Mittwoch, März 12

Besonders betroffen waren die Hauptstadt Moskau und ihre Umgebung. Es gab Tote, Verletzte und Zerstörungen an Wohnhäusern. Das Kalkül der Ukraine hinter dem Angriff scheint aber nicht aufzugehen.

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Die Ukraine hat am Dienstagmorgen den grössten Drohnenangriff auf Ziele im russischen Hinterland seit Kriegsbeginn ausgeführt. Das russische Verteidigungsministerium sprach von 337 abgeschossenen Drohnen in mindestens zehn Provinzen. Hauptziele waren die umkämpfte Grenzregion Kursk sowie die Hauptstadt Moskau und deren Umland. Auch für die Hauptstadtregion war es ein Rekord: Dorthin waren noch nie so viele Drohnen wie in der Nacht auf Dienstag geflogen.

Zahlreiche Wohnhäuser, Parkplätze und Bahngleise in den südöstlichen Ausläufern Moskaus wurden in Mitleidenschaft gezogen. Eine Drohne stürzte bei einer Erdölraffinerie auf Stadtgebiet ab, verursachte aber im Unterschied zu einem früheren Angriff keine Schäden. Alle vier internationalen Flughäfen der Stadt mussten zeitweise ihren Betrieb einstellen. Zum zweiten Mal seit vergangenem September waren dabei Todesopfer zu beklagen. Ein Wachmann kam am Absturzort einer Drohne ums Leben, eine weitere Person starb an den Verletzungen im Spital; mehr als ein Dutzend weitere Personen wurden verletzt, unter ihnen auch Kinder.

Kiew will Moskau unter Druck setzen

Der Zeitpunkt für den ukrainischen Angriff nur wenige Stunden vor den Treffen amerikanischer und ukrainischer Unterhändler in Saudiarabien war nicht zufällig gewählt, das bestätigte ein Mitarbeiter des ukrainischen Sicherheitsrats gegenüber Medien unverblümt. Er sollte der russischen Führung verdeutlichen, dass der Vorschlag der Ukraine für eine Teilwaffenruhe in der Luft und zu Wasser auch im Interesse Russlands wäre.

Ukrainische Drohnenangriffe, die auch Wohnhäuser und Raffinerien treffen, haben zwar ein viel geringeres Schadenspotenzial als die russischen Luftangriffe mit iranischen Shahed-Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen. Die Ukrainer hegen jedoch die Hoffnung, sie schürten damit Unruhe und Panik in der russischen Bevölkerung und verursachten schmerzhafte Schäden an Raffinerien mit der Folge erschwerter Treibstoffversorgung. Dies soll den Kreml, der alle Formen einer schnellen Waffenruhe ablehnt, zum Nachdenken zwingen.

Allerdings bestehen Zweifel an der Wirkungsmacht dieser Überlegungen. In den von den Drohnenangriffen betroffenen Gegenden verursachen die Einschläge zwar Angst und Sorgen. In lokalen Chat-Gruppen beschwerten sich die Anwohner über das Fehlen eines Luftalarms und erkundigten sich nach Luftschutzkellern. Schon in der Moskauer Innenstadt waren die Drohnen aber nur beiläufiges Gesprächsthema. Auf die Stimmung in der Gesellschaft haben sie wenig Einfluss.

Der Kreml sieht Friedenslösung gefährdet

Auch die öffentlichen russischen Reaktionen deuteten am Dienstag nicht darauf hin, dass Kiews Kalkül aufgeht. Der Sprecher Präsident Wladimir Putins meinte, die Angriffe könnten die sich abzeichnende Tendenz zu einer friedlichen Lösung in der Ukraine verderben. Dem Kreml gegenüber loyale Kommentatoren fühlten sich vor allem in ihrer radikalen Haltung gegenüber der «ehemaligen Ukraine», wie viele von ihnen schreiben, und der Durchsetzung der Kriegsziele bestätigt – ohne zu reflektieren, dass Russland seit drei Jahren ukrainische Städte angreift.

Sie mutmassten, die Ukrainer wollten von ihrer immer schwierigeren Lage im Gebiet Kursk ablenken, wo die russischen Truppen in den vergangenen Tagen erfolgreich waren, oder gar einen russischen Vergeltungsangriff provozieren, um Friedensbemühungen zu torpedieren. Die Angriffe seien eher Zeichen für die Verzweiflung der Ukrainer und für den nahenden russischen Sieg.

Russland dürfe sich auf eine Teilwaffenruhe keinesfalls einlassen. Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung seien terroristische Akte. Darauf verwies auch Maria Sacharowa, die Sprecherin des Aussenministeriums. Sie brachte sie mit dem Besuch des Generalsekretärs der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in Moskau in Verbindung. Die Delegation wurde noch am Vormittag zu den Schauplätzen der Drohneneinschläge geführt.

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