Personen aus dem Asylbereich seien für zu viele Delikte verantwortlich, erklärt die SVP. Wer wegen eines Verbrechens verurteilt werde, solle sein Bleiberecht in jedem Fall verlieren.

Seit den Anschlägen von Personen aus dem Asylbereich in Deutschland wird die Migration immer stärker als Problem auch für die öffentliche Sicherheit wahrgenommen. Das ist in der Schweiz nicht anders, wie die grosse Aufmerksamkeit rund um die Prügelattacke eines Afghanen Anfang Februar im Appenzellerland zeigt. In einer ausserordentlichen Session, die für Montag traktandiert ist, hat die SVP dieses Thema erneut auf die politische Traktandenliste gesetzt.

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So verlangt der Thurgauer Nationalrat Pascal Schmid, dass Personen im Asylverfahren, die wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, künftig von jeglichem Bleiberecht in der Schweiz ausgeschlossen werden. Gemäss der Polizeilichen Kriminalstatistik seien über 56 Prozent der Straftäter Ausländer, die Hälfte davon Asylpersonen oder übrige Ausländer, argumentiert Schmid, der für den asylpolitischen Kurs der SVP verantwortlich ist.

Die Stossrichtung ist nicht neu: Nicht zuletzt die Ausschaffungsinitiative, die von Volk und Ständen vor 15 Jahren angenommen wurde, hatte ein ähnliches Ziel. Die Praxis sei aber viel zu lax, kritisiert Schmid. Personen aus dem Asylbereich, die Verbrechen begehen – also Delikte, die mit einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind –, sollen nach dem Willen von Schmid das Land in jedem Fall verlassen müssen.

Sonderflug nach Afghanistan

In der Praxis dürfte diese Forderung allerdings kaum grosse Auswirkungen haben. Landesverweise gehören schon heute zum Justizalltag, auch wenn umstritten ist, ob die Gerichte in diesem Bereich immer genügend konsequent sind. Gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) wurden im Jahr 2023 in der Schweiz 2250 Landesverweisungen gegen straffällige Ausländerinnen und Ausländer angeordnet. Bis Mitte 2024 haben rund 73 Prozent dieser Personen die Schweiz kontrolliert oder polizeilich begleitet verlassen.

Nicht selten allerdings scheitert die Ausschaffung an praktischen Fragen. Besonders deutlich zeigt sich dies am Beispiel von Afghanistan. Ausschaffungen in das von den Taliban regierte Land sind mit grossem Aufwand verbunden. Erst nach monatelangen Vorbereitungen gelang es der Schweiz im November, zwei verurteilte Afghanen nach Kabul auszuschaffen. Die Schweiz ist neben Deutschland das einzige Land, dem dies gelang. Zu einem zweiten Flug ist es bisher nicht gekommen.

Andere Länder wie Eritrea weigern sich, Staatsangehörige zurückzunehmen, oder sie ziehen Verfahren in die Länge. Regelmässig ist die Rückschiebung zudem wegen des in der Bundesverfassung und im Völkerrecht verankerten Refoulement-Verbotes ausgeschlossen. Das betrifft derzeit beispielsweise noch immer Syrien.

Ein zweiter Vorstoss des Aargauer SVP-Nationalrats Christoph Riner zielt deshalb darauf, die Bewegungsfreiheit von Personen im Asylverfahren und abgewiesenen Asylbewerbern einzuschränken, gegen die ein Strafverfahren eröffnet wird. Riner schwebt dabei «die Eingrenzung und Unterbringung in besonderen Zentren oder durch dauernde Überwachung» vor.

Nur zehn Plätze in Zentren für renitente Asylbewerber

Die Forderung ist ausserordentlich weitgehend. Sie soll auch Personen betreffen, gegen die noch gar kein Urteil ausgesprochen wurde. Falls bei solchen Personen eine Wiederholungsgefahr besteht, können diese allerdings schon heute in Untersuchungshaft genommen werden – so wie dies im Fall des Afghanen aus dem Appenzellerland geschehen ist. Besteht keine Gefahr, wäre eine Eingrenzung wohl kaum verhältnismässig.

Über die Unterbringung von renitenten Asylbewerbern, die unterhalb der Schwelle von schweren Straftaten bleiben, wird seit Jahren gestritten. Der Bund betreibt im Kanton Neuenburg ein sogenanntes besonderes Asylzentrum, in welchem Personen, die Ordnung und Sicherheit bedrohen, unter wesentlich strengeren Bedingungen untergebracht werden.

Die Kapazität ist dort aber begrenzt, es gibt lediglich zehn Plätze. Vor einem Jahr kündigte der Bundesrat an, ein zweites besonderes Zentrum in der Deutschschweiz zu eröffnen. Auch das Aargauer Kantonsparlament hat im September einer Motion zugestimmt, wonach ein eigenes Zentrum für renitente Asylbewerber in Betrieb genommen werden soll. Realisiert sind die Pläne bisher noch nicht.

Nationalrat berät über Sicherheit in Asylzentren

Die besonderen Zentren dienen allerdings nicht in erster Linie dem Schutz der Öffentlichkeit, sondern sie sollen die Sicherheit in den Unterkünften erhöhen. Verschiedene Gewaltvorfälle und Misshandlungen durch das Personal haben die Diskussion über die Sicherheit von Bewohnern und Mitarbeitern in den letzten Jahren kräftig angekurbelt. Der «Blick» berichtete kürzlich, dass die Sicherheitskosten als Folge der Eröffnung von temporären Asylunterkünften zwischen 2018 und 2023 drastisch angestiegen seien.

Der Nationalrat behandelt zufälligerweise ebenfalls am Montag eine Asylgesetzrevision, welche zur Erhöhung der Sicherheit zusätzliche Disziplinarmassnahmen vorsieht. Dazu zählt unter anderem auch die Zuweisung in ein besonderes Zentrum für renitente Asylbewerber. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass sich der Fokus bei dieser Debatte auf die Sicherheit ausserhalb der Zentren verlagern wird.

Die SVP verlangt nämlich, dass mit schärferen Disziplinarmassnahmen auch dann durchgegriffen werden kann, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausserhalb des Zentrums gefährdet ist. Sie verlangt unter anderem, dass Asylsuchende für bis zu zehn Tage in einem separaten Raum in Arrest genommen werden können. Das Personal von Asylzentren erhielte dadurch indirekt Kompetenzen aus dem klassischen Polizeibereich.

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