Dienstag, November 26

Symrise verfügt als einer der weltgrössten Hersteller von Aromen und Duftstoffen über eine sehr gute Marktposition und gute Wachstumsaussichten. Zwischenzeitlich schien das Unternehmen den Anlegern aber nicht so recht zu schmecken, nun könnten die Aktien wieder attraktiv sein.

Symrise erinnert an eine Warren-Buffett-Aktie: Das Unternehmen verfügt über eine gute Marktposition mit wenig Konkurrenz und ist weltweit aktiv. Dazu kommt üblicherweise die Fähigkeit, Preissteigerungen an die Kunden weitergeben zu können. 2023 indes schien diese starke Position zu verpuffen: Der Hersteller von Aromen und Duftstoffen ist vergangenes Jahr zwar gewachsen, hat aber hat die Erwartungen beim Gewinn verfehlt, die Profitabilität war gar leicht rückläufig.

Doch nun gibt es Anzeichen dafür, dass das Unternehmen unter neuer Führung zu alter Stärke zurückfindet – das macht die Aktien gerade im gegenwärtig schwierigen Börsenumfeld attraktiv.

Wachstumsmarkt mit Geschmack

Symrise stellt Aromen und Duftstoffe her und bearbeitet diesen Markt mit einer Zweisäulenstruktur: Die Sparte Nahrung und Gesundheit (Taste, Nutrition & Health) und die Sparte Duft und Pflege (Scent & Care). Die Sparte mit den Nahrungsmittelzusätzen ist gemessen am Umsatz deutlich grösser als das Duftstoffgeschäft und noch dazu profitabler.

Für Nahrungsmittelindustrie sind Zusatzstoffe unabdingbar, sie machen etwa die Herstellung von Fertignahrung erst möglich. Je stärker verarbeitet die Lebensmittel sind, desto mehr Aromastoffe finden sich in der Regel darin. Und der Markt für Fertignahrung wächst schnell, was auch die Nachfrage nach den Geschmacksbausteinen von Symrise und Co. beflügelt: Bis 2032 soll der weltweite Geschäft mit Zusatzstoffen rund 50% auf 42 Mrd. $ wachsen, wie aus Daten von Fortune Business Insights hervorgeht.

Hinzu kommt: Das Geschäft mit Aromen und Duftstoffen gilt als Zulieferer für die Nahrungsmittelindustrie als relativ konjunkturresistent. Symrise hält sich ausserdem zugute, als Erste in der Branche das Geschäftsmodell diversifiziert und sich damit auch unabhängiger von Krisen und konjunkturellen Schwankungen gemacht zu haben.

Früh bearbeitet hat Symrise etwa den Markt für Zusatzstoffe in Tiernahrung, Teil der Säule Taste, Nutrition & Health. Seit 2014 gilt das Unternehmen in diesem Bereich als führend. Damals hatten es den französischen Aromenhersteller Diana Group vom Private-Equity-Haus Ardian übernommen. Für den damaligen Ardian-Chef Jean-Yves Parisot kam es dieses Jahr zu einer Rückkehr: Seit April ist er CEO von Symrise.

Der Markt für die Versorgung von Haustieren wächst jährlich 7%, schreibt Allianz Global Investors und rechnet vor, dass er 2032 bereits 550 Mrd. $ gross sein werde – davon will der Fonds Allianz Pet and Animal Wellbeing mit einem Investment von 4% des Kapitals in Symrise profitieren. Und das Geschäft ist relativ krisenresistent, viele Halter kümmern sich um ihre Tiere wie um eigene Kinder. Dazu passt Symrises Beteiligung von 40% an Swedencare: Das Unternehmen bietet Gesundheitsprodukte für Katzen, Hunde und Pferde an, etwa Nahrungsergänzungsmittel für die Zahn- und Mundhygiene.

Forschung an alternativen Fleischproteinen

Ein weiterer Wachstumsmarkt ist die gesundheitsbewusste Ernährung. Auch diesen Trend bedient Symrise, zum Beispiel mit der Entwicklung von Fleischproteinen, die herkömmliches Fleisch überflüssig machen sollen. Das Unternehmen rechnet damit, dass bis 2035 weltweit jede zehnte Portion Fleisch, Eier und Milchprodukte aus alternativen Quellen stammen wird. Zum Portfolio gehören überdies auch Probiotika, unter anderem dank der Beteiligung von gut 70% am schwedischen Unternehmen Probi. Probiotika sind Präparate, die darmfreundliche (probiotische) Bakterienstämme enthalten.

Die Erschliessung neuer Märkte gehört zu den Zielen des Unternehmens: «Während wir im Jahr 2008 bei ungefähr 10% des Umsatzes ausserhalb der klassischen Felder lagen, sind es heute schon mehr als 30%», heisst es von Symrise auf Nachfrage. So soll es weitergehen, im Jahr 2028 will das Unternehmen in diesem Bereich die Hälfte des Umsatzes erzielen.

In der Summe bedeutet das ein sehr breites Angebot: Mehr als 35’000 verschiedene Produkte verlassen bereits heute jährlich die Hallen des Unternehmens am Hauptsitz in Holzminden und an den rund hundert Standorten weltweit. Konkurrenz? Es gibt sie, aber nur eine Handvoll Unternehmen wie Givaudan, IFF und DSM Firmenich.

Rentabilität schwächelt seit 2022

Entsprechend der guten Ausgangslage stieg der Umsatz über lange Jahre stetig. Doch 2023 wuchs er im Vergleich zum Vorjahr nur 2,4% – der niedrigste Zuwachs seit zehn Jahren. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuer und Abschreibungen (Ebitda) war gar zum ersten Mal in zehn Jahren leicht rückläufig. Im Vergleich zu 2022 fiel der operative Gewinn fast 11% auf 739,9 Mio. €. Die Ebitda-Marge, lange Jahre nahe oder gar oberhalb von 20%, rutschte auf 16,8% ab. Auch die Rendite auf dem investierten Kapital (Return on Invested Capital, ROIC) fiel nach Jahren im zweistelligen Bereich schon 2022 in den einstelligen Bereich.

Eine ganze Reihe von Gründen stehen hinter dieser Entwicklung: Die Rohstoffpreise sind gestiegen, Kunden häuften Vorräte an und bauten dann 2023 erst einmal die Bestände ab, statt neu zu bestellen. Dazu kam ein Brand in der Duftstofffabrik von Symrise in Colonel Island (USA), der die Produktion dort über weite Teile des vergangenen Jahres lahmlegte. Ausserdem ist Symrise auch noch Ziel von Kartelluntersuchungen: Die EU-Kartellbehörde und auch die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) hatten 2023 Untersuchungen gegen die vier grossen Unternehmen der Branche gestartet wegen des Verdachts auf wettbewerbswidrige Absprachen.

Ein Effizienzprogramm greift

Der Bericht über das erste Halbjahr gibt jedoch Anlass zur Hoffnung. Der Umsatz wuchs kräftige 6,3%. Die Ebitda-Marge ist stark gestiegen und soll für das Gesamtjahr wieder oberhalb von 20% liegen. Ein Baustein dafür dürfte ein Effizienzprogramm im Umfang von 50 Mio. € sein, mit dem das Unternehmen zu Beginn des Jahres startete. So will sich Symrise vom Geschäft mit Inhaltsstoffen und Geschmacksverstärkern für Futtermittel in der Aquakultur trennen, der Markt sei zu klein, argumentiert das Unternehmen.

Der neue Mann an der Spitze, Jean-Yves Parisot, ist ein glaubwürdiger Verfechter des neuen Kurses. Er scheint stärker auf Profitabilität zu setzen. Auf einer Journalistenveranstaltung im Juni sagte er: «Es ist Zeit für eine Konsolidierung.» Sein Vorgänger Heinz-Jürgen Bertram hatte das Unternehmen vor allem durch Zukäufe wachsen lassen.

Für den weiteren Verlauf des Geschäftsjahres 2024 rechnet Symrise mit moderat steigenden Rohstoffkosten. Der Anstieg der Inputpreise habe sich normalisiert, urteilt David Houdek von der Acatis Vermögensverwaltung. Symrise könne die gestiegenen Kosten nun über Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben, sodass die Bruttomarge wieder auf dem Niveau vor dem Inflationsschub liege.

Die Aktien sind wie im langjährigen Schnitt bewertet

Dass sich die operativen Aussichten aufgehellt haben, zeigt sich nicht zuletzt im Aktienkurs – sowohl bei Symrise als auch bei der Konkurrenz.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2024 liegt nach dem Kursanstieg fast exakt auf dem langjährigen Durchschnittswert von 35. Der gleiche Befund gilt für Givaudan mit seinem Zehnjahresschnitt von 36. Ein Schnäppchen ist Symrise damit nicht, was aber angesichts der starken Marktposition auch nicht verwundert. Was im Vergleich mit Givaudan für Symrise spricht, sind die deutlich höheren Wachstumsaussichten, jedenfalls aus Sicht der Analysten. Sie trauen Symrise zwischen 2025 und 2027 jährliche Umsatzsteigerungen von mehr als 12% zu; bei Givaudan prophezeien sie nur Wachstumsraten zwischen 3 und 7%.

Die Frage ist, ob das starke Geschäftsmodell, die durchschnittliche Bewertung und die attraktiven Wachstumschancen derzeit genügen, sich von dem düsteren Anlageumfeld positiv abzuheben. Auf der Aktienseite schneiden am ehesten noch defensive Sektoren wie Basiskonsum vergleichsweise gut ab. In dieses wenig konjunkturempfindliche Segment fallen auch die Produkte, deren Hersteller Symrise beliefert. Die defensive Qualität erklärt zum Teil auch die relative Kursstärke von Symrise seit Mai.

Allerdings bedeutet Aktienanlage vor allem auch einen langen Atem. Der jüngste Kursrutsch am Aktienmarkt, von dem auch Symrise mitgerissen wurde, bietet deshalb eine Einstiegsgelegenheit – und sei es in mehreren Schritten, um bei einem weiteren Kursverfall teils günstiger einsteigen zu können.

Symrise ist keine himmelstürmende Tech-Aktie, sondern ein Papier, das von einem steten Wachstumsmarkt profitiert. Dort hat das Unternehmen eine sehr starke Position. Das neue Management hat seine Lehren aus 2023 offenbar gezogen und mit dem Sparprogramm Konsequenzen gezogen. Das Verbesserungspotenzial und die geringe Konjunkturabhängigkeit sprechen derzeit für die Aktien.

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