Sonntag, Oktober 27

Wenn die Blätter fallen und die Temperaturen sinken, fühlen sich viele müde und angeschlagen. Expertinnen und Experten geben in unserer mehrteiligen Serie Tipps, wie man dagegen ankommt. Den Anfang macht Dr. Philipp Valko, Neurologe und Leiter des Zentrums für Schlaf- und Stressmedizin der Hirslanden-Klinik in Zürich – mit einer Empfehlung, die nicht allen auf Anhieb gefallen wird.

Dr. med. Philipp Valko startet gleich mit einer unbeliebten Empfehlung, wenn es um das Thema Müdigkeit geht: am Wochenende nicht auszuschlafen. Bei der Bekämpfung von Müdigkeit sei der Schlafrhythmus nämlich ein zentraler Faktor, so der Neurologe und Leiter des Zentrums für Schlaf- und Stressmedizin der Hirslanden-Klinik in Zürich. Ausschlafen am Samstag oder Sonntag mag verlockend sein, führe jedoch dazu, dass sich der Schlafrhythmus verschiebe. Valko empfiehlt, auch am Wochenende möglichst zur gleichen Zeit aufzustehen wie unter der Woche. «Der Körper braucht eine konstante Routine, um die innere Uhr zu regulieren», sagt der Experte, der Patientinnen und Patienten mit Schlafstörungen behandelt.

Zur Person:

PD Dr. med. Philipp Valko

Philipp Valko ist Facharzt für Neurologie und Leiter des Zentrums für Schlaf- und Stressmedizin der Hirslanden-Klinik in Zürich. Er ist seit zwei Jahrzehnten als Neurologe tätig und behandelt gemeinsam mit weiteren Spezialisten Patientinnen und Patienten mit Schlafstörungen. Im hauseigenen Schlaflabor erhalten Betroffene eine Diagnose und die Möglichkeit, weitere Behandlungsschritte zu besprechen.

Klinik Hirslanden

Wer am Wochenende mehrere Stunden länger schlafe, verschiebe auch den Kreislauf des Schlafhormons Melatonin. «Sobald man das Bedürfnis hat, am Wochenende länger zu schlafen», so Valko, «deutet das eigentlich darauf hin, dass man unter der Woche zu wenig schläft.»

Tageslicht als natürlicher Wachmacher

Das Tageslicht spiele eine weitere Schlüsselrolle für mehr Energie im Alltag. «Sobald man aufwacht, sollte man sich so schnell wie möglich dem natürlichen Licht aussetzen», rät Valko. Das helle Licht stoppe die Produktion von Melatonin, dem Hormon, das dem Körper Schläfrigkeit signalisiert. «Je schneller die Produktion gestoppt wird, desto wacher fühlen wir uns.» Ab diesem Moment starte der «Countdown» bis zur nächsten Melatonin-Ausschüttung am Abend – deshalb sei es so wichtig, täglich zur gleichen Zeit aufzustehen und zu Bett zu gehen.

Doch nicht nur der Rhythmus, auch der allgemeine Lebensstil spielt eine entscheidende Rolle für die Schlafqualität. Gut zu schlafen, attribuieren Expertinnen und Experten der «optimalen Schlafhygiene» – einer Sammlung von Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die den Schlaf fördern.

Wie geht die «optimale Schlafhygiene»?

Die weiteren Tipps sind zwar allgemein bekannt – doch man kennt es zu gut: Oft fehlt dann doch die Umsetzung im hektischen Alltag. Dazu gehören etwa leichte Mahlzeiten am Abend. Die seien gemäss Schlafexperten wichtig, da schwere, fettige Speisen die Verdauung belasten und das Einschlafen erschweren könnten. Zudem sollte man am besten zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen keinen Alkohol trinken. Ein Glas Wein mag auf den ersten Blick entspannend wirken, kann aber die Schlafqualität insbesondere in der zweiten Nachthälfte negativ beeinflussen. Und das wiederum vermindert die Erholung des Körpers. Auch Koffein gilt es in den Stunden vor dem Schlafengehen zu vermeiden. Es unterdrückt die körpereigenen Müdigkeitssignale und erschwert so das Einschlafen.

Aber nicht nur Speisen und Getränke spielen eine Rolle. Valko betont, dass zwar regelmässiger Sport tagsüber den Schlaf fördern kann, intensive sportliche Aktivitäten spät am Abend jedoch kontraproduktiv sind. Sie versetzen den Körper in eine «Wachphase», die den Organismus stimuliert und das Einschlafen verzögert. Daher empfiehlt es sich, sportliche Aktivitäten früh am Tag einzuplanen, um den natürlichen Schlafrhythmus nicht zu stören.

Mittagsschläfchen und Powernaps

Was helfen kann, tagsüber Energie zu tanken, sind Siestas und Powernaps – besonders beim altbekannten «Nachmittagsloch». Ein kurzer Powernap von zehn bis zwanzig Minuten könne für viele eine wahre Energiereserve darstellen. Menschen, die abends Einschlafprobleme haben, rät Valko dagegen von Nickerchen ab, da der Schlafdruck dadurch abnehme.

Die benötigte Schlafdauer ist individuell verschieden, so Valko. Für die meisten Menschen liege aber diese zwischen acht und achteinhalb Stunden. «Viele glauben, sie kämen mit sechs Stunden aus, doch die Unterschiede im Schlafbedarf sind oft viel kleiner, als man denkt.» Bei Menschen, die subjektiv das Gefühl haben, weniger Schlaf zu brauchen, zeigen sich bei genauer Untersuchung oft kognitive Leistungseinbussen parallel zum Ausmass des Schlafdefizits.

«Napoleon soll Kurzschläfer gewesen sein», sagt Valko, «in Wirklichkeit hat er sich einfach nur zu wenig Schlaf gegönnt.» Dies sollen die zahlreichen Geschichten bezeugen, in denen der französische Eroberer ab und an schlafend vom Pferd gefallen sein soll.

Exit mobile version