Dienstag, Oktober 8

Der FCZ-Trainer Ricardo Moniz irritiert mit Verhalten und Vokabular, für viele ist er ein Verrückter. Der 60-Jährige hat einen zweifelhaften Ruf. Doch er hat auch unbestrittene Qualitäten.

Die Meinungen in der Schweiz sind gemacht: Ricardo Moniz ist ein Besessener, für viele ein Verrückter, für manche ein Spinner. Der Trainer des FC Zürich hat sich in den letzten Wochen mit Schiedsrichtern und Journalisten, mit gegnerischen Trainern und eigenen Spielern angelegt. Verhalten und Vokabular sind oft aggressiv und hart.

Moniz hat in dieser Saison bereits dreimal einen Fussballer eingewechselt und wieder ausgewechselt. Höchststrafe. Ein bekannter Schweizer Trainer sagt: «So etwas macht man höchstens einmal, um ein Zeichen zu setzen. Sonst verliert man Autorität, Glaubwürdigkeit und die Kabine.» Und damit das Team.

Moniz hat in seiner Karriere oft Autorität und Glaubwürdigkeit, ganz sicher Kabine und Team verloren. Seit 2011 hat er nie länger als fünfzehn Monate in einem Klub gearbeitet, manchmal waren es nur ein paar Begegnungen. RB Salzburg, Ferencvaros Budapest, Lechia Gdansk, 1860 München, Notts County, FC Eindhoven, Randers FC, AS Trencin, Excelsior Rotterdam, HSV, Zalaegerszegi, Slaven Belupo Koprivnica. Der FCZ ist der dreizehnte Arbeitgeber in zehn Ländern in dreizehn Jahren.

Einer, der Moniz gut und lange kennt, fasst prägnant das Bild zusammen, das sich in vielen Gesprächen herauskristallisiert hat: «Ricardo ist radikal. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn. Er lässt sich nichts sagen, ist stark und selbstbewusst, arbeitet Tag und Nacht. Er gibt sehr viel. Wenn er das Gefühl hat, jemand gebe nicht sehr viel zurück, wird er ungemütlich. Und die Situation eskaliert.»

Am letzten Sonntag eskalierte die Situation im FC Zürich. Moniz wechselte im Cup-Spiel in Zug den talentierten Stürmer Labinot Bajrami ein und wieder aus, weil der 19-Jährige eine taktische Anweisung des Trainers ignoriert und angeblich mit einer vulgären Bemerkung («Fuck off») reagiert hatte. Der Vater Bajramis schleuderte einen Regenschirm gezielt auf Moniz, es kam zu einem wüsten Handgemenge.

Der FCZ hat die Bajramis wegen der für ihn «unentschuldbaren» Vorfälle abgestraft. Der Stürmer Bajrami wird in die U-21-Mannschaft versetzt und mit einer Busse belegt, gegen den Vater Bajrami wird wegen «versuchter Körperverletzung» ein mehrjähriges schweizweites Stadionverbot ausgesprochen. Zudem erhält er ein Hausverbot im Trainingszentrum auf der Sportanlage Heerenschürli.

Es ist gerade wieder ganz viel Drama im «Home of FCZ» – nach Dutzenden von teilweise sehr geräuschvollen personellen Wechseln auf der Geschäftsstelle, im Staff und im Team unter dem Sportchef Milos Malenovic. Moniz ist der ideale Trainer für den ehrgeizigen Masterplan Malenovics. Ursprünglich war der Niederländer im Herbst 2023 als Leiter Spielerentwicklung und als «Coach the Coaches» verpflichtet worden. Im Januar dieses Jahres übernahm er die U 21, im April wurde er Interimstrainer. Er führte Zürich noch in den Europacup, wurde im Sommer als Cheftrainer bestätigt, liegt nach vier Runden in der Super League auf Rang eins.

Krach und Kollateralschäden inklusive

Die zehn Monate in Zürich seien typisch für Wesen und Wirken von Moniz – sagen Personen, die den 60-Jährigen von früheren Stationen kennen. Ein Auszug der Beurteilungen: exzellenter Ausbildner, phantastischer Techniktrainer, überragender Motivator, hart Arbeitender. Der Erste am Morgen, der Letzte am Abend. Aber: Moniz habe keinen Filter, stosse Menschen vor den Kopf, gehe brachial und konsequent vor. Ein österreichischer Journalist sagt, Moniz habe als Cheftrainer bei RB Salzburg innerhalb weniger Wochen fast nur noch Feinde gehabt.

Im Sommer 2012 verliess Moniz Salzburg nach einer Saison als Coach der ersten Mannschaft – als Meister und Pokalsieger: massive Differenzen unter anderem mit dem medizinischen Stab. Moniz sagte in einem Interview mit der niederländischen Fussballzeitschrift «Voetbal International»: «Ich habe in Salzburg nur Streit gehabt. Manche bei Red Bull haben versucht, mich zu killen.» Für ihn sei das ein guter Test gewesen: «Du musst immer deiner Philosophie treu bleiben.»

Ricardo Moniz ist seiner Philosophie immer treu geblieben. Krach, Kollateralschäden, Klubwechsel inklusive. Besessener, Verrückter, Spinner?

So einfach ist es nicht. Der Spielerberater Baykal Bellusci schwärmt von der Zusammenarbeit bei GC, wo Moniz zwischen 2001 und 2005 als Leiter des Nachwuchszentrums sowie als Techniktrainer tätig war – und auf die jungen Fussballer Bellusci sowie Milos Malenovic traf: «Moniz ist fachlich top, die Trainings mit ihm waren sensationell. Er macht jeden Spieler besser, wenn man mitzieht.»

Die HSV-Legende Bernd Wehmeyer, dem Hamburger SV seit Jahrzehnten als Spieler, Klubmanager und derzeit als Vizepräsident verbunden, sagt: «Beim HSV hat Ricardo einen phantastischen Job als Techniktrainer gemacht. Die jungen Spieler liebten seine Einheiten, weil sie profitierten.» Als Cheftrainer beim HSV scheiterte Moniz jedoch 2010, später kehrte er zum Klub zurück und arbeitete bis 2022 knapp ein Jahr lang als Individualtrainer. «Es gab kein böses Blut, Ricardo wollte einfach eine neue Herausforderung», sagt Wehmeyer.

An neuen Herausforderungen mangelte es Moniz nie. An Streitereien auch nicht. Die meisten Menschen bitten um Anonymität, wenn sie über die «irritierende Art» und den «schwierigen Charakter» des Trainers berichten. Doch es gibt auch Medienvertreter, die sich sehr positiv über ihn äussern. Sebastian Wolff, der den HSV für den «Kicker» seit langer Zeit betreut, lobt Moniz für dessen Akribie und Mentalität: «Er hat extrem hohe Ansprüche. Und wenn er enttäuscht ist, bekommt man das zu spüren.»

Genie und Wahnsinn

Nach einer eher bescheidenen Karriere als Fussballer wurde Moniz bereits mit dreissig Jahren Trainer. In den Niederlanden hat der Sohn eines Surinamers und einer Indonesierin chinesischer Abstammung einzig die Kleinklubs FC Eindhoven, die Nummer zwei in seiner Heimatstadt, sowie Excelsior, die Nummer drei in Rotterdam, gecoacht.

Der Fussballjournalist Jan Leerkes sagt, Moniz sei zu Hause vor allem wegen seiner Trainingsmethoden bekannt, dank denen sich Spieler verbessern würden. Moniz ist ein Verfechter der Coerver-Methode, benannt nach dem längst verstorbenen Wiel Coerver, einem stilprägenden niederländischen Trainer. Es geht um Ballbesitz, Technik, Offensivfussball, populär insbesondere bei der Ausbildung von Jugendspielern.

Mit jedem der vielen Gespräche über Moniz verfestigt sich der Eindruck: Ricardo Moniz ist perfekt für die individuelle Lehre. Er macht Spieler besser, aber nicht zwingend Teams. Und er ist einer für die zweite Reihe, nicht für das Schaufenster. Nachwuchs statt erste Mannschaft. Bei Tottenham, im Red-Bull-Kosmos, bei GC und beim HSV arbeitete er jahrelang im Ausbildungsbereich. Bellusci sagt, wenn Moniz weniger direkt wäre, hätte er das Potenzial gehabt, ein Welttrainer zu sein. Und er fragt: «Welches Genie ist einfach im Umgang?»

Genie und Wahnsinn. Vermutlich für immer. Mit sechzig Jahren fängt das Trainerleben nicht neu an. Vielleicht also, um präzise zu sein: Fussballbesessener. Fussballverrückter. Fussballspinner. Der frühere HSV-Stürmer Ivica Olic prägte das Bonmot: «Ricardo lebt nicht Fussball. Er ist Fussball.»

Ricardo Moniz, heisst es, wisse alles besser. Er sei stur. Bis zum Untergang. In der Slowakei prangerte er öffentlich angebliche Schiedsrichterkorruption an, in Ungarn wurde er gesperrt, weil er sich vehement gegen Rassismus auf den Rängen wehrte und seine Mannschaft vom Platz nahm.

Böser Mensch, guter Mensch. Journalisten erzählen, dass man mit Moniz stundenlang angenehm, kompetent und unterhaltsam über Fussball debattieren könne. Und Bernd Wehmeyer meldet aus Hamburg, auf Moniz könne man sich immer verlassen: «Wenn man ihn um 7 Uhr anruft und sagt, man wolle um 8 Uhr trainieren, steht er um Viertel vor acht perfekt vorbereitet auf dem Platz.»

Nie ohne seine Mutter

Moniz gibt viel, Moniz nimmt viel. Fussball, Fussball, Fussball. Perfektion. Im Frühling ging es in einem Artikel in der Eindhovener Lokalzeitung darum, wie schnell der Trainer den FCZ vitalisiert habe. Moniz sagte, er wohne wie bei jeder Station mit seiner bald 85-jährigen Mutter zusammen: «Ich kenne keine stärkere Frau als sie. Wo immer ich in Europa arbeite, ist sie bei mir. Wir gehen in der Regel zweimal am Tag spazieren.» Und: «Jeder kann von mir denken, was er will. Aber ich fühle, dass es richtig ist. So will ich es haben, so will es meine Mutter haben.»

Jeder kann von Moniz denken, was er will. Legendär sind in Salzburg die Trainings, als Moniz alle Übungen mit Verve demonstrierte: 50-Meter-Sprint, Flanke, Dribbling. Topfit ist er immer noch. In der Eindhovener Lokalzeitung schwärmte Moniz vom Ehepaar Heliane und Ancillo Canepa, den Besitzern des FCZ. Er sagte: «Ich werde weiterhin keine Zugeständnisse machen. Eine Grundlage meiner Trainingsmethoden ist, dass jeder Spieler immer härter trainieren und arbeiten muss als die Konkurrenz. Nur dann kann man Erfolg haben.»

Die FCZ-Spieler wissen Bescheid. Und die Canepas stützen den Hardliner Moniz, der sich kürzlich vom Stürmer Jonathan Okita nach einem seiner Meinung nach zu laschen Einsatz «verarscht gefühlt» und ihn nach der Einwechslung wieder ausgewechselt hatte. Der Präsident Ancillo Canepa sagte: «Ich hätte es noch drastischer formuliert.»

Schafft es Ricardo Moniz in Zürich tatsächlich, endlich einmal langfristig als Cheftrainer zu arbeiten – oder führt der Weg von ihm und seiner Mutter bald zu einem neuen Klub in ein anderes Land und in den Nachwuchs zurück? Verkannter Welttrainer oder unbelehrbarer Wüterich? Inklusive Sommerpause ist Moniz nun immerhin seit vier Monaten FCZ-Coach – bald hat er bereits seine durchschnittliche Verweildauer als Cheftrainer erreicht.

Ein Artikel aus der «»

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