Die Play-Ins starten in der Leventina mit einem Spektakel. Der HC Lugano zeigt dabei Charakter und gleicht einen Match aus, den er fast schon verloren hatte.
«Una storia d’amore lunga una vita», eine Liebesgeschichte dauert ein Leben lang. Das ist die Losung Ambris, die den Umzug von der alten Valascia über Strasse und Flugfeld in die neue Gottardo-Arena an der Autobahn überdauert hat. Lebenslang dürfte auch für die gegenseitige Ablehnung gelten, welche Lugano und Ambri im Tessiner Derby pflegen. Wenn dann nicht nur die Ehre, sondern auch noch einer der letzten Play-off-Plätze auf dem Spiel stehen, dann droht diese Leidenschaft zu überkochen.
Um die Fans zur Vernunft aufzurufen, melden sich die beiden Klubs bereits vor dem ersten Match am Donnerstag gemeinsam zu Wort und forderten ihre heissblütigen Anhänger auf, die Grenzen der Fairness nicht zu überschreiten. Der Aufruf endete mit den Worten: «Die gemeinsame Einladung lautet also, drei Tage voller Emotionen, Leidenschaft und sportlichem Stolz, aber auch mit Bildung, Klarheit und Bürgersinn zu erleben.»
Die Partie beginnt mit Verspätung
Die Choreografie des Leventiner Anhangs mit blau-weissen Girlanden machten noch vor dem ersten Bully einen zusätzlichen Einsatz der Eisreinigungsmaschine nötig. Statt wie vorgesehen um 20 Uhr, begann der Match deshalb mit knapp 15-minütiger Verspätung. Wer aber will schon um Minuten feilschen, wenn es um ewige Liebe geht.
Leidenschaft zeigte in diesem ersten Spiel zumindest zu Beginn vor allem der HC Ambri-Piotta und sein Anhang. Die Startminuten gehörten zwar dem Gast aus Lugano. Doch dann brachten Jakob Lilja und Tim Heed die Leventiner innerhalb von gerade einmal 15 Sekunden 2:0 in Führung. Nach gut zwölf Minuten traf Johnny Kneubühl zum 3:0, und Ambris Anhang war nicht mehr zu bremsen. Der Lärmpegel in der Gotthardo-Arena erreichte ein ungesundes Level, die Gesichtsfarbe eines Teils des Luganeser Anhangs ebenfalls.
Nach dem ersten Drittel führte der HC Ambri-Piotta 3:0, und das war aus der Sicht der Luganesi noch fast die beste Nachricht. Als Inti Pestoni in der 26. Minute gar auf 4:0 erhöhte, schien der Match entschieden und die aus Leventiner Sicht erhoffte Demütigung des Rivalen aus dem Sotto-Ceneri Tatsache.
Doch Ambris Herrlichkeit dauerte nur knapp eine Minute. Luca Fazzini traf zum 1:4 und meldete damit auch Lugano im Spiel an. Im letzten Drittel kippte die Partie endgültig. In der Schlussphase glichen Michael Joly und Santeri Alatalo die Partie innerhalb von einer Minute noch aus. Lugano suchte noch den Sieg und tat das mit so viel Leidenschaft, dass es im Übereifer in der Schlussphase gleich mit sechs statt den erlaubten fünf Spielern auf dem Eis stand, merkte das aber noch rechtzeitig vor dem Bully, und verhinderte so eine Strafe.
Alatalo, der den Match am Ende ausglich, sagte, sein Team habe den Start verschlafen, habe aber immer an die Wende geglaubt. Die Entwicklung des Spiels bewies, dass das mehr als die üblichen Floskeln waren. Alatalo sagte: «Im ersten Drittel waren wir nicht das Lugano, das man üblicherweise kennt.» Weniger euphorisch war die Stimmung beim Ambri Spieler Johnny Kneubühler, der ein S-Wort benutzte, das zu zitieren sich nicht geziemt.
Bereits am Samstag kommt es zum zweiten Duell
Noch ist nichts verloren – weder für Ambri und schon gar nicht für Lugano. Die Derby-Liebesgeschichte, die auch eine Legende der Leidenschaft ist, findet ihre Fortsetzung am Samstagabend in der Resega. Beide Teams gehen mit einem Punkt vom Donnerstag in diesen zweiten Match. Wer gewinnt – egal ob nach 60 Minuten oder nach Verlängerung –, der steht in den Play-offs gegen Fribourg-Gottéron. Dem Verlierer winkt immerhin noch eine weitere Serie gegen den Verlierer des Duells zwischen Genf/Servette und Biel, in dem die Seeländer vorgelegt haben.
😍Wow, was für ein Auftrakt in die Play-In!
💥Lugano holt einen 0:4-Rückstand auf.
🚨Biel entscheidet die Partie kurz vor Schluss.📱Alle Highlights & Stimmen gibt’s jetzt in der MySports App!#NationalLeague I #IchbinFan pic.twitter.com/AItuPSiFPy
— MySports (@MySports_CH) March 8, 2024
Ambris Coach Luca Cereda hatte vor dem Match von einer verlängerten Tessiner Fasnacht gesprochen. Sie geht am Samstag in die Verlängerung. Erneut dürften die Emotionen hoch gehen. Das grosse Polizei-Aufgebot, das am Donnerstag vor der Gottardo-Arena in Bereitschaft stand, hatte einen ruhigeren Abend als befürchtet. Doch wer weiss schon, ob das auch am Samstag so bleibt. Denn dann werden die Punkte ganz sicher nicht geteilt.