Donnerstag, Oktober 10

Frühling heisst, in die Erde zu greifen, zu graben, zu schwitzen. Aber Vorsicht: Beim Hobbygärtnern kann vieles schiefgehen. Diese Fehltritte sollten Sie vermeiden.

Letztens war ich in einem Baumschneidekurs. Dort sollte ich lernen, wie man Bäume so schneidet, dass man Birnen und Äpfel pflücken kann wie im Paradies. Ich lernte aber vor allem eines: dass ich mir letzten Herbst den Weg ins Paradies zerschnitten habe.

Als Neo-Gärtner griff ich damals zur Rosenschere und knipste Zweig um Zweig meines alten Birnbaumes ab. Es war eine meditative Beschäftigung. Ich fühlte mich gut, denn ich dachte, ich tue dem Gewächs etwas Gutes. Ein radikaler Schnitt für eine radikal gute Ernte. Glaubte ich.

Am Ende sah mein Baum aus wie eine kahle Figur von Alberto Giacometti. Leblos und verknöchert. Während des Kurses dämmerte mir: Als Amateur hast du im Garten nichts zu suchen. Du kannst eigentlich nur verlieren.

«Absolut falsch», sagt Horst Mager. Der 60-jährige Deutsche ist Landschaftsgärtner, Diplom-Biologe und Buchautor. Er sagt, im Garten zu arbeiten müsse nicht schwer sein. «Im Gegenteil, es ist einfacher, als man denkt.»

Und zwar dann, wenn man diese Anfängerfehler vermeidet.


1. Der falsche Standort

Rosen im Schatten, Rhododendren in der prallen Sonne, bei solchen Anblicken schmerzen Horst Mager die Augen. Er sagt: «Bitte buddeln Sie Ihre Pflanzen nicht einfach irgendwo ein – auch zu Ihrem Wohl.» Denn ein Rosenbusch am falschen Ort, also im Schatten, bedeutet vor allem viel Arbeit und wenig Ertrag. Der Stock braucht konstante Pflege und teure Präparate, um zu überleben. Falls er überhaupt überlebt.

Mager nennt das gegen den Garten arbeiten. «Das ist nicht nur unnötig, sondern sorgt für sehr viel Frust und Stress.»

So geht es anders: «Nehmen Sie sich einen Tag frei, stehen Sie in Ihren Garten und schauen Sie, wo die Sonne hinfällt. Am Ende wissen Sie, wo es mehr Licht hat, und wo es schattiger ist – und damit, wo welche Pflanzen ganz natürlich wachsen können.» Mit dem richtigen Standort in der Sonne blüht auch der Rosenstock, und zwar ganz ohne teure Pflanzenschutz-Medikamente.

2. Billige Blumen und teure Gartenerde

Eine wunderschöne Primel für wenig Geld? Die kommt gleich mit. «Besser nicht», sagt Horst Mager. «Ich rate Ihnen, keine billigen Pflanzen zu kaufen.»

Diese seien oft unter unnatürlichen Bedingungen im Treibhaus produziert worden. Sie kennen keinen Wind, sie kennen kein Sonnenlicht. «Sie sind sozusagen im Wellnessbereich eines All-inclusive-Hotels gezüchtet worden, mit Nahrung aus der Pipette.» Pflanzt man sie in den Garten, muss man ständig an ihnen herumpäppeln. Sonst gehen sie gleich ein.

Besser sei es, beim regionalen Gärtner Pflanzen zu kaufen. «Diese sind teurer und vielleicht sogar etwas weniger hübsch als die anderen», sagt Mager. «Aber sie sind robuster, denn sie kennen die hiesigen Bedingungen.»

Geld sparen kann man woanders: bei Dünger, Holzschnitzel und teurer Gartenerde. Horst Mager sagt es so: «Worin besteht der Mehrwert, Laub, Äste und geschnittenen Rasen in Säcke zu verpacken, diese aus dem Garten zu schleppen, den Inhalt auf einem Recyclinghof zu entsorgen, nur um dann mit dem leeren Auto zum Gartencenter zu fahren, es wieder mit teurer Erde, Mulch, Dünger und Kompost vollzuladen und das Ganze in den Garten zu schleppen?»

Eine Ressourcen-, Geld- und Zeitverschwendung, findet der Experte. «Fast alles, was der Garten braucht, liefert er selbst – ganz automatisch.»

Laub etwa sei ein wertvoller Rohstoff, den uns die Natur im Herbst direkt in den Garten liefere, und das, ohne etwas dafür zu verlangen. Die Blätter könne man mit dem Rasenmäher schreddern und es in die Beete oder unter Hecken und Bäume verteilen, «anstatt sie jedes Jahr genervt wegzurechen». Laub liefere wertvollen Humus. «Das zeigt: Ein schöner, gesunder Garten hat nichts mit Geld zu tun.»

3. Das falsche Gemüse

Wer Gemüse in seinen Garten pflanzt, sollte sich nicht nur von seinem Gaumen leiten lassen. Denn nicht alles, was einem am besten schmeckt, wächst auch in der eigenen Erde. Horst Mager sagt: «Gemüse braucht möglichst viel Sonne, und das schon früh im Jahr.» Mindestens fünf, sechs Stunden also. Ist es zu schattig, wird es nichts. Zudem sollten die Pflanzen robust sein.

Gutes Gartengemüse könnten Kartoffeln sein. Sie wachsen eigentlich überall, auch an nicht allzu sonnigen Stellen. Oder Kohl, «ein entspannter Geselle», findet Mager. Auch Bohnen seien unkompliziert, zum Beispiel die Sorte Blauhilde. Das Gewächs eignet sich bestens als Beetpartner von Tomaten. «Bohnen können Stickstoff binden und futtern den Nachbarn nichts weg.»

Apropos Tomaten: Auch hier braucht es robuste, für das Freiland geeignete Sorten – und keine Gewächshaustomaten. Green Zebra, etwa, oder Yellow Submarine. Schwarze Kirsche oder Gardener’s Delight. «So richtig unkompliziert sind aber nur die Johannisbeertomaten», sagt Mager. «Am besten in Rot (Rote Murmel) oder Gelb (Golden Currant).»

Die Johannisbeertomate mache nicht viel Arbeit, man könne sie einfach an irgendeinem sonnigen Ort eingraben. Auch auf dem Balkon seien sie bestens geeignet. Mager pflanzt seine Tomaten übrigens schon in der ersten Maiwoche in die Beete, also noch vor den Eisheiligen.

4. Das falsche Giessen

Wer kennt es nicht: Keine Zeit zum Giessen, also nimmt man schnell den Schlauch und spritzt ein wenig über die Pflanzen hinweg. Dabei ist richtiges Giessen gar nicht schwer. Am besten macht man es in den frühen Morgenstunden. Dann ist es am kühlsten, das Wasser verdunstet weniger und die Feuchtigkeit hält sich länger im Boden.

Morgenmuffel können aber auch abends giessen. Das ergibt laut Mager vor allem dann Sinn, wenn es sehr heiss ist und die Feuchtigkeit über Nacht so richtig in den Boden eindringen kann. Generell empfiehlt der Experte, lieber weniger, dafür ausgiebig zu giessen, als häufig, aber nur ein bisschen.

Vom Duschprinzip rät Mager ab: Statt von oben herab Wasser rieseln zu lassen, sollte man mit der Kanne oder dem Schlauch bodennah von Gebüsch zu Gebüsch wandern, damit es am richtigen Ort landet. «Dabei zähle ich innerlich bei jeder Pflanze bis zehn.»

Und was sollte man gar nie tun? In der Mittagshitze den Sprenger laufen zu lassen. Eine Wasserverschwendung, findet Mager. «Wenn ich so etwas sehe, werde ich richtig sauer.»

5. Die falschen Balkon-Töpfe

Für alle, die auf dem Balkon gärtnern, gilt eine wichtige Regel: Je grösser der Topf, desto besser. So bleibt die Erde länger feucht. Das macht nicht nur das Balkongärtnern weniger aufwendig, die Tomaten oder Blumen haben auch mehr Raum, um sich zu entfalten. Horst Mager rät deshalb, den Balkon auszumessen und zu schauen, welche Töpfe oder Beete maximal hinpassen.

Hobby-Gärtnerinnen müssen sich auch nicht auf Balkonpflanzen beschränken. «Ganz viel, was für den Garten gedacht ist, kann man auch auf dem Balkon anpflanzen», erklärt Mager.

Doch auch hier gilt: Die richtige Pflanze braucht den richtigen Standort. Zwar kann man seinen Balkon nicht an einen anderen Ort verlegen. Aber man sollte schauen, wie lange die Sonne scheint – und erst dann das richtige Gewächs anschaffen. «Das ist das A und O für das Gedeihen und Gesundbleiben einer Pflanze, auch auf dem Balkon.» So mögen Petunien und Margriten eher Sonne. Hortensien und Glockenblümchen eher Schatten.

6. Ungeduld

Wer kennt es nicht: Es wird Frühling, und man will sofort tätig werden, in die Erde greifen, Tomaten und vielleicht sogar ein Bäumchen einpflanzen. Einfach einmal abwarten und Nichtstun geht nicht. Der Tatendrang ist grösser. «Das ist eigentlich schön», sagt Horst Mager. Aber oftmals käme es zu Impulshandlungen im Garten. Und später zu Frust, da die Pflanzen nicht so wachsen, wie man sich das vorgestellt hat.

«Die Leute sagen dann: ‹Ich habe halt keinen grünen Daumen› – und lassen das Gärtnern bleiben.» Das findet Mager schade. «Die meisten Pflanzen wachsen wieder nach. Man versaut es sich also nicht für immer.» Aus jedem Fehltritt lerne man. «Das ist absolut normal.» Dann grabe man halt das Bäumchen wieder aus und verschiebe es fünf Meter weiter nach links, wo es etwas mehr Licht hat.


Die sechs Anfängerfehler zeigen: Ohne ein wenig Aufwand geht es nicht. Warum also sollte man überhaupt gärtnern? Horst Mager sagt: «Es gibt kaum eine Tätigkeit, die einen so zufrieden machen kann.» Gärtnern erde, gärtnern beruhige. Und gärtnern mache grosse Freude, denn man sieht das Ergebnis seiner Arbeit in Form von Blüten.

«Der Garten braucht vor allem Liebe und Zeit», sagt Mager. Das sage auch ich mir. Und gebe meinem Birnbaum zwei, drei Jahre, sich von meiner Schandtat zu erholen.

Zur Person

PD

Horst Mager – Gärtner aus Leidenschaft

scf. Horst Mager besitzt mitten in Berlin einen Schrebergarten. Von dort aus sendet er als Gartenexperte für den TV-Sender RBB Ratschläge für Hobbygärtnerinnen. Auch auf Youtube und Instagram ist er mit seinen Tipps unterwegs, unter dem Namen «Horst sein Schrebergarten». Mager ist Landschaftsgärtner, Diplom-Biologe und Journalist. Aber vor allem ist er leidenschaftlicher Gärtner. Und das schon seit seiner Kindheit. In seinem Buch «Einfach gärtnern – naturnah und nachhaltig» will Mager Gartenneulingen die Angst vor dem Gärtnern nehmen. Erschienen ist es im Februar im Insel-Verlag.
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