Die «FiveFingers» der Marke Vibram, auch bekannt als Barfussschuhe, werden gerade zum It-Piece ausgerufen. Weshalb plötzlich alle die Umrisse ihrer Füsse zeigen wollen.
Erinnern Sie sich noch an den Internet-Trend «What are those»? Dort ging es darum, per Video auf hässliche Schuhe seiner Mitmenschen aufmerksam zu machen. Das Modell «FiveFingers» von Vibram könnte diesen Trend wiederbeleben, denn der womöglich bizarrste Schuh aller Zeiten – die Treter sehen aus wie ein Handschuh, nur eben für die Füsse – befindet sich gerade auf dem Vormarsch zum It-Piece.
Davon zeugen unter anderem die Kollaborationen von Vibram mit dem angesagten Londoner Label Kiko Kostadinov sowie Ottolinger, das von zwei Schweizerinnen geführt wird. Auch die japanische Marke Suicoke ist auf den Geschmack der Ugly Shoes gekommen. Immer wieder bringt sie eigene Interpretationen heraus. Zum Beispiel verziert mit Spitze oder überzogen mit künstlichem Pelz.
Eine «ultimative Körper-Ekstase»
An der New York Fashion Week sollen Barfussschuhe das favorisierte Schuhwerk von Besucherinnen und Models gewesen sein. Gegenüber dem Branchenmagazin «Dazed» berichtete etwa die Modebloggerin Liana Satenstein, dass sie im Backstage der Show des amerikanischen Designers Willy Chavarria mindestens zwanzig Paar gesichtet habe. Satenstein ist selbst stolze Besitzerin der Barfussschuhe und widmete ihnen einen ganzen Blog-Eintrag. Dort schreibt sie, dass sie durch ihren Instagram-Feed voller Fingerschuh tragender It-Girls zum Kauf verleitet worden sei, und beschreibt das Tragegefühl als «die ultimative Körper-Ekstase.»
Als die Schuhe im Jahr 2002 die Welt betraten, hatten sie mit Mode noch nicht viel zu tun. Ihr Erfinder, Robert Fliri, kreierte die «FiveFingers», um während seiner Bike- und Wandertouren der Natur möglichst nahe zu sein. So richtete sich das Design damals an ein Outdoor-affines Zielpublikum. Laut einem Bericht der Cleveland Clinic, eines akademischen sowie medizinischen Zentrums, haben die Barfussschuhe sogar einen gesundheitlichen Nutzen. Aufgrund ihrer dünnen Sohle sollen sie die Muskeln in den Füssen stärken.
Die Zehen im Fokus
Ob die Models und Besucherinnen der diesjährigen New York Fashion Week die Schuhe aufgrund dieser Vorteile – die Füsse werden schliesslich während der Modewochen besonders beansprucht – wählten? Wohl kaum. Vielmehr dürften sie dem gegenwärtigen Trend gefolgt sein. Und der zeigt gerade in Richtung Zehen: Beim schwedischen Label Avavav präsentierte man in Mailand diesen Herbst noch verwirrendere Schuhe – solche, deren Form die Umrisse von nur vier Zehen zeigte. In New York waren die Highheels der Marke Women’s History Museum mit Klauen von Raubkatzen bestückt.
Schon etwas länger weiss Schiaparelli mit dem Hervorheben von Zehen Aufsehen zu erregen. Der Chefdesigner Daniel Roseberry präsentierte Ledersneaker und Highheels, deren Schuhspitze eine goldene Plakette in der Form eines Abdrucks von Zehen bildete. Und selbstverständlich hat auch der Kreativdesigner von Balenciaga bereits vor einigen Jahren einen Zehenschuh entworfen – Demna weiss schliesslich, wie man mit Mode provoziert.
Darum dürfte es hier hauptsächlich gehen. Separierte Zehen fordern unser Auge heraus, da wir uns die Silhouette nicht gewohnt sind. Einzig der «Tabi» von Margiela hat uns bislang auf die Zurschaustellung separierter Zehen vorbereitet. Wie ein Huf teilt er unsere Füsse in zwei.
Mit bizarrem Schuhwerk herausstechen
Dass wir hingegen unsere Füsse zeigen, ist nicht neu. Bewiesen haben das jüngst die schwarzen Ballerinas von Alaïa aus Netzstoff. Sie gehörten zu den angesagtesten Schuhen dieses Sommers. The Row schickte seine Models bereits 2019 in Ballerinas aus strumpfartigem Material über den Laufsteg. Und im Herbst wurden bei Collina Strada in New York Boots aus transparentem Fabrikat präsentiert.
Schuhe aus transparentem Stoff sind im Mainstream angekommen. Folglich müssen sich die Trendsetter neue, extremere Fussbekleidung aussuchen, um sich von der breiten Masse abzuheben. Mittels verstörenden Schuhwerks funktionierte das schon immer recht gut. Man denke hierbei etwa an Crocs, die es mittlerweile in diversen Formen und Farben gibt.