Mittwoch, Januar 15

Der Genfer Hersteller von Bankensoftware übertrifft mit seinem Geschäftsverlauf im vierten Quartal die Erwartungen deutlich. Der seit bald einem Jahr amtierende CEO führt Temenos in die richtige Richtung.

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«No more drama», habe ich vor zwei Monaten zu Temenos geschrieben. Der Genfer Hersteller von Bankensoftware müsse unter der Führung des seit Mai amtierenden CEO Jean-Pierre Brulard Schritt für Schritt Vertrauen am Kapitalmarkt aufbauen, indem er nicht zu viel verspricht – und verlässlich liefert, was er in Aussicht stellt.

Genau das macht Temenos jetzt. Gestern Montag hat das Unternehmen den vorläufigen Abschluss für das vierte Quartal sowie für das Geschäftsjahr 2024 publiziert. Die Zahlen fielen auf der ganzen Ebene besser aus als von den Analysten erwartet.

Starker Cashflow

Der Umsatz aus Software-Lizenzverkäufen stieg im vierten Quartal zu konstanten Wechselkursen um 10% auf 168,2 Mio. $, für das Gesamtjahr resultierte ein 2%-Plus auf 450,5 Mio. $. Der Gesamtumsatz, inklusive Maintenance- und Service-Einnahmen, stieg im Geschäftsjahr um 5% auf 1044 Mio. $.

Die von Brulard initiierten Kostensenkungsprogramme entfalten ihre Wirkung deutlich früher als erwartet – mit dem Effekt, dass der Betriebsgewinn auf Stufe Ebit im vierten Quartal um 21% auf 120 Mio. $ gestiegen ist. Das entspricht einer Ebit-Marge von 37,6%, deutlich mehr als die von den Analysten im Konsens veranschlagten 32,2%.

Der freie Cashflow im vierten Quartal kam mit 141,7 Mio. $ (+25%) ebenfalls weit über den Erwartungen zu liegen. Für das Gesamtjahr resultiert ein freier Cashflow von 285 Mio. $ (+17%). Damit hat Temenos die eigene Prognose eines Wachstums von «mindestens 12%» deutlich übertroffen.

Der detaillierte Abschluss wird am 18. Februar publiziert. Die Börse reagiert aber bereits mit Applaus. Der Aktienkurs steigt heute Dienstag zeitweise um mehr als 9%.

Der neue CEO räumt auf

Ein erster, wichtiger Schritt ist getan. Nach mehr als einem Jahr voller Enttäuschungen hat Temenos mit ihren Zahlen positiv überrascht. Besonders hoch zu werten – abgesehen vom kräftigen Umsatzwachstum – ist die Tatsache, dass die von Brulard eingeleiteten Kostensenkungsmassnahmen greifen. Wie ich höre, räumt der Franzose mit den alten, von seinem Vorgänger Andreas Andreades hinterlassenen Strukturen auf.

Brulard erneuert die Organisation. Das war bitter nötig, denn Andreades als langjähriger starker Mann von Temenos hat intern wie auch extern – gegenüber Analysten und Investoren – viel Geschirr zerschlagen und Vertrauen zerstört. Brulard kommt bei den Investoren dagegen sehr gut an.

Was bedeutet das für die Zukunft?

Die Erholung von Temenos wird sich nicht linear fortsetzen. Die Quartalsberichterstattung im Softwaregeschäft bleibt naturgemäss schwankungsanfällig; ein grosser Vertrag, der vor Quartalsende unterschrieben wird oder nicht, kann die kurzfristige Berichterstattung erheblich beeinflussen.

Aktienkurs hat den Tiefpunkt hinter sich

Aber Temenos ist auf dem richtigen Weg. Die Umstellung der Softwareverkäufe auf ein berechenbareres Abo-Modell schreitet voran. Brulard setzt die richtigen Prioritäten, indem er die Verkäufe in den USA forciert. Der dortige Regionalbankensektor bietet viel Potenzial. In Europa wird auf grosse Banken gesetzt, wo die Genfer heute schon eine starke Position besitzen.

Der Bewertungsmalus ist noch nicht verschwunden. Wie Chandramouli Sriraman, Analyst des US-Brokerhauses Stifel, vorrechnet, werden die Temenos-Aktien basierend auf den Konsens-Gewinnschätzungen für 2025 mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 19 gehandelt, was im Vergleich zum europäischen Softwaresektor einem Abschlag von gut 20% entspricht. Nach den jüngsten Zahlen werden viele Analysten ihre Gewinnschätzungen nach oben revidieren müssen.

Die nächsten wichtigen Wegmarken aus Investorensicht sind der 18. Februar, wenn Temenos zusammen mit dem geprüften Jahresabschluss 2024 auch die Ziele für 2025 publiziert. Immer noch hängig ist zudem der angekündigte Verkauf der Fondsmanagement-Einheit Multifonds, mit dem die Investmentbanken Goldman Sachs und Rothschild mandatiert sind. Die Devestition könnte 350 bis 400 Mio. $ lösen. Ein Grossteil dieses Erlöses könnte in ein Aktienrückkaufprogramm fliessen.

Alles in allem gilt also: weiter so, Temenos. Meine bereits an dieser sowie an dieser Stelle formulierte These, wonach der Aktienkurs seine Tiefststände hinter sich gelassen hat, gilt weiterhin. Wenn ich einen bescheidenen Wunsch formulieren dürfte: Thibault de Tersant sollte im Amt des Verwaltungsratspräsidenten ersetzt werden. Der hochbezahlte Franzose bringt wenig Mehrwert in das Unternehmen ein. Positiv ist immerhin, dass er CEO Brulard gewähren lässt.

Übernahme bleibt ein Thema

Freude an der Entwicklung des Unternehmens unter Jean-Pierre Brulard dürfte Martin Ebner haben. Dessen Beteiligungsvehikel Patinex hat im August, als der Aktienkurs unter 55 Fr. gefallen war, seine Position auf über 20% aufgestockt.

Ich würde nicht ausschliessen, dass früher oder später auch das Thema einer Übernahme von Temenos durch eine Private-Equity-Gesellschaft wieder auf die Agenda kommt. Sie erinnern sich: Ein Deal stand im Sommer 2022 schon einmal kurz bevor, scheiterte jedoch an den überrissenen Preisvorstellungen des damaligen VR-Präsidenten Andreades. Gut vorstellen kann ich mir, dass Ebner im Fall einer Übernahme als Aktionär dabeibleiben würde – ein Käufer daher nur etwas mehr als 75% der Aktien erwerben müsste.

Doch damit bewege ich mich im Bereich des Hypothetischen; eine mögliche Übernahme ist nicht das Argument, das für die Aktien von Temenos spricht. Das wichtigere Argument ist, dass es CEO Brulard und seinem Team gelingt, durch solide Arbeit wieder Vertrauen zu gewinnen. Ohne Drama. Dann haben die Titel eine höhere Bewertung verdient.

Freundlich grüsst im Namen von Mr Market

Mark Dittli

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