Donnerstag, September 19

Die Betriebsqualität auf der Albulastrecke ins Engadin ist schlecht. Nun will die RhB effizienter werden – auf Kosten der Passagiere?

Die Albulastrecke von Chur nach St. Moritz macht der Rhätischen Bahn (RhB) zu schaffen. Die Betriebsqualität war in den letzten Monaten oft schlecht. Immer wieder kommt es zu grossen Verspätungen und verpassten Anschlüssen. Der Abschnitt von Reichenau-Tamins nach Thusis gehört zu den am meisten befahrenen Einspurstrecken in der Schweiz. Zeitweise kreuzen sich in fast jeder Station Züge – zu den regulären Personenzügen kommen der Glacier- und der Bernina-Express sowie Güterzüge hinzu.

Hat nur ein Zug Verspätung, bringt dies rasch den Fahrplan durcheinander. Hinzu kommen Langsamfahrstellen wegen Baustellen und im Gebiet unterhalb des Brienzer Rutsches bei Tiefencastel. Allein diese Stelle verursache Fahrzeitverluste von 70–90 Sekunden, sagt der RhB-Sprecher Simon Rageth. Das mag nach wenig tönen. Oftmals seien einzelne Züge in dieser Konstellation aber chronisch verspätet, sagt Rageth. Sie brächten damit eine Verspätung ins Netz, die nicht kompensiert werden könne.

Höhere Geschwindigkeiten

Das Gebiet um den Brienzer Rutsch dürfte noch länger instabil bleiben. Dennoch will die RhB nun ab dem 15. Dezember auf der Albula-Strecke einen straffen neuen Fahrplan einführen, wie sie diese Woche bekanntgab. Die IR-Züge von Chur nach St. Moritz sollen beschleunigt werden, dank einer höheren Geschwindigkeit im neuen Albulatunnel und einer Streckenbegradigung im Val Bever.

Die RhB kann mit dem neuen Fahrplan und der kurzen Wendezeit in St. Moritz einen Pendelzug einsparen. Sie erhöht damit ihre Effizienz. Für eine Schmalspurbahn in einer Bergregion erreichte die RhB im Jahr 2019 einen vergleichsweise hohen Kostendeckungsgrad von 60 Prozent. In den letzten Jahren war dieser wieder tiefer, besonders während Corona.

Wegen der schlechten Betriebsqualität stellt sich jedoch die Frage, ob das neue Konzept funktionieren wird. Mit dem heutigen Fahrplan verfügen die IR-Züge über eine Reserve, weil sie in Samedan länger halten. Das ermöglicht es teilweise, Verspätungen aufzufangen und den Fahrplan zu stabilisieren. Nun kürzt die RhB die Haltezeit in Samedan. Trimmt sie also ihren Betrieb auf Kosten der Kunden auf mehr Effizienz?

Nein, sagt Rageth. Die Verkürzung der Haltezeit in Samedan habe den positiven Effekt, dass diese Reserve nun in St. Moritz und Pontresina zur Verfügung stehe. Der Fahrplan werde zusätzlich stabilisiert, weil in Celerina keine Zugskreuzungen mehr stattfänden. Der dortige Bahnhof ist veraltet und erlaubt keine gleichzeitigen Einfahrten. Für grössere Verspätungen steht in Samedan zudem ein sogenannter Dispozug bereit, dem die RhB wenn nötig einsetzen kann.

Halte fallen weg

Damit trotz dem straffen Fahrplan ein stabiler Betrieb möglich ist, ergreift die RhB weitere Massnahmen. So entfallen einzelne Zugshalte im Albulatal. Die RhB hat diese als systematische Quelle von Verspätungen identifiziert. Zudem streicht sie bei den Zügen von Landquart via Vereina nach St. Moritz den Halt in Bever. Dies sei aus betrieblichen Gründen notwendig, schreibt sie. Im erst vor kurzem aufwendig erneuerten Bahnhof Bever halten damit viele Züge nicht mehr. Stattdessen fährt zusätzlich ein Bus von Zuoz nach Samedan.

Mittelfristig solle der Bus durch eine neue Zugverbindung von Zuoz nach St. Moritz abgelöst werden, sagt Rageth. Damit würde Bever halbstündlich bedient, mit optimalen Anschlüssen. Um den Zug stabil führen zu können, sind aber Fahrzeitverkürzungen notwendig. Diese will die RhB mit einer Anpassung der Strecke zwischen Bever und La Punt erreichen, im Zusammenhang mit der Renaturierung des Inn.

Die RhB hatte diese Woche eine gute Nachricht: Sie geht davon aus, dass sie ab dem Dezember wieder genug Lokführer hat. Mit dem Fahrplanwechsel will sie die Einschränkungen wieder aufheben, die sie wegen des Lokführermangels auf gewissen Strecken einführen musste.

Exit mobile version