Sonntag, Oktober 27

Lena Odenthal, dienstälteste «Tatort»-Kommissarin, löst in «Dein gutes Recht» ihren 80. Fall. Die Frauen kommen eindeutig besser weg in diesem Krimi, aber ist das auch gut?

Seit rund 35 Jahren ermittelt Lena Odenthal im «Tatort». Man mag es kaum glauben, aber es war wenige Tage vor dem Mauerfall 1989, als die Kriminalhauptkommissarin ihren Dienst in Ludwigshafen aufnahm. Der kontinuierliche Erfolg ist der Darstellerin Ulrike Folkerts zu verdanken. Ihre Lena O. ebnete den weiblichen Ermittlern im Sonntagskrimi den Weg und beanspruchte in ihrer feministischen Ausprägung ein Alleinstellungsmerkmal im «Tatort»-Reigen. Folkerts schuf hier Unverwechselbarkeit. Unbeirrt, durchsetzungsstark, manchmal stur, ist ihre Fernsehkommissarin bis heute kein Kind des Zeitgeists. Dabei macht die Schauspielerin sie auf eine feine Art empfänglich für menschliche Zurichtungen, ohne dass gleich die im Öffentlichrechtlichen übliche sozialkritische Plattitüde daraus wird.

Suche nach Wahrheit

Zum 25-Jahr-Jubiläum bekam Folkerts mit Lisa Bitter alias Johanna Stern einen neuen Sidekick. Obwohl das weibliche Doppel vor zehn Jahren aus dem Zickenkrieg heraus startete, passt mittlerweile zwischen Odenthal und Stern kein Blatt Papier mehr. Darum geht es im neuen Fall «Dein gutes Recht» auch, nämlich um das Vertrauen, welches dieses Frauenteam zusammenhält. Dieser Teil der neuen Folge ist sehenswert, und es wäre besser gewesen, vor diesem Hintergrund einen klassischen Krimi zu erzählen.

Aber grosse Jubiläen werfen ihre Schatten voraus. Und so hatte der Filmautor Martin Eigler die feierliche Idee, zwei Erzählebenen parallel zu schneiden. Auf beiden (dem eigentlichen Fall und der späteren internen Ermittlung wegen Odenthals Schusswaffengebrauch im Dienst) geht es um die Suche nach Wahrheit, ohne dass sich aus der Gegenüberstellung allerdings eine höhere Erkenntnis gewinnen liesse. So bleibt es beim Eindruck einer bemühten Konstruktion wider den Erzählfluss.

Lena Odenthal, über Polizeifunk zufällig alarmiert, fährt spontan zu einem Tatort, wo sie einen Verblutenden und dessen geschockte Ehefrau Patricia Prinz (Sandra Borgmann) auffindet. Ausgerechnet zur Jubiläums-Sause verhält sich die erfahrene Kommissarin nun aber komplett unlogisch. Statt die Frau in Sicherheit zu bringen, weil der Täter noch im Gebäude sein könnte, schickt sie die Blutüberströmte hinter die Kaffeebar. Wo man sich halt so versteckt, wenn Mörder umgehen. Daraufhin sucht die Kriminalhauptkommissarin im nächtlich leeren Gebäude allein nach dem Täter, statt auf die anrückenden Kollegen zu warten.

Anwältin ohne Skrupel

Gab es von der Anwaltskanzlei bearbeitete Gerichtsfälle, die möglicherweise Ursache für Hass und Rache sein könnten? In den Fokus der Ermittlerinnen rückt eine alleinstehende Mutter (Emma Drogunova), die einen von Prinz verteidigten luschen Callcenter-Betreiber (Matthias Lier) angezeigt hat. Prinz wird als skrupellose Anwältin gezeichnet, die es kaltlässt, dass für die junge Frau mit diesem Streit auch das Sorgerecht für ihren Sohn auf dem Spiel steht. Und wie war das mit Prinz’ Ehemann, der seinen Studenten die Anwaltsbriefe seiner Frau als Beispiel von mangelndem Berufsethos zu präsentieren pflegte? Das Drehbuch hält hier auf die Frage der Polizistinnen für die Juristin den müden Satz von der Extrembeziehung bereit: «Wir haben uns dauernd gestritten, und dann hatten wir den besten Sex.»

Sandra Borgmanns starkes Schauspiel in der Rolle der undurchschaubaren Anwältin vermag solche Klischees zu überspielen. Aber Bernd Hölschers interner Ermittler, der Lena Odenthal mit unlauteren Mitteln aufs Glatteis führen will und Johanna Stern gegen sie auszuspielen versucht, verkommt zur billigen Karikatur eines schmierigen Sexisten. So ist diese Hommage an Lena Odenthals weibliche Stärke dick aufgetragen und bleibt am Ende banal, weil sie aus den Männern Ekelzwerge macht.

Ulrike Folkerts, die Durchtrainierte unter den «Tatort»-Kommissaren, tischt das Malheur erzählerischer Holprigkeit im Showdown ab und widerlegt gleich auch noch jenes Klischee, dass Frauen schlechter altern müssen als Männer. Für ihren Sprint samt Schusswaffengebrauch hätten die Kollegen in Köln oder München (wo nun Batic und Leitmayr 2025 tatsächlich den Dienst quittieren) vermutlich einen Stunt gebraucht; weil dort das viele Bier und die Wurst mittlerweile schwer wiegen. So geht Frauenpower.

«Tatort» Ludwigshafen: «Dein gutes Recht», am Sonntag, 27. Oktober, um 20.15 Uhr in der ARD und um 20.05 Uhr im SRF.

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