Freitag, November 15

Die Sammlung umfasst 1700 Objekte und gehörte dem britischen Geschäftsmann Sir Percival David. Für das von negativen Nachrichten geplagte Museum kommt das Geschenk zum idealen Zeitpunkt.

Die Porzellansammlung des britischen Unternehmers Sir Percival David gilt als die grösste ihrer Art ausserhalb Chinas und Taiwans. Sie umfasst 1700 Stücke, ihr Wert wird auf 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Zur Sammlung gehört etwa ein Tässchen aus der Ming-Dynastie mit Hühner-Motiven, das zwischen 1465 und 1487 entstand. Aus dem Tässchen soll der damalige Herrscher seinen Wein getrunken haben.

Tässchen wie dieses gehören zu den begehrtesten Objekten der chinesischen Kunst, vergleichbar mit den mit Juwelen verzierten Fabergé-Eiern aus dem zaristischen Russland.

Die Stiftung Sir Percival David Foundation of Chinese Art hatte die gesamte Sammlung während der vergangenen 15 Jahre dem British Museum in London ausgeliehen. Nun hat sie beschlossen, die Porzellansammlung vollumfänglich dem Museum zu überlassen. Es ist die wertvollste Schenkung in der britischen Museumsgeschichte. Nach schwierigen Jahren kommt die frohe Botschaft für das British Museum gerade richtig.

Interesse an der chinesischen Kultur und Sprache

George Osborne, der Vorsitzende des Museums, sprach in einer Pressemitteilung vom grössten Vermächtnis an das British Museum seit dessen Gründung im Jahr 1753. Das Museum besitzt nun mit 10 000 chinesischen Porzellan-Objekten eine der bedeutendsten Sammlungen dieser Art.

Wie die Stiftung schreibt, wurden mit der Schenkung die Wünsche von Percival David erfüllt: die einzigartige Sammlung unversehrt zu erhalten, jedes einzelne Stück gemeinsam öffentlich auszustellen und sicherzustellen, dass die Sammlung für künftige Generationen eine Inspiration und Bildung darstellt.

Percival David kam 1892 im britischen Indien in einer jüdischen Unternehmerfamilie zur Welt. Die Familie stammte aus Bagdad und wurde in der Textilindustrie und mit Bankgeschäften reich. 1913 kaufte Percival David die ersten Porzellanstücke, zog nach England und wurde ein erfolgreicher Sammler, der auch in wissenschaftlichen Kreisen angesehen war.

Die erste Reise nach China machte David 1924, als er die Kaiserliche Sammlung in Peking besuchte. Damals war ein bedeutender Teil der Objekte in Schachteln verstaut. David finanzierte die Restauration des Gebäudes, in dem die Sammlung lagerte, und ermöglichte damit deren Ausstellung. Drei Jahre später wurde er zudem Berater des Nationalen Palastmuseums in Taipeh, Taiwan.

David baute die Sammlung über Jahrzehnte aus. Die chinesischen Porzellanstücke kaufte er in mehreren asiatischen und europäischen Ländern zusammen. Laut Berichten stammen einige Stücke aus der Verbotenen Stadt in Peking, chinesische Beamte hätten sie nach dem Ende der Kaiserzeit an David verkauft. Zu Davids besonders wertvollen Objekten gehören nebst dem Hühnertässchen auch zwei blau-weisse Vasen aus der mongolischen Yuan-Dynastie der Jahre 1271–1368.

Die Porzellanstücke waren bereits beim Kauf durch David selten und kostbar. Doch über die Jahre hat sich ihr Wert vervielfacht. 2014 wurde eine Hühnertasse wie jene aus Davids Sammlung in Hongkong für mehr als 32 Millionen Franken versteigert, dies entsprach einer Verzehnfachung des Preises innert 15 Jahren.

Diebstähle im British Museum

Laut Berichten gibt es weltweit noch 16 der chinesischen Hühnertassen aus der Ming-Dynastie. Die meisten befinden sich gut gesichert in einem Museum. Doch ihr hoher Wert macht sie und andere chinesische Porzellanstücke zu einem beliebten Diebesgut.

Im Jahr 2019 sind zwei Briten in das Genfer Museum für fernöstliche Kunst eingebrochen und haben drei Artefakte aus der chinesischen Ming-Dynastie des 14. und 15. Jahrhunderts gestohlen. Unter dem Diebesgut war auch ein Hühnertässchen, das jenem aus der Sammlung von David gleicht. Es bleibt bis heute verschollen.

Im vergangenen Sommer wurde ausserdem ein umfangreicher Diebstahl im British Museum publik. Ein Museumsmitarbeiter soll über mehrere Jahre Tausende Artefakte gestohlen und im Internet verkauft haben. Zudem gab es Streit um die Rückgabe von Skulpturen. Und der Museumsleiter trat zurück. Die Vorfälle galten als weitere Episode im langsamen Zerfall der einst bedeutenden Londoner Institution.

Die Stiftung von Percival David vertraut die wertvolle Sammlung dem Museum dennoch an. Die 1700 Objekte am selben Ort auszustellen, wie es David gewünscht hatte, ist eine logistische Herausforderung. Und im British Museum hat die Sammlung Davids bereits einen Raum, der allein für sie gebaut wurde. Zudem schwingt wohl die Hoffnung mit, dass aus dem Museum, einst ein Londoner Wahrzeichen, wieder eine gefeierte Einrichtung wird.

Laut Osborne, dem Vorsitzenden des Museums, ist die Schenkung ein «echtes Vertrauensvotum» für die Zukunft der Institution. Der Zeitpunkt ist für das Museum ideal: Im vergangenen Jahr kündigte die Leitung eine umfassende Neugestaltung an, zudem wird die marode Infrastruktur des 170 Jahre alten Gebäudes modernisiert. Die Kosten für das Projekt werden auf eine Milliarde Pfund geschätzt.

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