Freitag, Februar 7

Das Chemieunternehmen Ems lebt mehrheitlich von Geschäften mit der Automobilindustrie. Zölle von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko wären für Autohersteller in den USA schwer zu verdauen.

Am vergangenen Montag musste auch Magdalena Martullo-Blocher, die Chefin des Chemieunternehmens Ems, zum Telefonhörer greifen. Sie trommelte Führungskräfte der Firma aus aller Welt zusammen, um mit ihnen zu klären, wieweit die von US-Präsident Donald Trump angedrohten zusätzlichen Strafzölle das Geschäft tangieren könnten.

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Entwarnung für die eigenen Aktivitäten

Dabei kristallisierte sich heraus, dass Ems zumindest für die eigenen Aktivitäten Entwarnung geben kann. «Ems wird von den angekündigten Strafzöllen nicht betroffen sein», teilte das Unternehmen am Freitag mit. Martullo-Blocher präzisierte an der Bilanzmedienkonferenz in Zürich, dass weder bei Rohstoffen, die Ems einkaufe, noch in den eigenen Absatzwegen mit negativen Effekten zu rechnen sei.

Offenbar ist die Firma so aufgestellt, dass sie Kunden mit ihren Kunststoffgranulaten von Standorten aus beliefern kann, die nicht unter Strafzöllen leiden. Indirekt könnte der wachsende Protektionismus der USA die Geschäfte von Ems aber trotzdem beeinträchtigen.

Vielen Amerikanern sind Autos schon jetzt zu teuer

Das Unternehmen erwirtschaftet fast zwei Drittel seines Umsatzes mit Abnehmern aus der Autoindustrie. Zölle von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko wären für Autohersteller in den USA eine empfindliche Belastung, sagt Martullo-Blocher. Die US-Autoindustrie bezieht grosse Mengen von Komponenten aus dem südlichen Nachbarland. Teilweise werden Autos für den amerikanischen Markt dort auch vollständig montiert.

Bereits im vergangenen Jahr entwickelte sich die Autoproduktion in den USA sowie in den beiden Nachbarländern Mexiko und Kanada enttäuschend. Sie schrumpfte um 1,5 Prozent. Autos hätten sich in den USA teilweise derart verteuert, dass sie weniger nachgefragt würden, sagte Martullo-Blocher. Vor diesem Hintergrund sind höhere Zölle wohl das Letzte, was Hersteller und Händler von Autos in Amerika derzeit brauchen können.

Noch schlechter erging es der Autoproduktion in Europa. Sie sank 2024 um 3 Prozent und liegt damit nun 20 Prozent unter dem Niveau, das vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie 2019 erreicht wurde. In Europa und in Nordamerika (einschliesslich Mexiko) werden je noch rund 15 Millionen Autos hergestellt.

Lichtblicke in China

Doppelt so viele sind es inzwischen in China. Die chinesische Automobilproduktion stieg letztes Jahr laut Marktstatistiken um weitere 4 Prozent. Dieser Angabe könne man vertrauen, versicherte die Ems-Chefin. «Wir sehen als Zulieferer in jede Autofabrik in China.»

Martullo-Blocher findet, dass die Wirtschaftssituation Chinas in Europa zu negativ wahrgenommen werde. Sie wies darauf hin, dass insbesondere der Automobilmarkt im Reich der Mitte grosses Potenzial aufweise. Noch besitze erst jeder vierte Chinese ein Auto, doch jeder wolle eines. In den USA liegt die Marktpenetration bei 76, in Deutschland bei 69 Prozent.

Chinesische Anbieter haben derweil in der Autoherstellung stark aufgeholt. Sie bedienen mittlerweile 68 Prozent des einheimischen Absatzmarktes. 2017 war ihr Marktanteil noch bei unter der Hälfte gelegen.

Allerdings ist auch im dynamischen chinesischen Automarkt nicht alles Gold, was glänzt. Laut Martullo-Blocher sind bereits 20 der geschätzten 100 einheimischen Autohersteller verschwunden. Die Ems-Chefin rechnet mit einer weiteren Marktbereinigung, primär via Fusionen und Übernahmen. Konkurse seien weniger ein Thema, sagte sie. Vorsichtshalber besteht Ems bei Lieferungen an kritische chinesische Autoproduzenten auf Vorauszahlungen.

Umsatz schrumpft abermals

Das weltweit flaue Autogeschäft hinterliess erneut Spuren in der Konzernrechnung von Ems. Der Umsatz verringerte sich 2024 um weitere 5 Prozent auf knapp 2,1 Milliarden Franken, nachdem er im Vorjahr gar um 10 Prozent geschrumpft war.

Belastend wirkte sich dabei auch abermals der starke Franken aus. Ems setzt weiterhin stark auf Swissness. Fast die Hälfte der Produktion des Unternehmens stammt aus der Schweiz, obschon hierzulande nur 3 Prozent des Konzernerlöses erwirtschaftet werden.

Im laufenden Jahr ist laut Ems noch nicht mit einer Trendwende zu rechnen. Der Umsatz werde währungsbedingt leicht unter Vorjahr ausfallen, prognostiziert das Management. Martullo-Blocher ist zwar zuversichtlich, dass das Unternehmen dank Neuentwicklungen, die es bei Kunden weltweit forciert, die Verkaufsvolumen weiter steigern wird. Doch wird Ems den Kunden die gesunkenen Rohstoffpreise wohl ein Stück weit mit Preissenkungen weitergeben müssen.

Profitabilität gesteigert

Das Betriebsergebnis (Ebit) soll derweil 2025 erneut höher ausfallen. Im vergangenen Jahr steigerte es der Konzern 10 Prozent auf 539 Millionen Franken.

An der Börse wird Ems seit längerem skeptisch beäugt. Der Aktienkurs gab am Freitag bis zum frühen Nachmittag um 1,1 Prozent auf 640 Franken nach. Gegenüber dem Höchststand von rund 1000 Franken, der vor drei Jahren erreicht wurde, ist die Notierung damit um einen Drittel gefallen.

Analytiker der Bank Vontobel sprachen mit Blick auf das vergangene Geschäftsjahr von «gemischten Ergebnissen». Den Ausblick bezeichneten sie als «etwas enttäuschend».

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