Freitag, Januar 31

Moskau war eine der Stützen des Asad-Regimes. Jetzt versucht der Kreml, mit der neuen syrischen Führung ein Einvernehmen zu finden. Dabei prallen völlig unterschiedliche Erwartungen aufeinander.

Den schnellen Zusammenbruch des syrischen Regimes unter Bashar al-Asad hatte kaum ein auswärtiger Akteur kommen sehen. Für Asads engste aussenpolitische Verbündete aber war er besonders folgenschwer. Über Nacht wurden sie von Freunden zu potenziellen Feinden, die dem nun gestürzten Diktator im Bürgerkrieg das Überleben ermöglicht hatten.

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Das trifft in besonderem Masse auf Russland zu: Es hatte nicht nur 2015 mit seinem militärischen Eingreifen Asads Herrschaft gerettet, sondern hat ihm und seiner Familie jetzt auch Zuflucht gegeben. Zumindest nach aussen stellte sich die russische Führung schnell auf die neuen Verhältnisse ein. Es bestehe täglich Kontakt zur neuen syrischen Führung, sagte Aussenminister Sergei Lawrow Mitte Januar. Aber die russischen Interessen in Syrien – allen voran die Militärstützpunkte – stehen nach dem Machtwechsel auf dem Spiel. Es könnte unangenehmer werden, als Russland sich das erhofft hatte.

Syrien erwartet Hilfe und Demut

Diese Woche hat erstmals eine hochrangige russische Delegation unter der Leitung des für die Region zuständigen Vizeaussenministers Michail Bogdanow die neuen syrischen Machthaber besucht. Im Vergleich mit westlichen Staaten kamen die Russen spät. Nach dem Treffen mit dem soeben zum Übergangspräsidenten ernannten früheren Rebellenführer Ahmed al-Sharaa sowie dem Aussen- und dem Gesundheitsminister gab sich Bogdanow eher zugeknöpft. Die Gespräche seien insgesamt gut gewesen, sagte er. Russland sei bereit, Syrien in dieser schwierigen Situation beizustehen. Die Frage der Militärbasen benötige aber weitere Verhandlungen.

Das hängt auch damit zusammen, dass die Übergangsregierung in Damaskus Erwartungen an Russland hat, die Moskau nicht gefallen dürften. Russland findet sich plötzlich in der Rolle des Bittstellers und Fehlbaren wieder. Offenbar hat die neue Führung der russischen Delegation gegenüber selbstbewusst klargemacht, dass Russland zunächst das Vertrauen der syrischen Bevölkerung zurückgewinnen müsse, und zwar durch Taten. Genannt werden in der Mitteilung der staatlichen syrischen Nachrichtenagentur Sana Kompensationszahlungen und Wiederaufbau. Die Wiederherstellung der Beziehungen erfordere auch die Berücksichtigung früherer Fehler und solle den Interessen der Syrer dienen.

Für die russische Führung, die in ihrem Selbstverständnis nie Fehler begeht und auch ihr Engagement in Syrien als Dienstleistung an dem Land verstand, muss das provokativ klingen. Die Syrer verlangen Demut und das Eingeständnis, dem syrischen Volk Unrecht angetan zu haben. Russland stellte sich bisher auf den Standpunkt, dass die Fehler, wenn es denn welche gegeben hat, von Asad zu verantworten seien. Lawrow hatte Mitte Januar unter anderem den Unwillen des alten Regimes, Reformen zuzustimmen, als Grund für den Zusammenbruch der Asad-Herrschaft genannt. Die Nachrichtenagentur Bloomberg will deshalb in Moskau in Erfahrung gebracht haben, die Gespräche zwischen Russland und Syrien befänden sich in einer Sackgasse.

Asad gegen Militärbasen?

Brisanter noch als die öffentlich formulierten syrischen Erwartungen sind von der Nachrichtenagentur Reuters in Umlauf gebrachte Berichte darüber, dass Sharaa die Erhaltung der russischen Militärstützpunkte von der Überstellung Asads an die neue syrische Führung abhängig gemacht haben soll. Der Kreml wollte weder darauf noch überhaupt auf die syrischen Vorstellungen eingehen. Sollte das aber stimmen, würde es Moskau in ein Dilemma stürzen. Die Militärbasen sind für Russlands Operationen in Afrika und im Mittelmeer sehr wichtig und ein Pfeiler des Grossmachtanspruchs. Gleichzeitig käme es Verrat an denen gleich, denen der Kreml Schutz und Hilfe versprochen hatte, sollte er Asad an die Feinde ausliefern.

Ohnehin hat Russlands Ruf bei Potentaten, denen es Sicherheit versprochen hat, durch die Inkaufnahme von Asads Sturz gelitten. Eine Überstellung Asads würde die Glaubwürdigkeit als Sicherheitspartner erst recht unterminieren. Womöglich hat sich Moskau ohnehin schon mit dem Verlust des Luftwaffenstützpunkts Hmeimim und des Hafens Tartus abgefunden. In den vergangenen Tagen soll es nach Medienberichten weitere Militärtechnik von dort abtransportiert haben.

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