidatin, jeden Kandidaten durchbringen kann. Mauch entwickelte erst im Amt und im Verlauf der Jahre Profil.

Manche sagen jetzt Nationalrätin Céline Widmer eine ähnliche Karriere voraus. Zumal sie im Hauptberuf bis vor kurzem Mitarbeiterin im Stab von Corine Mauch war.

Die erneute Kandidatur angekündigt haben Andreas Hauri (GLP), Vorsteher des Gesundheits- und Umweltdepartements, sowie Michael Baumer (FDP), Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe.

Mit grosser Wahrscheinlichkeit kandidiert erneut: Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne).

Tiefbauvorsteherin Simone Brander und Sozialvorsteher Raphael Golta (beide SP) treten ebenfalls nochmals an. Golta gab an der SP-Medienkonferenz vom 3. März bekannt, dass er das Departement wechseln wolle.

Für die Parteien birgt die Ausgangslage Risiken. Das gilt vor allem für die FDP. Die Partei mit einem Wähleranteil von 17,5 Prozent bei den Wahlen 2022 braucht zwei Stadtratssitze, wenn sie im rot-grün dominierten Stadtrat zumindest ein gewisses Gegengewicht bilden will.

Baumer wurde 2022 nur knapp gewählt, 1205 Stimmen lag er vor Walter Angst von den Alternativen. Damals war die Partei heilfroh um den prominenten zweiten Kandidaten Filippo Leutenegger, der zwar nicht glänzend, aber problemlos gewählt wurde. Doch nun muss es ohne ihn gehen; er hat seinen Rücktritt angekündigt.

Interessant ist die Frage, ob die Stadtregierung die politischen Vorlieben der Bevölkerung überhaupt abbildet – auch wenn die Stadtratswahlen Personenwahlen sind und die Sitze am Wahltag deshalb nicht proportional verteilt werden.

Hier zeigt sich ein klares Bild: Rot-Grün ist mit total sechs Sitzen deutlich übervertreten. Auch die FDP liegt mit zwei Sitzen etwas mehr über dem Wert, den der Wähleranteil rechtfertigen würde.

Am grössten ist das Missverhältnis bei der SVP, die einen Neuntel der Wählerinnen und Wähler vertritt, aber seit Jahrzehnten keinen der neun Sitze im Stadtrat innehat.

Wer könnte Leutenegger ersetzen? Der bestgewählte liberale Stadtzürcher bei den Nationalratswahlen 2023, Andri Silberschmidt, ist aus der Stadt weg ins Säuliamt gezogen. Und die Gesundheitspolitikerin Bettina Balmer fokussiert sich lieber auf den Nationalrat.

Ein valabler Kandidat wäre der städtische Parteipräsident Përparim Avdili. Ein albanischer Secondo als Kandidat würde der Partei in der Stadt Zürich Sympathiepunkte bringen. Ambitionen hat dem Vernehmen nach auch Flurin Capaul, redegewandter Gemeinderat aus Wiedikon.

Parteiintern wird allerdings der Ruf nach einer weiblichen Kandidatin neben Baumer laut. Bei den letzten Wahlen kandidierte Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel und blieb chancenlos. Momentan hält sie sich auf Anfrage bedeckt.

Aus der FDP-Gemeinderatsfraktion soll Marita Verbali, Unternehmerin und Spitalplanerin, Ambitionen hegen. Nicht zur Verfügung stehen hingegen Yasmine Bourgeois und Martina Zürcher, wie sie auf Anfrage der NZZ sagen.

Kaum ernsthafte Sorgen um Sitzverluste im Stadtrat muss sich die SP mit 28,6 Prozent Wähleranteil machen. Dort ist das parteiinterne Gerangel entscheidender als der Wahltag selbst. Wer vernetzter und beliebter ist in der Partei, gewinnt.

Mauch und Odermatt gelten als politische Zwillinge. Sie, die gleich alt sind und am gleichen Tag geheiratet haben, treten auch am selben Tag zurück. Bei der Partei, die streng auf korrekte Geschlechtervertretung achtet, wird somit ein Frauen- und ein Männersitz frei.

Bei den Frauen schwebt Nationalrätin Jacqueline Badran über allen, aber sie hat schon mehrfach eine Kandidatur erwogen, sich dann aber immer aus beruflichen Gründen dagegen entschieden. Und ihre Ratskollegin Min Li Marti hat 2021 bei der SP-internen Kandidatenausmarchung gegen Simone Brander eine bittere Niederlage eingezogen. Das spricht für Nationalrätin Céline Widmer.

Ambitionen auf den «Männersitz» dürften die Kantonsräte Tobias Langenegger und Andrew Katumba hegen. In der Stadt bringt sich für die allfällige Nachfolge von André Odermatt als Bauvorstand seit Jahren auch Marco Denoth in Stellung, ehemaliger Parteipräsident und Architekt von Beruf.

Auch die Stadtzürcher Grünen mit einem Wähleranteil von 14,3 Prozent dürften versuchen, einen dritten Sitz zu erreichen. Dafür kommt Anna-Béatrice Schmaltz infrage, Co-Präsidentin der städtischen Partei.

Schmaltz setzt sich für Tierschutz, für Queer- und für feministische Themen ein und dürfte in der Partei starken Rückhalt geniessen. Eine andere mögliche Kandidatin ist Selma L’Orange Seigo, kantonale Parteipräsidentin. Auf Anfrage zieht sie «grundsätzlich eine Kandidatur in Betracht».

In der Stadt werden die freien Sitze in der Regierung auch bei anderen Parteien Begehrlichkeiten wecken. Logisch ist eine zweite Kandidatur aus Sicht der GLP mit 13 Prozent Wähleranteil: Hauri hat als ihr bisheriger Kandidat beste Wiederwahlchancen, zu verlieren hat sie nichts.

Am Montag, 11. November, teilte die Stadtpartei mit, dass sie einen zweiten Sitz neben Andreas Hauri anstrebt. Dieser habe sich bewährt. «Angesichts dieser Erfolge strebt die GLP nun ein zweites Stadtratsmandat an, um liberale und ökologische Positionen im Stadtrat zu stärken.»

Bei den letzten Wahlen habe man im Stadtparlament lediglich einen Sitz weniger als die Grünen erzielt, die doppelt im Stadtrat vertreten seien. Sie könne auf eine «frische, starke Auswahl» zurückgreifen.

Nationalrätin Corina Gredig wäre eine naheliegende Wahl. Sie sagt auf Anfrage, sie könne sich «grundsätzlich ein Exekutivamt im Kanton Zürich» vorstellen. Auch Kantonsrätin Franziska Barmettler soll motiviert sein.

Eher harzig dürfte die Kandidatensuche bei den Parteien am linken und am rechten Rand verlaufen. Die AL mit 6,6 Prozent Wähleranteil befindet sich im Umbruch – eine charismatische Figur wie Walter Angst hat sie derzeit schlicht nicht.

Bei der SVP mit 11,1 Prozent Wähleranteil sind die Stadtratswahlen ein leidiges Thema. Mal für Mal werden ihre Kandidaten abgestraft. Seit 34 Jahren ist dies so. Initiativen und Referenden sind für die Partei vielversprechender als Erneuerungswahlen. Das macht die Kandidatensuche schwierig.

Daran dürfte sich auch unter dem neuen Führungsduo mit den Kantonsräten Susanne Brunner und Ueli Bamert nichts ändern. Diese beiden sind wohl selbst die aussichtsreichsten Kandidaten. Keine Rolle spielen werden die Mitte und die EVP mit weniger als fünf Prozent Wähleranteil.

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