Der populäre Spitzenpolitiker Pita Limjaroenrat nimmt seinen Sitz im Parlament Thailands wieder ein. Er hatte mit seiner Fortschrittspartei im Mai zwar die Parlamentswahl gewonnen, durfte aber nicht Regierungschef werden.
Thailands Verfassungsgericht hat am Mittwoch für eine Überraschung gesorgt. Pita Limjaroenrat, der im Mai mit seiner Fortschrittspartei die Parlamentswahl gewonnen hatte, darf Abgeordneter bleiben. Die Verfassungsrichter sprachen ihn vom Vorwurf frei, rechtswidrig gewählt worden zu sein.
Zuvor hatte die Wahlkommission Pita vorgeworfen, trotz seinen Anteilen an dem Medienunternehmen iTV kandidiert und damit gegen die Verfassung verstossen zu haben. In Thailand ist es Parlamentskandidaten untersagt, an Medienkonzernen beteiligt zu sein. Pita hatte ab dem 19. Juli bis zur Klärung der Rechtslage seinen Sitz im Parlament ruhen lassen müssen. Nun kehrt er zurück.
Unhaltbare Vorwürfe
Das Urteil des Verfassungsgerichts kam überraschend. 2019 hatte das Gericht dem Gründer der Fortschrittspartei in einem vergleichbaren Fall den Parlamentssitz und seine passiven Wahlrechte entzogen. Vor diesem Hintergrund war mit einem ähnlichen Urteil für Pita gerechnet worden.
Die Vorwürfe gegen ihn waren jedoch zu dünn. Pita hatte nach dem Tod seines Vaters 2006 dessen Nachlass verwaltet. Und in diesem befanden sich 42 000 Anteile an iTV. Allerdings war dem Medienunternehmen im März 2007 die Lizenz entzogen und diese dem staatlichen Sender Thai PBS übertragen worden. Seither verdient das Unternehmen kein Geld mehr mit Journalismus. 2014 verabschiedete sich iTV auch von der Börse in Bangkok. Pita war deshalb zuversichtlich, seine politische Karriere fortsetzen zu können.
Neben der Rückkehr ins Parlament, wo er künftig an der Spitze der grössten Oppositionspartei stehen wird, kehrt er auch als Chef der Fortschrittspartei zurück. Im September war er wegen des hängigen Verfahrens von diesem Posten zurückgetreten.
Pita hat sich mit dem Establishment angelegt
Das konservative Establishment, das sich aus dem Militär und den Royalisten zusammensetzt, sieht das Urteil mit Skepsis. Es hatte bei der Parlamentswahl im Mai eine herbe Niederlage hinnehmen müssen. Nur durch eine Koalition mit Pheu Thai, der Partei des einstigen thailändischen Regierungschefs und Erzfeindes der Konservativen, Thaksin Shinawatra, war es dem konservativen Establishment gelungen, an der Macht zu bleiben.
Die Zeit spielt für Pita. Die Fortschrittspartei ist in weiten Bevölkerungsteilen populär. Sie hatte bei der Wahl in Bangkok von 33 Direktmandaten 32 gewonnen und stellt im Parlament 151 von 500 Abgeordneten. Pita scheiterte dennoch dabei, an der Spitze einer Koalition aus acht Parteien zum Regierungschef gewählt zu werden. Die Senatoren, die das Militär ernannt hatte, verwehrten ihm ihre Stimmen.
Die Jahre in der Opposition bieten der Fortschrittspartei Chancen. Die Partei ist mit vielen unerfahrenen Abgeordneten ins Parlament eingezogen. Sie können nun politische Erfahrungen sammeln und sich auf die nächste Wahl, die voraussichtlich 2027 stattfinden wird, vorbereiten.
Die Beliebtheit der Fortschrittspartei ist ungebrochen. In Umfragen legt sie weiter zu. Bei der Wahl im vergangenen Jahr hatte sie 38 Prozent erhalten. Umfragen sehen sie inzwischen bei 45 Prozent. Deutlich dahinter liegt Pheu Thai, die mit Srettha Thavisin derzeit den Regierungschef stellt. Ihr werden 25 Prozent prognostiziert.
Marginalisiert sind die Parteien, die dem Militär nahestehen. In den Umfragen werden ihre Ergebnisse nicht mehr gesondert ausgewiesen. Fraglich bleibt, ob die konservative Garde dem Aufstieg der Fortschrittspartei tatenlos zusehen wird.
Die Fortschrittspartei muss bald wieder vor Gericht
Bereits am Mittwoch kommender Woche steht Pita mit seiner Partei abermals vor Gericht. Die Verfassungsrichter werden sich mit dem Vorwurf befassen, die Fortschrittspartei wolle Thailands Monarchie abschaffen.
Die Partei hatte im Wahlkampf eine Reform des Artikels 112 des thailändischen Strafgesetzbuches gefordert. Gemäss diesem wird jeder mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei und fünfzehn Jahren bestraft, der die königliche Familie verleumdet, beleidigt oder bedroht. Die vagen Formulierungen erschweren es den Bürgern jedoch, zu verstehen, welche Handlungen diesen Straftatbestand erfüllen.
Die Klage zeigt die Nervosität der alten Garde, denn die Fortschrittspartei will den Artikel nicht abschaffen, sondern nur reformieren. Selbst dieses Ansinnen geht den Konservativen jedoch zu weit. Mittwoch kommender Woche steht das politische Schicksal von Pita und der Fortschrittspartei also erneut auf dem Spiel.