Samstag, Dezember 21

Die rot-grünen Klimapolitiker wollen Netto-Null um jeden Preis. Dass dies zu unüberlegten Aktionen führt, zeigt eine Abstimmung in der Stadt Zürich.

Simone Brander ist begeistert. Die Zürcher SP-Stadträtin spricht von einem «äusserst spannenden Projekt», von einem «grossen Schritt in Richtung Netto-Null», gar von einem Stück «Zürcher Klimageschichte», das geschrieben werde.

Die euphorisierte Sozialdemokratin bezieht sich auf ein Pilotprojekt, über das die Zürcherinnen und Zürcher am 22. September abstimmen. Es geht um den Kredit für den Bau und den Betrieb einer Anlage zur Abscheidung von CO2, und zwar in der grössten Kläranlage der Schweiz, dem Werdhölzli. Rund 25 000 Tonnen CO2 will die Stadt mit dieser «Pionieranlage» künftig abscheiden und verflüssigen.

Auf dem Papier tönt das Projekt interessant. Anstatt CO2, das bei der Verbrennung von Klärschlamm entsteht, in die Luft zu blasen, wird es herausgefiltert. Die Stadt spricht von Negativemissionen, die so entstehen. CO2 wird der Atmosphäre entzogen und dauerhaft gespeichert. Nur so, argumentiert die Stadt, sei das ehrgeizige städtische Klimaziel, das man sich gesetzt habe, bis 2040 zu erreichen.

Das Projekt zeigt exemplarisch, zu welchen unvernünftigen und sündhaft teuren Aktionen das Netto-Null-Ziel die Planer verleitet. Der Klimaneutralität wird alles untergeordnet – koste es, was es wolle. Man investiert blindlings in teure Pilotprojekte, klopft sich auf die Schultern und spielt sich als Klimaretter auf. Eine saubere Kosten-Nutzen-Rechnung macht niemand mehr.

Im Fall des Werdhölzli-Pionierwerks gibt sogar Simone Branders Entsorgungsamt zu, dass der Preis «vergleichsweise hoch» sei. Pro eingesparte Tonne CO2 wird die Stadt rund 600 Franken ausgeben. Im Jahr sind es über 14 Millionen Franken. Die Baukosten der Anlage sollen 35 Millionen betragen. Laut Fachleuten ist das ein Mehrfaches der üblichen Kosten von Projekten, in denen CO2 abgeschieden wird.

Für die Stadt Zürich, die im Geld zu schwimmen glaubt, scheint nur das Teuerste gut genug zu sein. Der «Zürich-Finish» schlägt wieder einmal voll durch.

Wenn das Ganze wenigstens einen namhaften Effekt hätte. Doch dieser ist minim. Mit den vielen Millionen Franken werden pro Jahr bloss etwa zwei Prozent des jährlich in der Stadt direkt verursachten CO2-Ausstosses aufgefangen. Das ist praktisch nichts. Im globalen oder nur schon schweizweiten Massstab verpufft die Wirkung gänzlich. Von einem «grossen Schritt in Richtung Netto-Null», wie Stadträtin Brander sagt, kann nicht die Rede sein.

Fast schon absurd wird es, wenn man sieht, was mit dem abgeschiedenen CO2 geschehen soll. Etwa die Hälfte kommt in Schweizer Recyclingbeton, die andere wird wortwörtlich im Meer versenkt. Das Zürcher CO2 soll in der dänischen Nordsee etwa 2000 Meter unter dem Meeresgrund unter einer Schicht aus Deckgestein verpresst werden.

Stadträtin Simone Brander wurde einst bekannt mit dem Ausspruch, selbst schwere Einkäufe wie etwa eine Waschmaschine liessen sich mit Lastenvelos transportieren. Für das abgeschiedene CO2 gilt das sicher nicht. Es wird die Schweiz in Richtung Norden in schwerem Gerät verlassen. Im Schnitt dürften drei voll beladene Tanklastwagen pro Tag nötig sein, um die Ladung nach Deutschland zu schaffen. Von dort wird sie per Zug und Schiff weiterbefördert. Insgesamt frisst der Transport mit 7 Millionen Franken die Hälfte der jährlichen Ausgaben weg.

Die Planer betonen, dass das Projekt trotz diesen Fahrten ein klarer Gewinn für das Klima sei. Dennoch kann man sich die Frage stellen, wie sinnvoll ein solches Vorgehen ist.

Kommt hinzu, dass die Stadt schon weitere Projekte im Auge hat. Falls sich die CO2-Anlage im Werdhölzli bewährt, will Stadträtin Brander als Nächstes einen ungleich grösseren Wurf in Angriff nehmen: die Kehrichtverbrennungsanlage Hagenholz. Die Kosten dürften dort um ein Vielfaches höher sein. Aber das, so scheint es, bekümmert in der Netto-Null-Stadt Zürich niemanden gross.

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