Mittwoch, Januar 22

Er bezeichnet den Klimawandel als «grossen Schwindel». Nun beendet der vereidigte Präsident Donald Trump die Mitgliedschaft der USA im Pariser Klimaabkommen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

cov./(dpa) Während in Los Angeles einige Stadtteile noch immer in Brand stehen, tritt der neue US-Präsident Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen aus. Frisch vereidigt, unterschrieb er mehr als hundert Verordnungen. Viele sind umstritten, ganz besonders seine Absage an die Klimaziele.

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Mit dickem schwarzem Stift setzte Trump seine kantige Signatur unter ein Schreiben an die Vereinten Nationen. Er kündigt damit Gewichtiges an: Seine Regierung sieht sich nicht mehr dazu verpflichtet, im Rahmen des Pariser Vertrags klimaschädliche Gase zu reduzieren. Nach einjähriger Frist tritt der Ausstieg in Kraft.

Bereits in seiner ersten Amtszeit hatte Trump das Abkommen gekündigt. Die menschengemachte Erderwärmung ist wissenschaftlich bewiesen. Doch Trump bezeichnet sie als «grossen Schwindel». Was der Uno-Klimagipfel 2015 in Paris beschlossen hatte, sei eine «Katastrophe» und eine «Abzocke» der Vereinigten Staaten, so Trump.

Vor rund zehn Jahren hatten 197 Parteien einen völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet. Damit wollten sie die Erderwärmung auf klar weniger als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen – und möglichst auf nur 1,5 Grad. Mehrere Klimakonferenzen bestätigten dieses Ziel. Unwetter und Überschwemmungen treten in kürzeren Abständen auf, Hitzewellen, Dürren, Waldbrände sind heftiger geworden – wie zuletzt in Los Angeles.

Wie könnte sich der Ausstieg auf das Klima auswirken? Und wird es in anderen Staaten Nachahmer geben? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was bedeutet der angekündigte Ausstieg konkret?

Die USA werden keine Pläne mehr dafür vorlegen, wie sie den Ausstoss klimaschädlicher Gase reduzieren wollen. Auch finanziell ziehen sich die USA aus der Verantwortung: Das Pariser Klimaabkommen verpflichtet Industriestaaten wie die USA, verletzliche und ärmere Länder finanziell zu unterstützen – obwohl Staaten nicht gebüsst werden, wenn sie diese Beiträge nicht zahlen.

Mit dem Ausstieg entfällt dennoch der Druck, für Klimaschutz und für Schäden aufzukommen sowie kostspielig die eigene Wirtschaft anzupassen. Trump will damit 3 Milliarden Dollar sparen.

Die USA sind nach China der zweitgrösste Emittent von klimaschädlichen Gasen. Experten kritisieren deshalb Trumps Entscheid. Ohne die Vereinigten Staaten dürfte es schwieriger werden, die Klimaziele zu erreichen, obwohl sie schon seit längerem nicht als zuverlässiger Partner gelten.

Die USA sind allerdings föderalistisch organisiert. Die Gliedstaaten haben eigene Klimaziele. Trumps Beschluss ändert an diesen nichts.

Ist damit der internationale Klimaschutz gescheitert?

Die EU sowie China bleiben bis jetzt dem Abkommen treu. Mit dem Austritt der USA bietet sich China zudem die Chance, eine Führungsrolle zu übernehmen. Trumps Abkehr vom Klimaabkommen dürfte laut Experten die Energierevolution in den USA verlangsamen, aber nicht aufhalten. Selbst der republikanisch geprägte Gliedstaat Texas setzt massiv auf Solarenergie. Viele Unternehmen wollen aus freien Stücken ihre Klimabilanz verbessern, weil sie Schäden für ihr Geschäft befürchten.

Die Internationale Energieagentur erwartet, dass 2030 fast die Hälfte des Strombedarfs weltweit aus Erneuerbaren gedeckt wird. Schon jetzt hat der Ausbau die Erwartungen übertroffen.

Was geschah nach dem Austritt während Trumps erster Amtszeit?

Die USA waren bereits während Trumps erster Amtszeit (2017–2021) aus dem Abkommen ausgetreten. Aufgrund der einjährigen Kündigungsfrist wurde der Austritt aber erst im November 2020 wirksam. Da war schon klar, dass sein Nachfolger, der Demokrat Joe Biden, die USA wieder in das Abkommen zurückführen würde.

Wie gross könnte Trumps Effekt auf die Erderwärmung sein?

Es gibt eine erste Analyse dazu, wie gross der Trump-Effekt in Sachen Erderwärmung ausfallen könnte. Die Experten des Vergleichsportals Climate Action Tracker berechneten schon vor einigen Wochen, wie viel das Umsteuern der USA zur Erderwärmung beitragen könnte, und beziffern den möglichen Trump-Effekt auf 0,04 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts – allerdings unter der Voraussetzung, dass nur die USA den Kurs ändern und es keine Nachahmer geben wird.

Ihren Berechnungen legen die Experten etwa die Rückabwicklung der unter Joe Biden eingeführten sogenannten Inflation Reduction Act (IRA) zugrunde – eines enormen Investitionsprogramms mit Klimafokus. Die 0,04 Grad kämen zu den 2,7 Grad hinzu, auf die die Welt derzeit gemäss der Analyse zusteuert – selbst falls die Staaten alle vorgelegten Klimaschutzpläne einhalten sollten.

Allerdings: Auch unter Biden waren die USA nach Angaben der Internationalen Energieagentur der grösste Öl- und Gasproduzent der Welt.

Wird Trump Subventionen für klimafreundliche Branchen abschaffen?

Experten rechnen damit, dass die Inflation Reduction Act (IRA) auch unter Trump erhalten bleiben wird. Ab 2022 förderte die Biden-Regierung mit der IRA Investitionen in den Klimaschutz. Ein grosser Teil der geplanten 368 Milliarden Dollar fliessen dabei in republikanisch regierte Staaten und schaffen schätzungsweise mehr als 300 000 neue Arbeitsplätze. Darauf wird Trump nicht verzichten.

Wahrscheinlicher ist, dass Trump die amerikanische Umweltbehörde (Environment Protection Agency) abschaffen wird – und mit ihr alle Regeln etwa für Emissionsstandards.

Könnten andere Länder dem Beispiel der USA folgen?

Argentinien zog sich vorzeitig von der letzten Klimakonferenz zurück – während Präsident Javier Milei bei Trump in Florida weilte. Je mehr Gleichgesinnte Trump hinter sich scharen kann, desto stärker könnte sich der Austritt vom Montag auf die Klimaziele auswirken.

Wie könnte eine solche Koalition der Bremser aussehen?

Selbst wenn keine weiteren Länder das Pariser Klimaabkommen verlassen, verändert Trump den Diskurs. Dass er Windräder verbannen will, gibt auch in Deutschland Akteuren Aufwind, die die Windkraft ablehnen. Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz nannte Windräder kürzlich etwa hässlich und eine «Übergangstechnologie». Die AfD-Kandidatin Alice Weidel kündigte an, Windräder abzureissen, sollte sie Kanzlerin werden. Ausserdem hätten Ölstaaten wie Saudiarabien auf Klimakonferenzen freiere Bahn, den Prozess zu blockieren.

Welche Rolle spielt China?

Die grosse Frage ist: Kann China das wettmachen, was die USA in Zukunft verpassen? Je weniger die Vereinigten Staaten als zweitgrösste Verursacher von klimaschädlichen Gasen auf ihre Emissionen achten, desto mehr wird es der Spitzenreiter China tun müssen.

Experten sehen China aber auch als Treiber für die Energiewende. Als grosser Produzent von Solarmodulen, Windkraftanlagen und Elektroautos besitzt China einen grossen und lukrativen Markt.

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