Der Öl- und Gasindustrie in den USA ist unter Präsident Donald Trump politische Unterstützung sicher. Was dies für die Schweizer Industrieunternehmen Sulzer und Burckhardt Compression bedeutet und ob sich ein Investment anbietet.
US-Präsident Donald Trump bekräftigte in seiner Antrittsrede: «Drill, baby, drill!» und betonte die enormen Öl- und Gasreserven der USA, die nun verstärkt genutzt werden sollen. Gleich am ersten Tag im Weissen Haus rief er per Dekret den nationalen Energie-Notstand aus, gefolgt von einer Direktive zur Deregulierung des Öl- und Gassektors, um Bohrungen und Pipelineprojekte zu beschleunigen.
Das ist Wasser auf die Mühlen zweier Schweizer Konzerne aus Winterthur: Sulzer und Burckhardt Compression. Beide sind führend in industriellen Maschinenbaulösungen – insbesondere für die Öl- und Gasindustrie, die Petrochemie und die Energieerzeugung.
«Sulzer wird profitieren – vor allem durch die Wartung und Modernisierung bestehender Anlagen», äussert sich Suzanne Thoma, CEO und Verwaltungsratspräsidentin, gegenüber The Market optimistisch. In den USA erwirtschafte das Unternehmen 80% seines Umsatzes mit lokaler Produktion und Serviceleistungen.
Die steigende Nachfrage nach Hochdruckkompressoren, insbesondere im Bereich Flüssigerdgas (LNG), spielt wiederum Burckhardt Compression in die Karten.
Während Sulzer an der Börse mit starkem Momentum glänzt, haben die Aktien von Burckhardt Compression seit Jahresbeginn nachgegeben. The Market geht der Frage nach, welches Unternehmen im Jahr 2025 und darüber hinaus das attraktivere Investment sein wird.
Beide Unternehmen wachsen – jedoch unterschiedlich
Beide Unternehmen sind nicht nur in ähnlichen Endmärkten tätig, sondern auch weltweit mit Produktions- und Servicestandorten vertreten und somit auch nur begrenzt von der US-Zollthematik betroffen. Sie befinden sich derzeit in einer Wachstumsphase mit steigendem Umsatz – auch wenn Sulzer noch unter dem Rekordniveau von 2019 liegt.
Vor allem in den USA und in Indien verzeichnet Sulzer die stärkste Dynamik. Thoma erwartet für das Gesamtjahr 2025 ein Book-to-Bill Ratio von 1,1 – und damit auf Vorjahresniveau.
Burckhardt Compression hingegen wächst konstanter und erzielt seit 2015 eine durchschnittliche Umsatzsteigerung von 9,2 % pro Jahr.
«Unser Ziel für 2027 sind 1,2 Mrd. Fr. Umsatz, ein weiteres jährliches Wachstum von 5% pro Jahr», sagt CEO Fabrice Billard gegenüber The Market. Die steigende Energienachfrage erfordere eine grössere und sichere Infrastruktur, um die wachsende Weltbevölkerung zu versorgen.
Ein Unterschied: Während Sulzer als diversifiziertes Industrieunternehmen mit einem breiten Produktportfolio – darunter Pumpen und Trenntechnik – aufgestellt ist, konzentriert sich Burckhardt Compression auf Kolbenkompressoren.
Sulzer gliedert sich in drei Geschäftsbereiche:
- Flow Equipment produziert und wartet Industriepumpen für Wasser- und Abwasseranlagen, chemische Prozesse sowie die Energiebranche. Zudem bietet Sulzer Lösungen für die Öl- und Gasindustrie, insbesondere für Förderung, Verarbeitung und Transport von Flüssigkeiten.
- Services umfasst Wartung, Reparatur und Modernisierung von Pumpen, Turbinen, Kompressoren und Generatoren sowie digitale Services für vorausschauende Wartung und Effizienzsteigerung.
- Chemtech entwickelt Trenn-, Misch- und Reaktionstechnologien für die Chemie- und Pharmaindustrie und ist führend im Bereich der Biokunststoffherstellung. Weitere Kernbereiche sind das chemische Kunststoffrecycling sowie die Herstellung nachhaltiger Kraftstoffe.
Burckhardt Compression unterteilt sich in zwei Geschäftsbereiche:
- Die Systems Division entwickelt und produziert Kolbenkompressoren. Wichtige Märkte sind Transport und Lagerung von Gas (LNG, LPG), Petrochemie (Solarpanels), Wasserstoff, Ammoniak, Raffinerieprozesse und die industrielle Gasproduktion.
- Die Services Division bietet Wartung, Reparatur, Ersatzteile und Modernisierung von Kompressorsystemen – sowohl für eigene Produkte als auch für Fremdmarken. Ergänzend kommen digitale Überwachung und datenbasierte Wartungslösungen zur Leistungsoptimierung.
Wie beide Unternehmen von Trump profitieren
Für die Fondsmanager Marc Strub (Reichmuth & Co) und Patrik Jäger (IFS Independent Financial Service) treibt Trumps Öl- und Gasförderung die Nachfrage nach Pumpen- und Mischlösungen für Raffinerien und Petrochemie an. Besonders im US-Downstream-Sektor dürfte Sulzer von ihrer starken Marktstellung profitieren.
«Bei 70 $ pro Barrel WTI sind Schieferölbohrungen profitabel, doch Unternehmen priorisieren Rendite über Wachstum – die Aktivität stagniert. Bei 50 $ wären Neuinvestitionen unrentabel», argumentiert Norbert Rücker, Rohstoffstratege bei der Bank Julius Bär. Der zusätzliche Rückenwind für Sulzer könnte daher nur mittelfristig anhalten.
Für Arben Hasanaj, Analyst bei der Bank Vontobel, birgt Gas weniger Unsicherheiten als Öl, was ein Vorteil für Burckhardt Compression ist. Das Unternehmen deckt im boomenden LNG-Sektor die gesamte Wertschöpfungskette ab und profitiert vom globalen Handel.
«Wir sind führend bei LNG-Tankern, LNG-betriebenen Schiffen und Import-Terminals», sagt CEO Billard. Getrieben durch steigenden Energiebedarf und Versorgungssicherheit erwartet er weiteres Wachstum in diesem Segment, insbesondere durch neue LNG-Exportterminals in den USA.
Bis 2028 soll die globale LNG-Kapazität um 50% wachsen, die Nachfrage jährlich um 4 bis 5%.
Die Hauptschwächen der Unternehmen
Burckhardt Compression erzielt rund 44% seines Umsatzes in China – ein grosser Erfolg, aber auch ein Klumpenrisiko angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheit und potenzieller Handelsrestriktionen.
High-End-Hyperkompressoren für Fotovoltaikzellen fertigt Burckhardt Compression ausschliesslich in der Schweiz, in China und Indien produziert sie Kompressoren, die für den jeweiligen lokalen Markt als auch für den Export bestimmt sind.
«China bleibt ein Schlüsselmarkt für uns», sagt Billard. Gleichzeitig plant Burckhardt Compression, ihre Abhängigkeit zu verringern, das US-Geschäft aufzubauen und Produktionskapazitäten in Indien weiter auszubauen. Der Mittelfristplan 2023 bis 2027 sieht auch verstärktes Wachstum ausserhalb Chinas vor, etwa in Europa und den USA.
Bei Sulzer sorgte der Grossaktionär und russische Oligarch Viktor Vekselberg in der Vergangenheit für Unruhe und einen Abschlag bei den Aktien. Er hält weiterhin 48,82% der Titel und zwei Sitze im Verwaltungsrat.
Seit dem Amtsantritt von Suzanne Thoma als CEO (November 2022) ist der «Vekselberg-Malus» jedoch in den Hintergrund gerückt. «Unsere Aktionärsbasis wächst, besonders in den USA und Grossbritannien. Auch institutionelle Investoren zeigen verstärkt Interesse», so Thoma. Vekselberg habe keinen Einfluss auf die Unternehmensstrategie oder -führung.
Eine Einschränkung bleibt: «Aufgrund der Beteiligungsstruktur kann Sulzer kein Aktienrückkaufprogramm durchführen, und gesperrte Dividenden verzerren die Bilanz», erklärt Fondsmanager Patrik Jäger. Eine Lösung im Ukrainekonflikt könnte die Situation entspannen.
Welches Marktpotenzial beide Unternehmen haben
Unter Thoma setzt Sulzer auf Profitabilität: Striktere Kostenkontrolle, Value-based Pricing und Prozessoptimierung haben die Margen gestärkt und die Zeit der Überkapazitäten und Margenerosion beendet. «Wir sind in den letzten zwei Jahren über 20% gewachsen, ohne einen neuen Produktionsstandort zu eröffnen», sagt die Managerin.
Sulzer baut seine Wasser- und Abwassertechnologie aus und expandiert in erneuerbare Energien, Recycling und nachhaltige Chemikalien. Der Biokunststoffmarkt steckt noch in den Anfängen, doch das Interesse wächst – Sulzer ist bereits an drei Grossprojekten in Indien, den VAE und Thailand beteiligt. Auch in Carbon Capture, Sustainable Aviation Fuels und Kunststoffrecycling sieht das Unternehmen grosses Potenzial.
«Unser Markt liegt weltweit bei über 200 Mrd. Fr.», sagt die CEO. Bis 2028 will Sulzer schneller als der Markt expandieren und die Ebitda-Marge von derzeit 14,4 auf über 17% steigern. Konkurrenz kommt von Flowserve, Weir und ITT – wobei Weir mit 22,3% Ebitda-Marge deutlich profitabler ist, was Sulzers langfristiges Potenzial unterstreicht.
Burckhardt Compression profitiert von der wachsenden Wasserstoff- und Ammoniakwirtschaft, dank ihrem Know-how in Marine- und Hochdruckkompression. Es wird damit gerechnet, dass sich das Geschäft in den nächsten Jahren wieder beschleunigt. Auch die Solarmodulproduktion setzt für die Kunststoffverarbeitung auf Kompressoren von Burckhardt Compression.
Laut dem Unternehmen liegt das Marktvolumen für Kolbenkompressoren bei 4 bis 5 Mrd. Fr., langfristig seien 5 bis 10 Mrd. Fr. realistisch. Als Marktführer und einziger kotierter reiner Kolbenkompressorenhersteller konkurriert das Unternehmen mit Neuman & Esser (nicht kotiert), Dresser-Rand (Siemens Energy) und Nuovo Pignone (Baker Hughes).
Sowohl Sulzer als auch Burckhardt Compression haben solide Bilanzen: Die Nettoverschuldung im Verhältnis zum Ebitda und die Eigenkapitalquote liegen bei 1 respektive 26% für Sulzer und 0,4 respektive 28% für Burckhardt Compression, was Spielraum für strategische Akquisitionen lässt.
Burckhardt Compression plant im Rahmen seines Mittelfristplans bis 2027 gezielte Bolt-on-Akquisitionen für die Service-Division. Sulzer hingegen setzt klar auf organisches Wachstum.
Burckhardt Compression hat den grösseren Burggraben
Hasanaj sieht bei Burckhardt Compression einen grösseren Wettbewerbsvorteil als bei Sulzer. Das Unternehmen konzentriert sich ausschliesslich auf Kolbenkompressoren und bedient gezielt Anwendungen, in denen diese Technologie überlegen ist – etwa bei hohem Druck und hoher Gasreinheit. Das Unternehmen habe seine starke Position in Zukunftsmärkten wie Solarpanels, Wasserstoff und mit Ammoniak betriebenen Schiffen bewiesen. Bei Sulzer sieht der Analyst noch weniger Klarheit, erkennt aber Potenzial in Bioplastik und Kohlenstoffabscheidung.
In den letzten fünf Jahren hat Burckhardt die Forschungsausgaben um 150% auf 26,6 Mio. Fr. erhöht – mit Fokus auf Wasserstoffanwendungen, Marinekompressoren und digitale Services. Diese Investitionen zahlen sich aus: Die steigende Ebit-Marge unterstreicht den nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
Burckhardt Compression gehört zudem zur raren Gruppe der Service-Experten. Das Unternehmen erzielte dort im abgelaufenen Geschäftsjahr eine Ebit-Marge von 24,6%.
«Für die Service-Division haben wir unsere Ebit-Margen-Prognose für 2027 von 22 bis 25% auf 23 bis 26% erhöht. Diese Einschätzung bleibt bestehen», sagt Billard. Das Servicegeschäft wuchs trotz starkem Franken um 8,6% pro Jahr in den letzten fünf Jahren und dürfte mit der zunehmenden installierten Basis weiter expandieren.
Mit über 350 Patentfamilien und hohen technischen Eintrittsbarrieren, besonders im Servicegeschäft für Turbinen und Pumpen, sichert sich auch Sulzer einen Wettbewerbsvorteil. Das globale Netzwerk mit über 120 Servicezentren erschwert neuen Marktteilnehmern den Einstieg. «Sie müssten nicht nur massiv investieren, sondern auch mühsam ein Portfolio an Serviceverträgen aufbauen», erklärt Jäger.
Diese Stärke spiegelt sich in der steigenden Kapitalrendite (ROIC) – ein Zeichen für die effizientere Nutzung des investierten Kapitals. Früher war sie niedriger, da Sulzer zum einen geringere Gewinne erzielte und zum anderen der Reingewinn regelmässig durch ausserordentliche Aufwendungen belastet wurde, die im Ebit nicht sichtbar waren.
Im Vergleich zu Burckhardt Compression ist der Abstand jedoch weiterhin erheblich.
Sulzer als Wachstumswette, Burckhardt Compression als defensiver Play
Die Bewertung stellt für beide Unternehmen kein Hindernis für einen Kauf dar: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis der Konsensschätzungen für die nächsten zwölf Monate liegt bei Sulzer derzeit bei 17, und der Unternehmenswert (EV) entspricht dem gut Neunfachen des Ebitda – beides liegt nahe dem Zehnjahresdurchschnitt.
Bei Burckhardt Compression liegen die Werte jeweils unter dem historischen Mittelwert.
Fundamental spreche die Bewertung für Sulzer, sagt Strub von Reichmuth & CO. Der «Vekselberg-Discount» dürfte mit den aktuellen geopolitischen Entwicklungen mittelfristig weiter an Bedeutung verlieren.
The Market erwartet, dass Sulzer mittelfristig und Burckhardt Compression langfristig von Trumps Anreizen zur Öl- und Gasförderung profitieren werden. Beide dürften durch ein stärkeres Servicegeschäft ihre Margen weiter steigern und bieten attraktive Dividenden.
Während Sulzer unter Thoma mehr Wachstums- und Margendynamik zeigt, überzeugt Burckhardt Compression mit einem robusten Wettbewerbsvorteil, ist jedoch im Wachstum langfristig begrenzter. Fazit: Sulzer bietet mittelfristig mehr Kurspotenzial, während Burckhardt die stabilere, defensivere Wahl ist. Langfristig sind beide Aktien attraktiv.