Mittwoch, Oktober 9


Tipps

Wir haben beim Kindervelo-Pionier Woom und bei Wheely Pop, dem ersten Kinderveloladen in Zürich, nachgefragt, warum nicht nur die Grösse, sondern vor allem das Gewicht und der Preis eine wichtige Rolle spielen.

Die Kindervelolandschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Waren es früher kleine Menschen ab dem fortgeschrittenen Kindergartenalter, die auf Fahrrädern unterwegs waren, ist es heute gut möglich, dass man im Park von einer Dreijährigen auf einem Minivelo überholt wird. Sehr oft fährt das Kind ein Modell der österreichischen Marke Woom Bikes. Sie ist massgeblich mitverantwortlich dafür, dass immer Jüngere das Fahrradfahren beherrschen. In Österreich, Deutschland und der Schweiz gehört Woom Bikes zu den Marktführerinnen. Die Marke ist in dreissig Ländern präsent.

Bestseller kommt aus Österreich

Gegründet wurde Woom Bikes 2013 von den Vätern und Velofreaks Christian Bezdeka und Marcus Ihlenfeld in bester Apple-Manier in einer Garage in Wien. Ihr Grund für das Startup war einer, mit dem viele solche Geschichten beginnen: Sie waren mit dem Angebot nicht zufrieden.

Als zu schwer empfanden sie die erhältlichen Fahrräder und als nicht passend zur Ergonomie von Kindern. Vor allem das leichte Gewicht der Woom-Räder, zwischen 3 und 11,2 Kilogramm je nach Modellgrösse, mache einen grossen Unterschied aus, erklärt Nicolas Christen, Senior Manager of Growth bei Woom. Wenn ein Kleinkindervelo 10 Kilogramm wiegt, kann das die Hälfte des Körpergewichts des fahrenden Kindes sein. Zum Vergleich: Ein durchschnittlicher erwachsener Mann mit 86 Kilogramm müsste ein Velo von 43 Kilogramm händeln können.

Wenig Gewicht für mehr Spass und Sicherheit

Aber auch sonst könne man nicht einfach ein Rad für Erwachsene verkleinern und habe dann ein gutes für Kinder, sagt Christen weiter, «Kinder haben andere Proportionen». Woom Bikes vermisst deshalb Kinderkörper und entwickelt die Velos dementsprechend, vom Sattel bis zum Lenker. Auch die Sicherheit spielt eine grosse Rolle. So wird die Hinterradbremse bei den Velos für Jüngere grün eingefärbt, damit diese automatisch zu ihr greifen, anstatt nur vorne zu bremsen und im schlimmsten Fall über den Lenker zu fliegen.

Auch für Lidija Marković, Geschäftsführerin von Wheely Pop, dem ersten Kinderveloladen von Zürich, ist das Gewicht entscheidend. «Wir setzen ausschliesslich auf Lightweight-Modelle mit Aluminiumrahmen. Das ist ein Must», so beantwortet sie die Frage, wie die Brands für ihren Shop ausgesucht werden: «Ein leichtes Velo ist nicht nur für die Eltern praktischer, die Kinder lernen das Velofahren auch tatsächlich schneller, weil das Bike wendiger ist und mehr Spass macht. Auch der Sicherheitsaspekt ist bei leichten Velos stärker gegeben.»

Im Angebot sind bei Wheely Pop Marken wie Academy Bikes aus Deutschland, die ihr Kindervelo zusammen mit dem Deutschen Institut für Orthopädie, Osteopathie und Sportmedizin in Bielefeld entwickelt hat. Und die Schweizer Brands Naloo und Siech.

Welche Rolle spielen Grösse, Preis, Farbe und Material?

Neben dem Gewicht spielen die unterschiedlichen Geometrien eine Rolle. Es lohne sich, verschiedene Marken im Laden auszuprobieren, um zu sehen, welches Modell in welcher Grösse am besten passt. Ebenfalls relevant sei die Optik: «Unsere Bikes für alle Bedürfnisse wie Trail, City, Touren, Skateparks, Allrounder sind hochwertig, aber auch cool, in vielen Farben», erklärt Marković. Auch bei Woom ist das Design wichtig. Die Velos für Kleine sind bunt, wirken verspielter. Bei den grösseren Modellen werden die Farben gedeckter. «Bei jüngeren Kindern reden oft die Eltern noch mit», erklärt Christen, «Ältere legten hingegen viel Wert auf Coolness.»

Design, Innovation, hochwertige Materialien, Standort Schweiz oder Europa: Das alles hat seinen Preis. Ein Laufrad kostet bei Woom Bikes und Wheely Pop mehr als 200 Franken, ein 13-Zoll-Velo, je nach Körpergrösse fahrbar ab drei Jahren, ist ab 300 beziehungsweise 490 Franken zu haben. Das teuerste Velo bei Woom schlägt mit 1299 Franken zu Buche. Wer mit irgendeinem heruntergerockten Velo von den Geschwistern oder vom Flohmarkt das Fahrradfahren gelernt hat, schluckt angesichts dieser Summen schwer. Doch die kürzlich veröffentlichten Testergebnisse des ADAC bestätigen: Ein gutes Velo hat seinen Preis.

Marken und Läden wie Woom und Wheely Pop passen also in eine Zeit, in der Eltern immer mehr Geld für ihre Kinder ausgeben. Laut dem deutschen Statistischen Bundesamt stiegen die Ausgaben für ein Kind zwischen 2015 und 2018 um 16 Prozent. Vom Budget und vom Gusto der Eltern hängt es ab, ob das Geld in Markenkleidung, Musikunterricht oder in ein Alu-Velo investiert wird.

Wer sich für Letztgenanntes entscheidet, macht damit sicher nichts falsch. Geht aber das Risiko ein, dass der Nachwuchs sich nie mehr auf ein günstigeres, aber schwereres und schwerfälligeres Rad setzen mag. Dies bestätigt auch das zum Testen einbestellte Kind.

Das Velo von Woom im Test

Kam der Siebenjährige mit dem von Bekannten weitergegebenen Nullachtfünfzehn-Velo mit Ach und Krach den Berg hinauf und tat sich schwer mit dem Schalten, gelingt ihm beides mit dem Mountainbike «Woom Off Air» problemlos, ja fast schon intuitiv.

Er fährt schneller, sicherer – und glücklicher. Das Velo lässt sich einfach zusammenbauen und an die Körpergrösse und das Gewicht des Kindes anpassen. Am wichtigsten aber, wie auch der ADAC bestätigt, ist das geringe Gewicht. In diesem Fall 8,6 Kilogramm.

Lohnt sich die Investition?

Christen wird die Frage nach dem hohen Preis oft gestellt. Als «Porsche des Spielplatzes» bezeichnete etwa der «Stern» Velos der Marke. Christen verweist als Antwort nicht nur auf die Qualität, die 10-Jahres-Garantie, das durchdachte Design und den daraus resultierenden Fahrspass, sondern auch darauf, dass die Räder lange halten, so für Geschwister nur einmal gekauft werden müssen und zudem einen hohen Wiederverkaufswert haben. Eine kurze Recherche auf den Schweizer Plattformen Tutti und Ricardo bestätigt das.

Wheely Pop hat ausserdem eine eigene Secondhandabteilung aufgebaut. «Wir erachten das für uns als Kinderveloladen als absolut zwingend», so Marković: «Die Kinder wachsen noch, da ergibt es Sinn, dass wir den Familien ihre Velos abkaufen beziehungsweise bei uns erstandene zurückkaufen und sie das nächstgrössere zu einem reduzierten Preis bekommen. Das kommt sehr gut an.»

Ein positiver Nebeneffekt dieses Angebots sei, dass man so in gutem Kontakt mit den Familien bleibe: «Die Kinder wachsen zu sehen, das ist so familiär – unglaublich schön und bereichernd.» Auch für Christen bringt sein Job viel Positives. Auf die Frage, ob ein Woom-Velo auch ein Statussymbol für Eltern sei, antwortet er, dass er die Marke eher als Herzenssache sehe. Wenn er von seinem Job erzähle, kämen immer begeisterte Reaktionen zurück.

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