Montag, September 30

Titouan Claudet kreiert in Genf millimetergenaue Viennoiserie und Patisserie, so schön wie kleine Juwelen. Soeben wurde er zum Patisseur des Jahres gekürt.

«Es geht nichts über ein perfektes Croissant», schiesst es einem beim ersten Bissen durch den Kopf. Die Hülle bronzen gebacken, mit malziger Süsse zerfällt das Gebäck in feine, knusprige Schichten und strömt im Mund ein warmes, buttriges Aroma aus. Ein Erlebnis, ganz so, als würde man das Gebäck nicht nur essen, sondern gleichzeitig einatmen. So erlebt im Le Comptoir Woodward in Genf, einer kleinen Boutiquen-Patisserie in der Altstadt.

An dieser Stelle ein Blick zurück: Das halbmondförmige Gebäck kam dank österreichischen Bäckern auf der Pariser Weltausstellung 1889 auf den Markt. Zum Croissant entwickelte es sich einige Jahrzehnte später, als französische Bäcker begannen, es aus einem sogenannten laminierten Teig zu formen. Dieser macht das Croissant perfekt. Beim laminierten Teig wird Butter immer wieder in eine Teigbahn gefaltet, um hauchdünne Schichten zu erzeugen. Einmal im Ofen, verdunstet das Wasser in der Butter und hebt so den Teig auseinander – und damit das Croissant in seine schwerelosen, buttrigen Schichten. Der Teig ist pingelig und anspruchsvoll – aber, und so erlebt man es im Le Comptoir Woodward in Genf, spektakulär.

Titouan Claudet ist der neue Patisseur des Jahres

Kaum einer meistert den Teig mit solch grosser Sorgfalt, Präzision und balanciert die Aromen von buttrig bis malzig so gekonnt aus wie Titouan Claudet, Chef Patisseur im Le Comptoir Woodward und im L’Atelier Robuchon in Genf. Das Wort Meister ist angebracht, denn Titouan Claudet ist der frisch gekürte Patisseur des Jahres von Gault Millau. Überraschen tut das nicht: Der 30-Jährige hat ein Faible für millimetergenaue Gebäcke und ein Talent, diese ohne grosses Brimborium, aber mit viel Charme seinen 160 000 Followern auf Social Media zu präsentieren.

Olivier Jean, Chefkoch des L’Atelier Robuchon in Genf, erkannte Claudets Können früh und holte ihn vor 3 Jahren nach Genf. «Ich war auf der Suche nach einem Patisseur, aber vielmehr war ich auf der Suche nach jemandem, mit dem ich kulinarisch wachsen konnte. Ich habe sofort gesehen, dass aus Titouan etwas Grosses werden kann», erinnert sich Olivier Jean zurück.

Titouan Claudet obliegt nicht nur die Verantwortung für die Dessertkarte vom Sternerestaurant L’Atelier Robuchon im The Woodward Genf, sondern auch für das Brotkörbchen, das den Hotelgästen zum Frühstück serviert wird. Bei ihm ist es kein Körbchen, sondern ein Kuchenständer voller Preziosen: Mit Erdbeerkonfitüre gefüllte Brioches, in Croissant-Teig gehüllte Nusscreme oder eine knusprige Rolle mit sonnengeküsster Aprikosenfüllung.

Bemerkenswert ist, dass es seine erste Stelle als Patisseur ist, der ihm den Titel beschert: Denn noch bei seiner letzten Stelle bei Anne Sophie Pic in Beau-Rivage Palace Lausanne stand Titouan Claudet als Sous-Chef am Herd. Dass er jetzt mit Patisserie so abräumt, freut ihn natürlich. Präzises Handwerk, Geduld und Ausdauer sei ihm eine Tugend und die kunstvolle Kreation die grösste Freude.

«Meine Gebäcke sind für mich wie kleine Juwelen» sagt er, als er nach gerade einmal fünf Stunden Schlaf mit wachem Blick im Le Comptoir Woodward steht. Hier wirkt Titouan morgens, bevor seine Schicht im L’Atelier Robuchon am Mittag losgeht – und diese wiederum dauert so lange, bis der letzte Gast sein Dessert serviert bekommt.

Le Comptoir Woodward, Rue Neuve-du-Molard 7, 1204 Genf; lecomptoir-woodward.com

The Woodward, L’Atelier Robuchon, Quai Wilson 37, 1201 Genf; oetkercollection.com

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