Die Finanzmärkte sind im Ausnahmezustand. An den Leitbörsen in den USA haben viele Aktien stark korrigiert, womit sich die Chancen für Investitionen verbessern. Diese Anhaltspunkte helfen, um von Ausverkaufspreisen zu profitieren.
Das Geschehen an den Finanzmärkten erfordert derzeit besonders starke Nerven. An den Leitbörsen in den USA ist die erhoffte Erholungsrally am Dienstag gescheitert. Der S&P 500 tendierte zu Beginn der Sitzung bis zu 4% im Plus, gab dann aber bis zum Handelsende sämtlichen Gewinn preis und schloss 1,6% im Minus. Der Tech-Index Nasdaq 100 gab 2% nach.
Die Märkte bewegen sich derzeit so schnell, dass man ein mulmiges Gefühl in der Magengegend bekommt. Der S&P 500 verzeichnete gestern den vierten Tag in Folge eine Kursschwankung von mehr als 5%. Eine solche Serie gab es bisher nur in drei Fällen: beim Börsencrash 1987, beim Kollaps von Lehman Brothers 2008 und beim Ausbruch der Pandemie 2020.
Die Lage bleibt volatil. Im Fokus steht die Zollpolitik der US-Regierung, als nächstes sollen Einfuhrgebühren auf pharmazeutische Produkte kommen. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ist am Dienstag weiter eskaliert. Präsident Donald Trumps «reziproke» Zölle auf US-Importe aus 86 Ländern sind in der Nacht auf Mittwoch in Kraft getreten, darunter ein Zoll von 104% auf Einfuhren aus China. Der chinesische Yuan wertet sich im Offshore-Handel stark ab.
Unheimlich sind die Bewegungen am Bondmarkt. Die Rendite zehnjähriger Treasury Notes tendierte am Montag zunächst über 12 Basispunkte tiefer und ging dann fast 20 Basispunkte höher als am Vortag aus dem Handel. Am Mittwochmorgen kletterte sie weiter gegen 4,5%.
Gemäss Bondinvestor Jim Bianco gab es bisher nur zwei Ereignisse, bei denen die Rendite zehnjähriger Treasuries ähnlich stark schwankte wie zu Wochenbeginn: Erstens Anfang Januar 2008, als der Bondmarkt auf einen Verlust von 5 Mrd. € der Grossbank Société Générale reagierte, weil sich der Schurken-Trader Jérôme Kerviel verzockt hatte. Weniger als zwei Monate später markierte der Konkurs der Investmentbank Bear Stearns den Beginn der Finanzkrise. Zweitens der Renditesprung am 9. November 2016, nachdem Trump die Präsidentschaftswahlen gegen Hillary Clinton in der Nacht zuvor gewonnen hatte.
Besorgniserregend ist vor allem, dass die langfristigen Zinsen nicht deutlicher zurückkommen. In Krisensituationen wie heute suchen Investoren normalerweise Zuflucht in sicheren Anlagen, vorab in US-Staatsanleihen. Ein klassisches Beispiel war der Panikschub vom vergangenen August, als die Rendite zehnjähriger Treasury Notes unmittelbar auf 3,8% absackte und dann auf 3,6% fiel.
Über die Gründe, weshalb Bonds dieses Mal nicht als sicherer Hafen funktionieren, lässt sich nur spekulieren. Mögliche Erklärungen könnten Sorgen um Inflation und das US-Budgetdefizit sein, oder ein Käuferstreik ausländischer Investoren. Auch Zwangsliquidationen wie beim Crash zu Beginn der Pandemie sind denkbar. Auch damals stiegen die Renditen langfristiger Staatsanleihen entgegen dem üblichen Muster vorübergehend an. Andeutungen in diese Richtung macht Jeff Gundlach, Gründer des Bondhauses DoubleLine.
Wie sollen sich Investorinnen und Investoren während solcher Ausnahmezustände am besten verhalten? Einerseits haben die Börsen stark korrigiert, und schon eine halbwegs positive Wortmeldung Trumps in den sozialen Medien könnte zu einer kräftigen Gegenbewegung führen. Andererseits könnten die Kurse noch viel tiefer fallen, wenn die Situation weiter eskaliert.
In der heutigen Ausgabe von «The Pulse» befassen wir uns deshalb mit der Frage, wann der richtige Moment kommt, um in die Offensive zu gehen und von Ausverkaufspreisen zu profitieren. Ein spezieller Fokus richtet sich auf den Tech-Sektor, wo die Verluste besonders brutal sind.
Das Kursbeben verursacht beträchtlichen Schaden
Auch wenn die Lage unübersichtlich bleibt, lässt sich zumindest etwas klar feststellen: Das Kursbeben an den Börsen hat bereits beträchtlichen Schaden angerichtet. Der S&P 500 hat seit dem Allzeithoch vom 19. Februar annähernd 19% verloren. Er steht kurz davor, in einen Bärenmarkt zu rutschen, womit ein Rückschlag von 20% oder mehr bezeichnet wird.
Noch schlimmer hat es Technologieaktien erwischt. Der Nasdaq 100 ist schon letzte Woche in einen Bärenmarkt gefallen und verzeichnet einen Kursverlust von knapp 23%. Der Roundhill Magnificent Seven ETF mit den sieben Indexschwergewichten Apple, Microsoft, Nvidia, Alphabet, Amazon, Meta Platforms und Tesla hat fast 30% eingebüsst. Small Caps aus dem Russell 2000 notieren 25% im Minus.
Das sind die schwersten Erschütterungen an den US-Börsen seit dem Inflationsschock und den Rezessionsängsten im Jahr 2022. Damals brach der S&P 500 knapp 25% ein, der Nasdaq 100 verlor mehr als 35%. Erhebliche Einbussen erlitten die US-Aktienmärkte in der jüngeren Vergangenheit ebenso während der Pandemie, bei den Engpässen im Kreditsektor gegen Ende 2018 sowie bei der Konjunkturdelle und den Brexit-Turbulenzen von 2015/16. In der Finanz- und Weltwirtschaftskrise von 2008/09 kam es zu einem Crash von über 50%.
Die Schlüsselfrage ist, wie es mit der Wirtschaft weitergeht. Längere Bärenmärkte fallen oft mit einer Rezession zusammen. Die US-Wirtschaft signalisierte bereits eine Abschwächung, bevor Trump letzte Woche mit dem Zollhammer zugeschlagen hat. Vielleicht ist der Abschwung nun besiegelt. Die vergangenen Tage haben bei den Haushalten und Unternehmen jedenfalls keine Zuversicht gefördert.
Umgekehrt hat die amerikanische Wirtschaft in den letzten Jahren wiederholt positiv überrascht. Verantwortlich dafür war vermutlich hauptsächlich die expansive Fiskalpolitik, abschliessend sagen lässt sich das aber nicht. Für ein Szenario, in dem sich Handelskonflikte entschärfen und sich die Konjunkturaussichten aufhellen, ist es vielleicht noch nicht zu spät.
Mögliche Katalysatoren für eine Erholungsrally
Kommt plötzlich etwas Optimismus auf, reagieren die Märkte in solchen Situationen oft mit explosiven Kursavancen. Wie schnell es nach oben gehen kann, hat sich beim Börsengewitter vom Sommer 2024 oder in der Pandemie gezeigt. Auch der Rücksetzer von Ende 2018 war rasch verdaut. Selbst in Bärenmärkten kommt es zu Phasen mit markanten Kurssprüngen.
Verschiedene Entwicklungen könnten die Stimmung verbessern:
- US-Präsident Trump macht einen ersten Deal mit einem Land, das von den «reziproken» Zöllen betroffen ist; beispielsweise mit Grossbritannien, Taiwan, Indien oder sogar den EU-Staaten. Eine solche Vereinbarung könnte dann als «Blaupause» für Abkommen dienen, bei denen jeweils beide Seiten das Gesicht wahren.
- Trump feuert seinen Wirtschaftsminister Howard Lutnick oder seinen Handelsberater Peter Navarro. Das würde den Märkten signalisieren, dass der US-Präsident mehr auf vernünftigere Stimmen in seinem Umkreis wie beispielsweise Finanzminister Scott Bessent oder milliardenschwere Geldgeber wie Ken Langone und Ken Griffin hört. Elon Musk und Navarro beleidigen sich derzeit gegenseitig in der Öffentlichkeit.
- Der US-Kongress schränkt Trumps Befugnisse in Sachen Zölle ein. Im Senat wird dazu an einer Vorlage gearbeitet, die von Chuck Grassley und sieben weiteren Republikanern unterstützt wird. Hinter einen ähnlichen Gesetzesentwurf im Repräsentantenhaus sollen sich angeblich zwölf Republikaner stellen. Um ein Veto von Trump zu überstimmen, braucht es eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern.
- Ein Gericht ordnet die temporäre Aufhebung der Zölle an. Der Fall könnte bis an den Obersten Gerichtshof gelangen. Aufmerksamkeit kommt diesbezüglich einem Unternehmen aus Florida zu, das die US-Regierung mit dem Argument verklagt, die Auflagen für Importe aus China seien nicht rechtmässig.
- Wenn es ganz düster wird, greift die US-Notenbank ein. Fed-Chef Jerome Powell hat letzte Woche einmal mehr bekräftigt, dass er keine Eile für Zinssenkungen sieht. Sollte es aber zu grösseren Problemen im Kreditsektor kommen, wird er kaum untätig bleiben und dürfte Massnahmen zur Stützung der Märkte ergreifen.
Gut möglich ist auch, dass sonst etwas passiert. Jede Krise ist anders. In turbulenten Zeiten ist es ratsam, sich an bestimmten Fixpunkten zu orientieren. Hilfreich dazu kann eine Analyse vergangener Erschütterungen sein.
Wendepunkte an den US-Börsen
Als Orientierungshilfe eignen sich die Bewertungen. Wir haben dazu die letzten zwei Bärenmärkte und drei bedeutende Korrekturen untersucht. Für eine grobe Einordnung hier zunächst der Kursverlauf des S&P 500 in den vergangenen zwanzig Jahren.
Die grösste Herausforderung hinsichtlich der Bewertungen besteht momentan darin, dass die Analystenprognosen möglicherweise weit daneben liegen. Sollte es bloss bei einer Korrektur an den Börsen bleiben, ist dieses Problem relativ gering, weil die Wirtschaft nur bedingt in Mitleidenschaft gezogen würde. Anders verhält es sich hingegen bei einem Abschwung. Gemäss Berechnungen des US-Investmentbank Goldman Sachs, basierend auf Daten seit Ende des Zweiten Weltkriegs, sinken die Unternehmensgewinne in einer Rezession im Mittel um 10%.
Mehr Informationen dazu gibt es in den kommenden Wochen, wenn die Abschlüsse zum ersten Quartal eintreffen. Analysten haben ihre Schätzungen in den vergangenen Tagen zwar etwas nach unten adjustiert. Der Konsens rechnet aber noch immer damit, dass die Konzerne im S&P 500 den Gewinn 2025 um mehr als 10% steigern werden.
Selbst bei einem milden Abschwung wird sich diese Schätzung rasch als unrealistisch erweisen. Hier die die Entwicklung des Gewinns pro Aktie für den S&P 500 in den letzten zwei Jahrzehnten.
Wenn sich eine Krise verschärft, warten die Börse nicht so lange, bis die Analysten ihre Prognosen angepasst haben. Aus diesem Grund stützen wir unsere Analyse auf die Unternehmensgewinne der letzten zwölf Monate; eine Art Kompromiss zwischen den aktuellen Analystenschätzungen und dem durchschnittlichen Rückgang der Resultate in einer Rezession gemäss den Daten von Goldman Sachs.
Basierend auf dieser Schätzung beträgt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für den S&P 500 derzeit etwas mehr als 24. Das ist zwar etwas weniger als der Durchschnitt der letzten zehn Jahre, liegt aber noch immer deutlich über dem Tiefpunkt der Pandemie (16,7) und anderer bedeutender Korrekturen. In der Finanzkrise fiel das KGV auf weniger als 14.
Blickt man etwas weiter zurück, können die Bewertungen auch wesentlich tiefer sinken. Anders gesagt, selbst bei einer grosszügigen Beurteilung sind US-Aktien nach dem jüngsten Rückgang bloss mehr oder weniger fair bewertet. Von Schnäppchenpreisen kann man nicht sprechen – vor allem, wenn die Zinsen auf erhöhtem Niveau verharren sollten.
Tech-Aktien im Epizentrum des Bebens
Besonders stark unter Druck geraten sind die Aktien der Technologiekonzerne. Der IT-Sektor des S&P 500 bewegt sich gegenwärtig mehr als 26% unter dem 52-Wochen-Hoch. Grössere Verluste haben nur Aktien aus dem Sektor zyklischer Konsum erlitten.
Für eine Einordnung der jüngsten Entwicklungen in einen historischen Kontext hier wiederum der Kursverlauf des Nasdaq 100 in den vergangenen zwanzig Jahren mit den letzten zwei Bärenmärkten und den drei bedeutenden Korrekturen.
Anhaltende Handelskonflikte würden die IT-Industrie hart treffen. Die Lieferketten für Chips, Hardware, Komponenten, Maschinen zur Halbleiterproduktion, Rohstoffe und andere Bestandteile elektronischer Geräte sind stark auf Asien konzentriert, speziell auf China. Umso gravierender wären die Konsequenzen, wenn die Trump-Regierung die Temperatur im Handelskrieg mit Peking nicht bald senkt.
«Die angekündigten Zölle haben zu erheblicher Instabilität im IT-Markt geführt», warnt der Unternehmensberater IDC. «Wenn die Massnahmen in Kraft bleiben und eine Eskalation von Vergeltungsaktionen auslösen, die zu einer weltweiten Rezession führen, wird sich das schnell auf die IT-Ausgaben auswirken und möglicherweise zur schlechtesten Marktentwicklung seit der grossen Finanzkrise von 2008/09 führen.»
Für Tech-Konzerne würde ein solches Szenario einen empfindlichen Gewinnrückgang bedeuten. Während der globalen Rezession brach das Ergebnis der IT-Unternehmen im S&P 500 um mehr als 30% ein. In den Segmenten Halbleiter und Tech-Hardware schrieben viele Konzerne rote Zahlen. Beim Konjunktureinbruch vom Frühjahr 2020 kam die Branche dank des Digitalisierungsschubs relativ glimpflich davon.
Angesichts der Unwägbarkeiten nehmen wir zur Evaluation der Bewertungen wiederum das Kurs-Gewinn-Verhältnis auf Basis der letzten zwölf Monate. Gegenwärtig handelt der Sektor zu einem Vielfachen von knapp 33. Trotz der jüngsten Verluste sind IT-Aktien demnach teurer als im zehnjährigen Mittel. Verglichen mit früheren Wendepunkten ist das Bewertungsniveau stolz.
Der Zeitpunkt, für eine offensive Strategie ist damit nicht optimal. Ein etwas differenzierteres Bild ergibt sich bei der Betrachtung von Einzelunternehmen. Unter den Branchenriesen hat Apple stark unter den Turbulenzen gelitten. Der Kurs gab gestern Dienstag weitere 5% nach. Seit dem Rekordhoch von Ende Dezember haben die Titel mehr als ein Drittel ihres Werts verloren.
Dennoch ist Apple nicht wirklich günstig. Weil sich die grossen Tech-Konzerne wegen des Wettlaufs im Bereich künstliche Intelligenz in einem Investitionszyklus befinden, wenden wir in ihrem Fall das Verhältnis von Unternehmenswert zu Ebitda als Bewertungsinstrument an. Für den iPhone-Hersteller beträgt das Vielfache derzeit mehr als 16, was über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre liegt. Etwas höher ist das Vielfache bei Microsoft, doch beim Softwarekonzern liegt es jetzt immerhin unter dem historischen Mittelwert.
Bereits ziemlich attraktiv bewertet sind Amazon und der Google-Mutterkonzern Alphabet. Bei Amazon hat das damit zu, dass der Onlineriese die Profitabilität in den letzten Jahren deutlich verbessert hat. Bei anhaltenden Handelskonflikten kann er die Margen zwar kaum auf dem gegenwärtigen Niveau halten. Doch dieses Risiko ist nach einem Kursverlust von 30% zumindest zu einem grossen Teil eingepreist. Die Aktien von Alphabet haben ebenfalls 30% verloren und sind im historischen Vergleich nicht teuer. Die felsenfeste Bilanz könnte sich bei einer ausgewachsenen Krise als Pluspunkt erweisen.
Bei der Analyse weiterer prominenter Tech-Konzerne zeigt sich, dass die Bewertungen in den meisten Fällen noch relativ hoch sind. Zu den Namen, die positiv auffallen, gehören die Chipschmiede TSMC und die Halbleiterzulieferer ASML und Applied Materials, bei denen sich die Kursverluste auf 40 bis 50% belaufen. Wir sind auch weiterhin zuversichtlich für Qualcomm, Micron Technology und Cisco Systems.
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- Die Aktien von Hardwareherstellern wie Apple sind in den vergangenen Tagen besonders unter Druck geraten. Trumps Zölle bedeuten für den iPhone-Hersteller gleich ein doppeltes Problem: Die Kosten für den Absatz im US-Heimmarkt steigen, während Konsumenten in China aus Nationalstolz heimische Marken von Konkurrenten wie Huawei, Xiaomi, Oppo und Vivo bevorzugen könnten. Das Tech-Magazin «Rest of World» befasst sich in diesem Hintergrundbericht mit Apples Herausforderungen in China.
- Google und Amazon haben es vorgemacht: Immer mehr Tech-Unternehmen investieren in massgeschneiderte Computerchips aus eigenem Design. Doch die Ergebnisse sind durchmischt, wie sich beispielsweise im Fall von Microsoft und Meta Platforms zeigt. Geht der Trend deshalb bald in die andere Richtung, was für Standardprozessoren von Herstellern wie Nvidia, Intel, Qualcomm oder AMD sprechen würde? Dieser Frage geht der Branchenkenner Jay Goldberg in seinem Blog «Digits to Dollars» nach.
- SpaceX hat Schwergewichte in der Raumfahrt wie Boeing, Lockheed und Northrop Grumman überholt. Das Start-up von Elon Musk war letztes Jahr für fast 90% aller US-Raketenabschüsse in die Erdumlaufbahn verantwortlich. Doch neue Konkurrenten wie Rocket Labs oder Blue Origin, das Start-up von Amazon-Gründer Jeff Bezos, wollen künftig ebenfalls mitmischen. Die «MIT Technology Review» berichtet in diesem Beitrag über den Stand im Rennen um den Weltraum.
Und zum Schluss noch dies: Drill, Baby, Drill
Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump sorgt mit drastischen Zöllen, mit einem Kahlschlag in der Bundesverwaltung und mit Ausschaffungen unter menschenunwürdigen Bedingungen für Kontroversen. Ein weiterer Bereich, der Potenzial für Konflikte birgt, ist der Abbau von Bodenressourcen.
Besonders brisant könnte letzteres Thema in Kalifornien werden. Der Golden State gehört zu den progressivsten US-Gliedstaaten, wenn es um den Schutz der Umwelt geht. Mitverantwortlich dafür ist die Havarie einer Bohrplattform Ende der Sechzigerjahre in der Gegend von Santa Barbara. Die Meeresküste wurde damals mit einem Teppich von mehr als 3 Mio. Fässern Öl verschmutzt.
Die Energieförderung in Kalifornien ist seit dieser Katastrophe strenger reguliert als in den meisten anderen Regionen des Landes. Ein weiterer Unfall mit einer leckgeschlagenen Pipeline führte 2015 dazu, dass die Offshore-Ölförderung vor der Küste Santa Barbaras vollständig eingestellt wurde. Doch das soll sich bald ändern. Eine kleine Firma aus Texas arbeitet daran, die Produktion hochzufahren.
Konkret geht es um drei Plattformen, die offiziell als Santa Ynez Unit bezeichnet werden. Sie gehörten ursprünglich Exxon Mobil. Der Energieriese hat sie nach einem happigen Abschreiber im Februar 2024 für knapp 650 Mio. $ an Sable Offshore verkauft. Gemäss der «Los Angeles Times» hat die wenig bekannte Firma aus Houston im Herbst mit ersten Reparaturarbeiten an einer Pipeline begonnen, die Öl von den Plattformen an die Küste transportiert.
In der lokalen Bevölkerung sorgt das für Emotionen. Das Projekt von Sable Offshore könnte zu einem Präzedenzfall werden, wenn es um die Förderung von Öl und Gas auf öffentlichem Land geht. Rund 45% der Fläche Kaliforniens gehören der Regierung in Washington. Unter der Devise «Drill, Baby, Drill» hat Trump angekündigt, die Auflagen für die Energiebranche zu lockern.
Finanzminister Scott Bessent hat letztes Jahr dafür plädiert, die Ölproduktion in den USA bis 2028 um 3 Mio. $ Fass pro Tag zu steigern. Wenige Tage nach Trumps Antritt im Januar ist Amerika erneut aus dem Pariser Klimaschutzabkommen ausgestiegen. Mit einer Notverordnung will die US-Regierung dafür sorgen, dass die Genehmigung neuer Förderprojekte beschleunigt wird.
Darauf setzt Sable Offshore. Die Santa-Ynez-Plattformen vor der Küste Santa Barbaras befinden sich in öffentlichen Gewässern. Die Firma hat die Reparatur deshalb ohne Erlaubnis von Kaliforniens Küstenschutzbehörde aufgenommen. Über Anweisungen, die Arbeiten umgehend einzustellen, setzt sie sich hinweg. Die Produktion soll im zweiten Quartal starten, wobei ein Fördervolumen von 28’000 Fass Öl pro Tag anvisiert wird.
Eine Auseinandersetzung um Befugnisse und Kompetenzen ist damit programmiert. Die Trump-Regierung, die ohnehin wenig Sympathie für Kalifornien und andere, von den Demokraten kontrollierte Bundesstaaten hat, dürfte die Gelegenheit nutzen und versuchen, aus einer weiteren Kontroverse politisches Kapital zu schlagen.