Freitag, November 29

Der Google-Mutterkonzern Alphabet und Microsoft ernten für die Quartalszahlen Applaus. Andere Branchenriesen wie Meta Platforms und Intel enttäuschen. Das sind die wichtigsten Fakten zur Berichtssaison im Tech-Sektor.

Die Nerven sind angespannt. Nach einem dynamischen Start haben Aktien von Technologiekonzernen in den vergangenen Wochen merklich an Schwung verloren. Wie es weitergeht ist unklar. Entsprechend lösen die Abschlüsse zum ersten Quartal heftige Stimmungsschwankungen aus.

Das Paradebeispiel ist der Leistungsausweis von Alphabet. Der Google-Konzern meldet starke Zahlen zum operativen Geschäftsgang und führt erstmals in der Unternehmensgeschichte eine Dividende ein. Der Aktienkurs tendiert am Freitagnachmittag in New York vorbörslich 12% fester. Die Marktkapitalisierung könnte heute bei Handelseröffnung auf über 2 Bio. $ steigen.

Alphabet profitiert von der freundlichen Konjunkturlage. Das Wachstum im Kerngeschäft mit Internetwerbung hat sich in der Berichtsperiode weiter beschleunigt. Wie schon im ersten Quartal entwickelt sich vor allem die Werbenachfrage aus dem Detailhandel robust. Nach Regionen nahmen erneut die Einkünfte aus dem Raum Asien-Pazifik am meisten zu.

Als Resultat davon verbessert sich der Umsatz des Geschäftsbereichs im Vergleich zur Vorjahresperiode gut 14% auf 46,2 Mrd. $ – mehr als von Analysten erwartet. Und die Konzernleitung rechnet damit, dass der positive Trend im laufenden Quartal anhält.

Zurück auf Kurs ist ebenso YouTube. In der Berichtsperiode stiegen die Einnahmen des Videoportals fast 21% auf 8,1 Mrd. $, was die Analystenschätzungen ebenfalls übertraf. Der Bereich hatte während der Pandemie einen starken Wachstumsschub verzeichnet, musste danach aber mit einer anspruchsvollen Vergleichsbasis kämpfen. Mit der Öffnung der Wirtschaft liess zudem die Nutzerfrequenz nach. Inzwischen ist der «Covid-Kater» verarbeitet.

Google Cloud, der dritte grosse Geschäftsbereich von Alphabet, macht derweil bedeutende Fortschritte in Sachen Profitabilität. Der operative Gewinn ist in der Berichtsperiode weiter gestiegen auf 900 Mio. $, nachdem es vor einem Jahr weniger als 200 Mio. $ waren. Der Umsatz legte 28% auf 9,6 Mrd. $ zu und kam über den Erwartungen von 9,4 Mrd. $ zu liegen.

Alphabet überzeugt damit auf der ganzen Linie. Sorgen, dass der Internetriese aus dem Silicon Valley beim Wettlauf im Bereich künstliche Intelligenz in Rückstand geraten könnte, treten in den Hintergrund. Konzernweit resultieren 15% Umsatzwachstum auf 80,5 Mrd. $ – das schnellste Expansionstempo seit Anfang 2022. Die Verbesserung der Effizienz im Cloud-Geschäft sowie die allgemein strengere Disziplin bei den Kosten sollen die Ertragskraft für 2024 über das Niveau das Vorjahres heben. 2023 betrug die Ebit-Marge 28,7%.

Quasi als «Bonus» setzt Alphabet bei der Ausschüttungspolitik einen drauf. Das Unternehmen folgt dem Pfad, den Meta Platforms in der letzten Berichtssaison vorgespurt hat: Es führt eine Dividende von 0.20 $ pro Quartal ein.

Daraus errechnet sich zwar eine eher bescheidende Dividendenrendite von 0,5%, doch die Ankündigungen ist ein weiteres Signal, dass sich Alphabet freundlicher gegenüber den Publikumsaktionären verhält. Der vor einem Jahr angekündigte Aktienrückkauf im Umfang von 70 Mrd. $ wird denn auch mit einem neuen Programm in gleichem Umfang ersetzt.

Der Schwerpunkt bei der Kapitalallokation werde weiterhin auf Investitionen in Wachstum liegen, betonte Finanzchefin Ruth Porat. «Wir erachten die Einführung der Dividende als weitere Stärkung unseres gesamten Plans, Kapital an die Aktionäre zurückzuführen», meinte sie weiter. Angesichts des robusten Cashflows und der kerngesunden Bilanz kann sich das Alphabet problemlos leisten. Der Netto-Cashbestand beläuft sich per Ende März auf 108 Mrd. $. Kein anderer US-Konzern hat mehr Mittel auf der Seite.

Microsoft liefert zuverlässig

Mit einem gewohnt soliden Abschluss wartet Microsoft auf. Der Software-Gigant aus dem Grossraum Seattle positioniert sich im Bereich künstliche Intelligenz erfolgreich als Plattform- wie auch Dienstleistungsanbieter. An der Börse werden die Zahlen mit Kursavancen honoriert. Die Titel machen im vorbörslichen Handel 4% gut.

Der Markt richtet das Augenmerk bei Microsoft in erster Linie auf das Cloud-Geschäft. Die Sparte Azure, die Rechen- und Speicherdienste übers Internet anbietet, beschleunigt das Wachstum im Vorjahresvergleich auf 31%. Dies, nachdem die Einnahmen im Dezember-Quartal 30% zugenommen hatten. Analysten gingen von knapp 29% aus.

«Derzeit ist die kurzfristige KI-Nachfrage etwas höher als unsere verfügbaren Kapazitäten», sagte Finanzchefin Amy Hood. Wie sie während der Ergebnisbesprechung ausführte, dürfte sich das Wachstum von Azure in der aktuellen Berichtsperiode mit 30 bis 31% auf ähnlich ansprechendem Niveau bewegen wie in den ersten drei Monaten des Jahres.

Azure profitiert von zwei Trends: Erstens verlagern Unternehmen ihre IT-Infrastruktur mehr und mehr in die Cloud. Zweitens sorgt der Boom bei generativer künstlicher Intelligenz und grossen Sprachmodellen für zusätzliche Dynamik. Microsoft bietet diesbezüglich sowohl Rechenkapazitäten als auch eine Auswahl an Software-Anwendungen an. Gemäss dem Management hat KI im Berichtszeitraum sieben Prozentpunkte zum Wachstum von Azure beigetragen, leicht mehr als die sechs Prozentpunkte im vorangegangenen Quartal.

Die Division Intelligent Cloud mit Azure als wichtigstem Geschäftsbereich erzielte einen Umsatz von 26,7 Mrd. $. Das sind 21% mehr als im Vorjahreszeitraum und liegt über den Analystenschätzungen von 26,3 Mrd. $. Die Division Productivity and Business Processes, zu der die Bürosoftware Office zählt, steigerte den Umsatz 12% auf 19,6 Mrd. $, was sich Rahmen der Erwartungen bewegt. Erstmals sind die Einnahmen mit dem AI-Dienst Copilot für ein ganzes Quartal in den Zahlen der Sparte enthalten.

Unter dem Strich verbesserte Microsoft den Umsatz 17% auf 61,9 Mrd. $, womit die Analystenprognosen leicht übertroffen wurden. Das Gleiche gilt für den Konzerngewinn mit einer Zunahme von 18,3 auf 21,9 Mrd. $ oder 2.94 $ je Aktie.

Etwas geringer als erwartet fällt der für das laufende Quartal anvisierte Umsatz von 64 Mrd. $ aus. Dafür liegt die Prognose zur operativen Marge mit 42,3% über dem bisherigen Konsens von 41,5%. Im kommenden Geschäftsjahr, das Anfang Juli beginnt, strebt Microsoft erneut ein zweistelliges prozentuales Wachstum von Umsatz und operativem Gewinn an.

Meta und Intel enttäuschen

Wie in jeder Berichtssaison bleiben negative Überraschungen nicht aus. Die Reaktion an der Börse auf durchwachsene Quartalszahlen fällt dieses Mal harscher aus als sonst. Am heftigsten hat es Meta Platforms erwischt. Die Valoren des Mutterkonzerns von Facebook, Instagram und WhatsApp sind nach der Resultatpublikation am Mittwochabend 11% eingeknickt.

Aus operativer Perspektive hat Meta zwar durchaus respektable Zahlen geliefert. Sowohl Umsatz als auch Gewinn fielen über den Erwartungen aus. Entscheidend ist aber stets der Ausblick. Mit der Vorgabe von 18% Umsatzwachstum im laufenden Berichtszeitraum enttäuscht der Social-Media-Riese, was einen Teil der scharfen Kursreaktion erklärt.

Noch mehr Irritation löst aber wohl die Ansage von Konzerngründer Mark Zuckerberg aus, die Zügel bei den Kosten fortan wieder lockerer zu lassen. Für das Gesamtjahr erhöht er das Budget für Kapitalinvestitionen in KI-Infrastruktur und in unprofitable Projekte wie das Metaverse um 4 Mrd. $ auf 35 bis 40 Mrd. $.

«Auf kurze Sicht ist das Potenzial der Aktien wahrscheinlich limitiert, da Investoren nun auf mehr Klarheit hinsichtlich der Ausgaben im nächsten Jahr warten», denkt Scott Devitt, Analyst beim Broker Wedbush. Auch wolle der Markt zunächst Belge dafür sehen, dass Meta das Wachstum im zweiten Halbjahr trotz der anspruchsvolleren Vergleichsbasis hochhalten kann und neue KI-Dienste auf anhaltend positive Resonanz bei Nutzern sowie Werbekunden stossen.

Für Frustration sorgt ebenso Intel. Der Leistungsausweis des Spezialisten für Rechenprozessoren verdeutlicht, dass der Turnaround weiterhin Geduld erfordert und auch künftig nicht geradlinig verlaufen wird. Aus zyklischer Sicht kommt erschwerend hinzu, dass sich der PC-Markt weniger schnell erholt als erhofft. Die Titel tendieren vorbörslich 7% tiefer.

Im Geschäft mit Chips für Notebook-Geräte und Desktop-Computer, mit dem Intel am meisten Einnahmen verdient, verbesserte sich der Umsatz 31% auf 7,5 Mrd. $. Das ist leicht besser als von Analysten prognostiziert. Im Geschäft mit Prozessoren, wo der Konzern im Wettbewerb mit Nvidia und AMD unter Druck steht, stiegen die Verkäufe 5% auf 3 Mrd. $.

Konzernweit rapportiert Intel 9% Umsatzwachstum auf 12,7 Mrd. $, wogegen der Markt mit 12,8 Mrd. $ gerechnet hatte. Unter dem Strich resultieren 400 Mio. $ Verlust, nach einem Minus von 2,8 Mrd. $ im Vorjahr. Für das laufende Quartal stellt das Management 13 Mrd. $ Umsatz in Aussicht, was hinter den Analystenerwartungen liegt. Die im Januar kommunizierte Prognose, dass es im zweiten Halbjahr zu einer markanten Aufhellung des Geschäftsgangs komme, klingt damit weniger glaubhaft.

Immerhin: Aus technologischer Sicht ist Intel auf dem richtigen Weg, um sich bei der Produktion modernster Computerchips zurück an der Spitze zu etablieren. Die Probleme, mit denen der Konzern gegenwärtig kämpft, sind das Resultat von Versäumnissen, die viele Jahre in die Vergangenheit reichen. Deshalb braucht es Zeit, den Tanker wieder auf Kurs zu bringen. Rückschläge wie heute Freitag bieten auf lange Sicht Kaufgelegenheiten, sofern man mit den beträchtlichen Risiken einer Turnaround-Story umgehen kann.

In den kommenden Tagen wird es im Tech-Sektor voraussichtlich weitere grössere Kursbewegungen geben. Am Dienstag warten Amazon und der Intel-Rivale AMD mit dem Leistungsausweis auf. Am Mittwoch präsentiert Qualcomm die Zahlen. Am Donnerstag ist Apple an der Reihe.

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