In der Schweiz wurden letztes Jahr erneut mehr Motorräder als Autos entwendet. Guter Diebstahlschutz, der Langfingern wertvolle Zeit stiehlt, reduziert das Risiko deutlich.
Start frei für die Motorradsaison: Es sind wieder viele Töffs unterwegs, und bei den Händlern stehen die neuesten Modelle parat; die meisten von ihnen werden traditionell in den Frühlingsmonaten verkauft.
Der Markt boomt seit Jahren; 2021 wurden 56 556 neue Motorräder registriert, womit der bisherige Höchststand von 51 787 aus dem Jahr 2015 übertroffen wurde. 2022 wurden hierzulande mehr als 48 000 Motorräder und Roller abgesetzt, und heuer erwartet die Branche ähnliche Zahlen. Der Gesamtbestand 2022 belief sich auf rund 790 000 immatrikulierte Fahrzeuge – das sind 21 Prozent mehr als noch 2010.
Gegenüber den europäischen Nachbarländern werden in der Schweiz mehr hochpreisige, hubraumstarke Maschinen nachgefragt, die auch bei Kriminellen begehrt sind. Proportional ist entsprechend auch die Anzahl entwendeter Motorräder gestiegen: 2020 waren es 1551, 2021 schon 1577 und 2022 nicht weniger als 2021 Exemplare. Bei den Autos lagen die Zahlen mit 818, 894 und 835 deutlich tiefer.
Während die Aufklärungs- bzw. Wiederfindungsrate bei Pkw bei fast 50 Prozent liegt, wird nicht einmal jedes zehnte Motorrad wiedergefunden. Die Diebstahl-Hochburgen der Schweiz sind Genf und Zürich, doch alle anderswo lebenden Besitzer sollten sich hier nicht in Sicherheit wiegen: Gelegenheit macht bekanntlich Diebe, und das leider überall.
Vor allem Auslandsreisen sind riskant: In Deutschland wurden 2022 trotz rückläufigen Zahlen über 15 000 Maschinen entwendet, dazu kamen mehr als 2000 Diebstahlversuche. In Südeuropa sieht es ähnlich finster aus, wie Coyote, ein Anbieter von Sicherungsanlagen, bestätigt.
Besser vorsorgen als auf Versicherungsdeckung hoffen
Über ein eventuell spurloses Verschwinden des neuen Motorrads wird beim Vertragsabschluss in der Händlergarage kaum gesprochen. Es ist Sache des Besitzers, sein Fahrzeug so zu sichern, dass es nicht gestohlen werden kann.
Zur Vorsorge gehört, es möglichst gut sichtbar und nicht an schattigen Plätzen abzustellen sowie stets zu verriegeln, auch bei einer kurzen Rast: Das serienmässige Lenkradschloss wird häufig gar nicht genutzt – tatsächlich schützt es nur vor Dilettanten.
Viel effektiver ist es daher, Kriminelle mit weiteren, gut sichtbar angebrachten Schlössern schon im Ansatz abzuschrecken. Denn solche zusätzlichen Vorrichtungen zu knacken, kostet Zeit, die potenzielle Täter in der Regel nicht haben. Die seit Jahren übliche elektronische Wegfahrsperre ist hingegen nur bedingt wirkungsvoll – weil viele Diebe ihre Beute gar nicht starten, sondern möglichst schnell in einem fensterlosen Lieferwagen verschwinden lassen.
Umsichtige Töff-Besitzer rüsten deshalb auf. Zu den beliebtesten Produkten auf dem Markt zählt das kompakte Bremsscheibenschloss. Namhafte Hersteller wie Abus, iXS, Kryptonite oder Urban bieten verschiedene Modelle an, teilweise sogar mit Bewegungssensor sowie Alarmfunktion. Wenn die Besitzer die Verriegelung vergessen und losfahren, kann das Schäden verursachen. Deshalb ertönt beim Wegfahren ein durch Mark und Bein dringender Ton. Zusätzlich sind farblich grelle Kordeln erhältlich, die sich mit dem Lenker verbinden lassen.
Das Internet kennt viele Alternativen, doch im Zweifel sollte man hochwertigen, etwas teureren Schlössern wie dem Granit Detecto XPlus 8077 von Abus für rund 120 Franken den Vorzug geben. Der schon sperrige Name fasst die Eigenschaften zusammen – gehärteter Spezialstahl, knackgeschützter Zylinder, Leuchtdiode zur Bereitschaftssignalisierung, 100-dB-Sirene.
Das Anlegen dieses Schlosses muss schnell geschehen, denn das Scheibenschloss reagiert empfindlich. Nach dem Abschliessen bleiben 5 Sekunden, dann schaltet der Alarm scharf. Schon ein leichtes Wackeln am Motorrad genügt, und es schrillt los – 15 Sekunden lang, bevor sich der 940 Gramm schwere Wächter selbständig abschaltet und neu aktiviert. Das funktioniert beim Selbstversuch zuverlässig und eindrücklich. Die beiden AAA-Batterien sollen laut Hersteller rechtzeitig vor Entladung warnen – ausgewechselt sind sie im Handumdrehen.
Beim Diebstahlschutz geht noch viel mehr: Eine Bruchwerkzeug-resistente Kette fixiert das Motorräder auch an Bäumen, Betonpfeilern oder Geländern, was manchen Diebstahl vereiteln sollte. Allerdings fallen solche Ketten mit oft mehr als zehn Kilogramm schwer ins Gewicht und werden deshalb vorwiegend stationär, in der heimischen Tiefgarage oder an festen Stellplätzen, zum Einsatz gebracht – wahlweise ebenfalls mit Alarmfunktion. Wo sich keine passende Befestigungsmöglichkeit bietet, helfen zusätzlich erwerbbare Bodenanker, die mit Schwerlast-Betondübeln professionell installiert werden müssen.
Organisierte Diebesbanden
Trotz aller Vorsorge: Es bleibt ein Risiko bestehen, vor allem an schwer einsehbaren Orten, welche Motorraddieben die nötige Ruhe bieten, um mechanische Vorrichtungen zu überwinden. Im Auftrag professionell organisierter Banden, die laut Polizei oft aus Osteuropa kommen, werden regelmässig auch Markenhändler ausgeräumt.
Die Gauner schlagen bevorzugt frühmorgens zu und legen gerne Bewegungsmelder oder die Videoüberwachung lahm, weshalb sich das Tracken mittels elektronischer Fahrzeugüberwachung empfiehlt: Per GPS-Signal lässt sich der Weg von Diebesgut verfolgen – allerdings nur, wenn das Ortungssystem gut versteckt am Motorrad angebracht ist, also auch nicht entdeckt und deaktiviert wurde.
Es gibt zahlreiche Anbieter von Ortungssendern; einer von ihnen ist PowUnity aus Innsbruck. Die Firma hat sich im Bereich Fahrradsicherung einen Namen gemacht und bietet ihren BikeTrax inzwischen auch für Motorräder an, «weil wir sehen, dass mechanische Sicherung allein heute nicht mehr ausreicht», wie der PowUnity-Mitgründer Christian Strassl sagt.
Die Österreicher arbeiten mit dem für Tracker neuen 4G-Funkstandard, da eine hohe Netzabdeckung entscheidend ist, welche mit anderen Frequenzen nur eingeschränkt gegeben und deshalb ungeeignet ist. Zwölf Monate Datenübertragung sind beim Kauf dabei, danach berechnet PowUnity branchenübliche 4 Euro pro freigeschalteten Monat.
Der schlanke BikeTrax lässt sich schnell installieren. Dank integriertem Akku setzt sich die Fahrzeugortung auch nach Kappen der Bordbatterie bis zu 20 Tage (Stand-by) und 14 Stunden (in Bewegung) fort. Die Menuführung per App ist denkbar einfach: Das Handy schlägt Alarm, sobald der Töff verschoben wird, und zeigt per Karte auch in Echtzeit, wohin.
Charmanter Zusatzkomfort für jede normale Tour: Mittels Routenfunktion lassen sich Wegstrecken mit Fahrtzeit, Distanz und Geschwindigkeiten auf Asphalt oder offroad aufzeichnen und anschliessend als GPX-Datei exportieren.
Eine hundertprozentige Sicherheit vor Motorraddiebstahl gibt es derweil leider nicht. Falls es trotz allen Vorsichtsmassnahmen doch zu so einem Vorfall kommt, sollte er umgehend bei der Polizei (inkl. Fahrzeugdaten und Chassisnummer) sowie der Versicherungsgesellschaft gemeldet werden.
Ein Wermutstropfen zum Schluss: Die Neuanfertigung des bisherigen Schweizer Kontrollschilds ist nicht mehr möglich, sobald es einmal im Fahndungsregister ausgeschrieben wurde. Es muss ein neues Schild gelöst werden, meist mit deutlich höherer Nummer als zuvor. Das gefällt nicht jedem.