Donnerstag, April 17

Nicht nur in der Welt der Reichen und Schönen, die im fiktiven Hotel «The White Lotus» der gleichnamigen Serie ihr Unwesen treiben, setzen viele auf Filler statt auf Mimik. Die Schauspielerin Carrie Coon hingegen hat ein dem Alter entsprechendes Gesicht – und wird dafür im Netz gefeiert.

Die TV-Serie «The White Lotus», die sich seit drei Staffeln um das Gebaren von sehr reichen Menschen mit sehr unangenehmen Charakteren vor sehr schöner Hotelkulisse dreht, zu schauen, ist in gewissen Kreisen ein Muss. Neben der Handlung wird auch eifrig besprochen, was die Protagonistinnen und Protagonisten tragen, lesen, essen, trinken. Und natürlich wie sie aussehen. Viel diskutiert wurden dabei jene Features, die sich abheben von dem Hollywood-Normschönen, das man gewohnt ist.

Falten und eigenwillige Zähne: Die Optik von Carrie Coon (links) als Laurie Duffy und Aimee Lou Wood als Chelsea in «The White Lotus» gab zu reden.

Neben den grossen, etwas schiefen Zähnen von Aimee Lou Wood alias Chelsea fiel den Zuschauenden noch eine andere Imperfektion auf, die eigentlich gar keine ist: die mit Falten versehene Stirn von Carrie Coon als die Anwältin Laurie Duffy. Denn: Stirnfalten sind in Frauengesichtern im bewegten Bild eigentlich nicht mehr vorhanden. Ein paar feine Krähenfüsse, die Andeutung einer Zornesfalte bei über Dreissigjährigen: ja. Aber die typischen horizontalen Linien, die entstehen, wenn man die Augenbrauen überrascht hochzieht, wenn man nachdenkt, kritisch schaut: eliminiert, weggespritzt mit Botox und Co.

Es fehlt an Vorbildern

«Falten sind wie ein Tagebuch, das ich auf meinem Gesicht trage», soll die Modedesignerin und Unternehmerin Diane von Fürstenberg einmal gesagt haben. In dieses Tagebuch mag heutzutage niemand mehr schreiben, zumindest nicht auf dem Bildschirm. Egal ob Demi Moore mit 62 Jahren, Kristen Bell mit 44, Pamela Anderson mit 57, sie alle tragen hohe, glatte Stirnen spazieren. Das ist natürlich in Ordnung; jede soll so aussehen, wie sie will. Und zu vielen Rollen für «ältere» Frauen passt das offensichtlich verjüngte Aussehen durchaus, Demi Moore spielte so eine alternde Tänzerin, Pamela Anderson ein alterndes Showgirl.

Zu bedauern ist aber, dass es augenscheinlich hauptsächlich solche Rollen sind, die es in diesem Alterssegment gibt. Und dass damit ein solcher Look immer mehr zur Norm wird.

Wer mit Mitte vierzig Falten spazieren trägt, der fällt auf, wie das Aufsehen um Carrie Coon deutlich macht. Die Vielfalt fehlt und damit die Vorbilder für jene, die gut ohne Filler leben. Coon hat das Zeug, ein solches Vorbild zu sein. Ihre schauspielerische Leistung in der Serie wird gefeiert. Vor allem ihr emotionaler Abschlussmonolog in der letzten Folge der aktuellen dritten Staffel, in dem sie langjährige Freundschaften preist, egal wie kompliziert diese ab und an auch sein mögen, war sehr bewegend. Sicher auch, weil da Bewegung war in ihrem Gesicht, im Gegensatz zu den von Botox eingefrorenen Gesichtern ihrer glattstirnigen Serienfreundinnen.

Exit mobile version