Ob auch Kanada von dem Aufschub profitiert, ist noch unklar. Der Kriechgang der US-Börse setzt den amerikanischen Präsidenten offensichtlich unter Druck.
Die USA wechseln in ihrem Handelsstreit mit Mexiko und Kanada abermals abrupt die Richtung. Handelsminister Howard Lutnick kündigte am Donnerstag in einem Interview mit CNBC an, dass Importe, die den Regeln des trilateralen Freihandelsabkommens USMCA folgten, vermutlich bis Anfang April nicht mit Zöllen von 25 Prozent belegt würden.
Dieses Zugeständnis wäre signifikant und würde einen Grossteil des Handels in Nordamerika abdecken. Das über das USMCA abgewickelte Handelsvolumen betrug 2022, gemäss dem amerikanischen Handelsbeauftragten, 1,8 Billionen Dollar.
Ausnahmen werden zur Regel
Kurze Zeit später bestätigte der amerikanische Präsident Donald Trump ein entsprechendes Übereinkommen mit Mexiko. In einer Nachricht auf seiner eigenen Plattform Truth Social dankte er Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum für ihre «harte Arbeit und Kooperation» bei der Bekämpfung von illegaler Migration und Drogenhandel. Trump erwähnte allerdings noch keine Übereinkunft mit Kanada, sondern mokierte sich zum wiederholten Mal über dessen Premierminister Justin Trudeau.
Der Entscheid scheint sehr kurzfristig erfolgt zu sein; die Zölle waren erst am Dienstag in Kraft getreten. Am Mittwoch hatten die USA bereits der Automobilbranche einen einmonatigen Zollaufschub auf ihre Importe gewährt, nachdem Industrievertreter vor schweren ökonomischen Folgen für die amerikanische Wirtschaft gewarnt hatten. Lutnick hatte da bereits in Aussicht gestellt, dass womöglich auch andere Branchen in den Genuss von Ausnahmeregelungen kommen könnten.
An den Finanzmärkten behielten viele Akteure die Hoffnung bei, dass die Zölle nach einigen Wochen oder Monaten wieder abgeschafft würden. Dass die Amerikaner ihre Zölle gegenüber Mexiko aber so schnell und praktisch vollständig wieder aufheben, konnte nicht erwartet werden.
Die Börse tut nicht, was Trump will
Trumps Rückzieher erstaunt, da ihm Kanada und Mexiko auf den ersten Blick nicht viel weiter entgegengekommen sind – über die längst bekannten Investitionen in den Grenzschutz und in die Drogenbekämpfung hinaus. Das dürfte andere Handelspartner, denen Trump mit Zöllen gedroht hat, zuversichtlich stimmen, etwa die EU: Hält sie im Handelsstreit mit Trump lange genug durch, besteht die Chance, dass der Amerikaner einknickt und sich mit einigen symbolischen Zugeständnissen zufriedengibt.
Es ist bekannt, dass Trump die Entwicklung des amerikanischen Aktienmarkts als wichtigen Massstab für seinen persönlichen Erfolg erachtet. Der US-Leitindex S&P 500 hat in den vergangenen Wochen jedoch deutlich an Boden verloren und sämtliche Gewinne abgegeben, die er seit Trumps Wahl im November erzielt hatte. Die Unsicherheit rund um seine aggressive Handelspolitik trug zur Baisse bei.
Der Aktienmarkt in den USA gab am Donnerstag trotz der Entspannung an der Zollfront weiter nach. Die Schwäche hatte indes auch andere Gründe: Enttäuschung über die Umsatzzahlen des Chipherstellers Marvell Technology wirkte sich etwa negativ auf die Bewertung anderer Technologietitel aus.
Arbeitsmarktbericht im Fokus
Ebenfalls am Donnerstagmorgen wurde bekannt, dass die USA im Januar ein rekordhohes Handelsbilanzdefizit von 131 Milliarden Dollar aufgewiesen haben – nach bereits hohen 98 Milliarden im Dezember 2024. Die Importeure wollten mit den zusätzlichen Einfuhren wohl den Zöllen zuvorkommen, die Trump angekündigt hatte.
Diese aussergewöhnlichen Bewegungen erschweren es Ökonomen derzeit, den Zustand der amerikanischen Wirtschaft genau zu erfassen. Manche Daten weisen auf eine wirtschaftliche Eintrübung und wachsende Unsicherheit unter den amerikanischen Konsumenten hin, allerdings handelt es sich dabei um sehr volatile Momentaufnahmen. Alle Augen werden nun auf die Arbeitsmarktzahlen vom Februar gerichtet sein, die am Freitag veröffentlicht werden.