Jahrelang kämpfte Zürich für liberalere Ladenöffnungszeiten. Diese Arbeit ist jetzt zunichtegemacht.

Die Zürcher sind davon überzeugt, dass ihre geliebte Heimat zu den aufregendsten Städten der Welt gehört. Hier gibt es den See, die Altstadt, den Üetliberg und ein reichhaltiges kulturelles Angebot. Und diese Vorzüge werden auch im Ausland immer bekannter.

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Zürich ist als Feriendestination so beliebt wie nie zuvor. Das spricht aus den Zahlen der Hotelübernachtungen: Das Jahr 2023 war ein Rekordjahr, und das Jahr 2024 vermochte die Höchstwerte mit insgesamt 7,3 Millionen Hotelübernachtungen noch zu toppen.

Doch eines ist in Zürich entschieden schlechter als anderswo, und das ist auch mit der beeindruckendsten Landschaft und dem vielfältigsten Kulturangebot nicht zu kaschieren. Einmal pro Woche verwandelt sich die Stadt in ein verschlafenes Nest. Sonntags müssen die Geschäfte in der Innenstadt geschlossen bleiben.

Anders als in den Zentren des alpinen Tourismus, wo die Läden auch am Sonntag Kasse machen dürfen, bekommt man in Zürich – ausser an den Bahnhöfen – weder ein Paar Hosen noch eine Flasche Milch.

Parmelin kapituliert

Während Jahren haben sich die Wirtschaftsverbände, Tourismusorganisationen und die Zürcher Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker-Späh dafür eingesetzt, diesen Unsinn aus der Welt zu schaffen. Doch am Donnerstag meldete das Departement von Wirtschaftsminister Guy Parmelin unvermittelt: Die dafür notwendigen Gesetzesänderungen werden nicht weiterverfolgt.

Diese Neuigkeit ist enttäuschend. Zumal es mit dem SVP-Bundesrat Parmelin ausgerechnet ein Bürgerlicher ist, der das Anliegen beerdigt hat. Gerade von ihm hätten sich die Städte mehr Verständnis für die Anliegen der Wirtschaft erhofft.

Doch der Wirtschaftsminister, von dem man annehmen würde, er setze sich für zusätzliche Arbeitsplätze, ein steigendes Bruttoinlandprodukt und unkomplizierte Rahmenbedingungen für den Standort Schweiz ein, enttäuscht die Hoffnungen der Verbände bitter.

Zu denken gibt ausserdem die Art, wie Parmelin seinen Entscheid mitteilt. Er führt so gut wie keine inhaltlichen Argumente an, um den Abbruch der Übung zu begründen. Vielmehr macht es den Anschein, als sei ihm die Thematik schlicht zu kompliziert geworden.

Bund, Kantone, Gemeinden, Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften wollten – o Wunder! – alle etwas anderes. Da hat Parmelin wohl beschlossen, das Projekt gleich ganz sein zu lassen. Das ist keine politische Entscheidungsfindung, sondern eine Kapitulation.

Keine Frage: Verhandlungen mit den Vertretern so unterschiedlicher Interessen sind anstrengend und frustrierend – umso mehr, wenn alle Beteiligten verbissen auf ihren Positionen beharren. Aber das gehört nun einmal zur Arbeit von Politikern.

Parmelin hätte es aushalten müssen, dass die Gewerkschaften seinen ersten Entwurf ablehnten, weil sie partout gegen eine Ausweitung der Sonntagsarbeit sind, aber auch, dass die Wirtschaftsverbände ebenso unnachgiebig auf einer kompletten Liberalisierung bestanden. Er hätte sich dafür einsetzten müssen, dass man sich irgendwie gefunden hätte.

Zürich bleibt im Nachteil

Doch Parmelin hat sich dem Aushandlungsprozess verweigert und schon nach einem – tatsächlich nicht sehr gelungenen – ersten Entwurf Forfait gegeben. Raphaël Tschanz, der Direktor der Zürcher Handelskammer, hat recht, wenn er dies in der NZZ als Arbeitsverweigerung bezeichnet.

Genauso inakzeptabel wie Parmelins Vorgehen ist nun auch das Resultat. Für die Gewerkschaften ist es ein Erfolg auf ganzer Linie. Für die Vertreter der urbanen Tourismusregionen dagegen ist jahrelange Arbeit zunichtegemacht. Dass sie nun – im besten Fall – die Möglichkeit bekommen, acht zusätzliche Sonntagsverkäufe pro Jahr durchzuführen, ist ein schwacher Trost.

Denn so bleiben Zürich und die anderen Städte der Schweiz gegenüber den Bergregionen weiterhin benachteiligt – und gegenüber ausländischen Metropolen erst recht.

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