Mittwoch, Januar 15

Erbarmungslos wird das Privatleben der leitenden Staatsanwältin Fani Willis in Atlanta durchleuchtet. Bei der Anhörung geht es um die Frage, ob sie den Sonderstaatsanwalt Nathan Wade nur eingestellt hat, weil sie liiert waren.

In Atlanta muss sich die Bezirksstaatsanwältin Fani Willis sehr persönlichen Fragen zu ihrem Liebesleben stellen. Willis ist die Chefanklägerin gegen Trump, der zusammen mit weiteren 18 Personen beschuldigt wird, sich verschworen zu haben, um das Wahlresultat von Georgia im Jahr 2020 zu kippen. Nun ist sie jedoch unter Druck geraten, weil ihr die Gegenseite vorwirft, eine Beziehung zu Nathan Wade unterhalten zu haben.

Trump hofft auf Verzögerung des Falles bis nach den Wahlen

Die 53-jährige Willis hatte ihn im November 2021 als leitenden Sonderstaatsanwalt in den Ermittlungen gegen Trump eingesetzt. Bei der Befragung ging es darum, ob die beiden schon vor der Anstellung ein Paar gewesen seien, um finanzielle Fragen und inwieweit ihre Beziehung das laufende Verfahren und den anstehenden Prozess beeinflussen könnte. Immerhin verdiente Wade, seit er am Trump-Fall arbeitet, bisher 600 000 Dollar, und es wurden Stimmen laut, dass er für die Aufgabe eigentlich unterqualifiziert sei.

Man könnte Willis also vorhalten, wie das die Gegenseite tut, sie habe ihn lediglich aus persönlichen Gründen eingestellt und indirekt als Partnerin auch von seinem satten Gehalt profitiert. Um dieses mögliche Fehlverhalten im Amt ging es bei den Befragungen am Donnerstag und Freitag. Falls sich die Vorwürfe bestätigen, könnte Willis und ihrem Team der Trump-Fall entzogen werden.

Ihre Nachfolger könnten dann erneut darüber entscheiden, ob die Anklage gegen Trump und seine Mitangeklagten weiterverfolgt oder fallengelassen wird; aber selbst bei einer Fortsetzung der Verhandlung käme es zu einer Verzögerung, was Trump in die Hände spielt. Vier von Trumps Mitangeklagten bekannten sich bereits schuldig und gingen eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft ein. Unter den diversen Anklagen, mit denen der ehemalige Präsident konfrontiert ist, ist der Fall in Atlanta der gewichtigste. Fani Willis wirft Trump vor, Kopf einer «kriminellen Organisation» zu sein, die das Wahlresultat in Georgia zu kippen versuchte.

Seltsame finanzielle Arrangements

Dass Willis und Wade bis im Sommer 2023 eine Liebesbeziehung führten, streiten sie nicht ab. Allerdings sagen beide, sie habe erst im Frühling 2022 begonnen, also erst nach der Einstellung Wades. Dieser sagte, er sei vorher wegen einer Krebserkrankung und Covid-19 kaum aus dem Haus gegangen. Eine Zeugin behauptet allerdings, die Anfänge der Romanze gingen bis ins Jahr 2021 zurück.

Auch betreffend ihrer persönlichen Ausgaben wurden Willis und Wade ausgefragt. Sie waren diverse Male zusammen im Urlaub. Dabei zahlte Wade jeweils mit seiner Geschäftskreditkarte, was an sich schon seltsam war. Noch mehr zu reden gab die Tatsache, dass er jeweils für beide bezahlte. Es wurde die Frage gestellt, ob er sich solcherart erkenntlich dafür zeigte, dass sie ihm den Posten verschafft hatte. Wade behauptete, sie habe ihm jeweils ihren Teil zurückbezahlt, in bar, weshalb es keine Belege gebe. Sie betonte, dass sie auch in finanzieller Hinsicht autonom sei.

An der Grenze zum Voyeurismus

Die Befragung hatte gelegentlich voyeuristische Züge, etwa wenn es um den Besuch eines Tattoo-Studios im zentralamerikanischen Staat Belize ging oder um gemeinsame Übernachtungen. Kompliziert wird der Fall auch deshalb, weil Wade immer noch in einem Scheidungsprozess steckt. Es war Wades Frau, die in dessen Beziehung zu Willis vor Gericht zur Sprache brachte, was Trumps Anwälte dankbar aufnahmen.

Die Anhörung wurde von mehreren Fernsehsendern live übertragen. Willis und Wade, aber auch einigen Zeugen war sichtlich unwohl, solch private Details vor einem Millionenpublikum ausbreiten zu müssen. Trumps Anwälte wurden denn auch mehrmals angewiesen, sich auf Fragen zu beschränken, die für den Fall von Belang seien.

Öfters wurde Willis, die bis vor zwei Wochen verschwiegen hatte, jemals mit Wade liiert gewesen zu sein, emotional. «Glauben Sie, ich stehe hier vor Gericht?», rief sie einmal entnervt. «Diese Leute stehen vor Gericht, weil sie versucht haben, eine Wahl im Jahr 2020 zu stehlen. Ich stehe hier nicht vor Gericht, egal, wie sehr Sie versuchen, mich vor Gericht zu stellen.» Aber so oder so wird Willis’ Glaubwürdigkeit durch den Aufruhr um ihr Privatleben infrage gestellt, was Trump zugutekommt.

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